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Strompreisbremse und ZufallsgewinneEin schwieriges Signal für die Erneuerbaren Energien

Windpark im Meer
Hohe Gewinne der Offshore-Windkraft sollen abgeschöpft werden. (Bild: pixabay, Public Domain)

An den Plänen für eine Strompreisbremse und Gewinnabschöpfung von Energieversorgern regt sich deutlich Kritik. Für die Erneuerbaren Energien wäre dies in ohnehin schwierigen Zeiten fatal. Ein neues Strommarktdesign erscheint wichtiger denn je.

21.10.2022 – Noch vor einer offiziellen Einigung für eine Strompreisbremse, die am 18. November vom Bundeskabinett abgesegnet werden soll, ist sowohl ein gemeinsames Konzeptpapier von Kanzleramt, Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium in Umlauf geraten, als auch ein 18-seitiges Papier des Wirtschaftsministeriums dazu. Darin beschreiben die Verantwortlichen ein Vorgehen, ähnlich wie den Vorschlägen der Gaspreiskommission zur Gaspreisbremse.

Stromverbraucher:innen sollen einen bestimmten Prozentsatz ihres geschätzten Vorjahresverbrauchs als vergünstigtes Basiskontingent zur Verfügung gestellt bekommen. Bei der Gaspreisbremse schlägt die eingesetzte Kommission für Privathaushalte 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs vor. Finanziert werden soll die Strompreisbremse durch die Abschöpfung von Gewinnen bestimmter Energieerzeuger.

Während die Entlastung der Verbraucher:innen grundsätzlich begrüßt wird, entzündet sich an der geplanten Abschöpfung von Gewinnen deutliche Kritik, vor allem aus der Erneuerbaren-Energien-Branche. Abzuschöpfende Technologien sollen, laut Konzeptpapier der Ministerien, Abfall-Kraftwerke, Atomkraftwerke, Grubengas-Kraftwerke, Braunkohlekraftwerke, Kraftwerke, die Öl verbrennen, und Erneuerbare Energien sein. Speichertechnologien, Steinkohlekraftwerke, Erdgas- und Biomethankraftwerke sollen nicht abgeschöpft werden.

Nach dem Merit-Order-Prinzip am Strommarkt bestimmt das letzte Kraftwerk, das am Markt zur Versorgung nötig ist, den Preis und dies sind aktuell meist Gaskraftwerke. Besonders günstig in der Produktion von Strom sind dagegen Solar- und Windkraft. Auch die Kohleverstromung und Atomkraft sind aktuell günstiger im Betrieb als Gaskraftwerke. Die Gewinne aller Betreiber, außer denen von Gaskraftkraftwerken, sind entsprechend hoch. Laut Konzept der Bundesregierung sollen, ausgehend von bestimmten Referenzkosten, 90 Prozent der zusätzlichen Erlöse am Markt abgeschöpft werden. Für Offshore-Windparks etwa werden Referenzkosten von 10 Cent pro Kilowattstunde und zusätzlich drei Cent Sicherheitsaufschlag angesetzt.

Hemmnisse für die Erneuerbaren

Zwar sorgen Windkrafträder und Solarmodule für die Betreiber:innen tatsächlich für ordentliche Gewinne, zugleich hat die Branche mit vielen Hemmnissen zu kämpfen. Noch immer verlaufen Genehmigungen sehr langsam. Die Bürokratie hemmt den Ausbau und es gibt zu wenige Flächen, die von Ländern und Kommunen bereitgestellt werden. Aktuell erschweren steigende Zinsen und Lieferengpässe die Situation zusätzlich, wie der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) mahnt. Ausschreibungen für neue Windkraftprojekte etwa waren zuletzt deutlich unterzeichnet.

BEE-Präsidentin Simone Peters sagt: „Dieser umfassende Markteingriff ist daher ein fatales Signal an die Branche und Investor:innen. Die Bundesregierung gefährdet dadurch die gerade jetzt dringend notwendigen Neuinvestitionen in die Sicherheit der deutschen Energieversorgung. Ohne den starken Ausbau der Erneuerbaren Energien wird es nicht gelingen, kommende Energiekrisen zu vermeiden.“     

Bereits jetzt würden auf Basis der erzielten Einnahmen den Ausbauzielen entsprechende Investitionen in neue Projekte getätigt oder die inflations- und krisenbedingt gestiegenen Kosten laufender Projekte gegenfinanziert. Eine umfassende Rückzahlung drohe nun, diese Projekte aufs Spiel zu setzen, so der BEE in einer Stellungnahme. Dass die Bundesregierung zudem überlegt Gewinnabschöpfungen rückwirkend bis zum 01.03.2022 einzuziehen, schätzt der BEE als verfassungswidrig ein. Ein rückwirkender Eingriff sei ein klarer Bruch mit dem Prinzip der Investitions- und Planungssicherheit. Angesichts der aktuellen Energiekrise könnte dies existenzbedrohliche Auswirkungen haben, so der BEE.

Reform des Strommarktes nötig

Der BEE mahnte bereits vor einem Jahr ein neues Strommarktdesign an, um fluktuierende Erneuerbare Energien besser zu integrieren. Das Netzentgelt sollte etwa an die Einspeisung Erneuerbarer Energien gekoppelt werden. Das bewirke einen marktpreissenkenden Effekt der Einspeisung Erneuerbarer Energien und könnte das Stromverhalten von Endkunden stärker auf die Erneuerbare Einspeisung ausrichten.

Auch ein am gestrigen Donnerstag veröffentlichtes Policy-Paper vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH), kritisiert das aktuelle Strommarkdesign, in dem zu oft auf fossile Kapazitäten zurückgegriffen wird. Es brauche eine grundsätzliche Reform und Weiterentwicklung des Strommarktes und der Reservemechanismen. Dann würden fossile Backup-Kapazitäten zunehmend überflüssig. Das führe auch zu einer größeren Unabhängigkeit von fossilen Gasimporten.

Stromnetz und Strommarkt müssen dem Policy Paper zufolge stärker zusammengedacht werden. Lastverschiebung und Speicher etwa könnten den Bedarf an fossilen Reservekapazitäten reduzieren. Für die Stromreserve dürften demnach nur rein erneuerbare Kapazitätsmechanismen eingesetzt werden. Um Erzeugungsspitzen erneuerbaren Stroms sinnvoll nutzen zu können, müssten auch Anwendungen und Speicher in anderen Sektoren einbezogen werden – wie etwa dem bidirektionalen Laden von E-Autos, bei dem die Batterien in den Autos, angeschlossen ans Stromsystem, bei Bedarf nicht nur laden, sondern mit der Rückführung von Energie zur Netzstabilität beitragen.

Die EU-Kommission hatte im Sommer angekündigt an einer strukturellen Reform des Strommarktdesigns zu arbeiten. Konkret müsse der Strom- vom Gaspreis entkoppelt werden, und die günstigeren Kosten beispielsweise der Erneuerbaren Energien müssten sich auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher übertragen, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. mg


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Kommentare

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Ralf Zauft 01.11.2022, 15:08:22

Das System ist modernstes staatliches Räubertum. Erst zieht dem Volk und vor allem der produzierenden Wirtschaft über das Merit Order Prinzip das Geld aus der Tasche, dass es zum Zusammenbruch kommt und dann holt sich der Staat das Geld zurück und spielt mit „Geschenken“ den großen Gönner. Also Nichts anderes alles eine staatlich gelenkte Umverteilung von Arbeit auf Schnorrer.

Und weiter: wer hat da noch Lust auf Investition im Bereich der erneuerbaren Energie? Aber wir haben ja noch 3Atomkraftwerke die uns versorgen!

Katastrophalerer kann Politik nicht sein!


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