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KohleausstiegsgesetzErdgaslobby hofiert, Radverkehr ausgebremst

Demosntranten mit einem roten Plakat vor einem fossilen Kraftwerk in Berlin. Auf dem Plakat steht "Klima-Alarm".
Symbolisch zogen Ende 2018 in Berlin Demonstranten eine rote Linie für Kohle, Öl und Erdgas. Doch mit dem vermeintlichen Kohleausstiegsgesetz haben die Fossilen Energieträger Bestand. (Bild: Leonhard Lenz / WikiCommons, Public Domain)

Die Maßnahmen zum Kohleausstiegsgesetz bieten noch mehr erschreckendes: Während der Autoverkehr durch den Bau neuer Straßen kräftig gefördert wird, geht der Radverkehr plötzlich leer aus. Die Erdgas-Branche wiederum erhält mehr Geld als gedacht.

06.07.2020 – Aller Protest konnte die Entscheidung am Ende nicht mehr abwenden. Seit letzten Freitag ist das Kohleausstiegsgesetz beschlossene Sache. Und mit ihr auch das Strukturstärkungsgesetz, das die versprochenen Milliardenhilfen für die Kohleregionen beinhaltet. Doch wie im Kohlegesetz, wurde auch hier Klimaschutz hintenangestellt. Erst kurz vor Verabschiedung änderte die Bundesregierung den ursprünglichen Entwurf des Strukturstärkungsgesetzes dahingehend, dass die explizite Förderung der Radinfrastruktur gestrichen wurde.

Der ursprüngliche Entwurf enthielt unter Punkt vier eine „Aufstockung der Förderprogramme im Bereich des Radverkehrs“. Planung und Durchführung von Modellvorhaben für den Radverkehr und Radschnellwege sollten demnach verstärkt und beschleunigt werden. Eigentlich schien dieser Entwurf beschlossene Sache, am 24.06. jedoch legten Union und SPD noch einmal Änderungen vor, die im finalen Gesetzestext Einzug hielten.

Darin wurde die Aufstockung der Förderprogramme zum Radverkehr gestrichen und ersetzt durch die Aufnahme des Programms „Unternehmen Revier“ – eine explizit wirtschaftsfördernde Maßnahme, um mehr Unternehmen in der Region anzusiedeln. Marion Tiemann Verkehrsexpertin von Greenpeace zeigte sich auf Twitter entsetzt: „Wenn man schon die Energiewende zerstört, dann gleich auch die Verkehrswende mit!“ Denn während der Ausbau der Radinfrastruktur abgewürgt wurde, enthält das Strukturstärkungsgesetz auch in der finalen Fassung fast 80 Straßenbau- und -ausbauprojekte für den Autoverkehr.

Die Erdgas-Lobby frohlockt

Noch einmal erhöht wurde indes der sogenannte Kohleersatzbonus. Als Teil des Kohleausstieggesetzes sieht dieser Millionenzuschüsse vor, mit dessen Hilfe Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung von Kohle auf andere Energieträger umgestellt werden. Zwar können entsprechende KWK-Anlagen von Kohle auch auf Abfall, Abwärme oder Biomasse umgestellt werden, wichtigster Energielieferant wird aber wohl Erdgas sein. Bereits im Januar frohlockte der Lobbyverband „Zukunft Erdgas“, die Boni gäben den Unternehmen "Anreiz, in emissionsarme, gasbetriebene KWK-Anlagen zu investieren".

Zu diesem Zeitpunkt war noch von einem Bonus von 180 Euro je Kilowatt Leistung die Rede. Im finalen Gesetz wurde der Bonus noch einmal auf bis zu 390 Euro je Kilowatt Leistung erhöht. Für Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe, ist die Handschrift der Erdgas-Lobby klar erkennbar: „Dieses Kohleausstiegsgesetz droht zum Erdgas-Einstiegsgesetz zu werden. Mit der Erhöhung des Kohleersatzbonus folgt die Bundesregierung den Wünschen der Erdgas-Branche, die genau dafür Lobbyarbeit gemacht hat.“

Noch im Juni hatte sich Unternehmen aus der Gas-Branche in einem gemeinsamen Brief für einen „deutlich attraktiveren Kohleersatzbonus“ ausgesprochen. Ihre Forderungen wurden offensichtlich erhört. In dem Schreiben verwiesen die Unternehmen ebenfalls darauf, dass es im Jahr 2019 durch den Umstieg von Kohle auf Gas 6 Millionen Tonnen CO2-Einsparungen gegeben habe. Zwar entsteht beim Verbrennen von Erdgas bis zu 25 Prozent weniger CO2 als bei der Kohleverstromung, doch unter Einbezug von Förderung und Transport ist Erdgas nicht klimafreundlicher.

Denn dabei wird oftmals Methan freigesetzt – ein Stoff, mit einem 20 bis 30 Mal stärkeren Treibhausgaseffekt wie CO2. Auch die zerstörerische Wirkung von Erdgas auf die Umwelt ist fatal. Eine Gas-Pipeline wie Nordstream 2 etwa verursacht empfindsame Störungen des Ökosystems Ostsee. Und das vor allem in den USA beliebte Fracking zerstört Landschaft und Trinkwasser. mf


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