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Klimaneutralität bis 2050Erdöl- und Autolobby gefährden Schweizer Klimastrategie

Schweizer Flagge in einer Berglandschaft
Bis 2050 will die Schweiz Klimaneutralität erreichen. (Foto: Photo by Janosch Diggelmann on Unsplash)

Die Schweiz hat eine ehrgeizige Klimastrategie beschlossen, der CO2-Ausstoß soll bis 2050 auf netto null sinken. Doch es formiert sich Widerstand: Vertreter der Erdöl- und Autolobby haben Zehntausende Unterschriften für ein Referendum gesammelt.

02.02.2021 – Beschlossen wurde das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bereits im Jahr 2019. In der vergangenen Woche legte der Schweizer Bundesrat eine dazu passende Klimastrategie vor, die das Klimaziel konkretisiert. Bei der Energieversorgung, dem Verkehrssektor und dem Gebäudebereich muss demnach ein Umdenken stattfinden – ein umfassender Wandel ist nötig. Alte Ölheizungen sollen durch moderne Wärmepumpen und Hackschnitzelanlagen ersetzt werden, Verbrenner durch Elektroautos und fossile Energieträger durch Wind- und Solarenergie sowie Wasserkraft.

Wie diese Ziele konkret umgesetzt werden ist jedoch nicht in der Klimastrategie der Schweiz verankert. An dieser Stelle greift das sogenannte CO2-Gesetz, das die Reduktion der CO2-Emissionen im Detail regelt und im September vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Mithilfe des Gesetzes sollen die Treibhausgasemissionen vermindert und ein Beitrag für die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad Celsius geleistet werden. Bis 2030 sollen die Maßnahmen den CO2-Ausstoß bereits halbieren.

110.000 Unterschriften gegen den Klimaschutz

Gerade erst verabschiedet ist das CO2-Gesetz jedoch schon wieder in Gefahr. Ein Bündnis aus der Erdöl- und Autolobby, unterstützt von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei SVP, hat in den letzten Wochen über 110.000 Unterschriften gegen das Gesetz gesammelt – und damit auch gegen den Klimaschutz in der Schweiz. Es widerspreche sämtlichen liberalen Traditionen der Schweiz, koste viel und bringe nichts, teilen die Initiatoren mit. Man sei sowieso schon klimapolitisch vorbildlich unterwegs – da führe das CO2-Gesetz nur zu mehr Bürokratie, Verboten, Vorschriften und neuen Steuern und Abgaben.

Mit 110.000 Unterschriften haben doppelt so viele Personen die Aktion unterstützt wie für ein Referendum nötig gewesen wäre. Jetzt hat die Bevölkerung in der Schweiz das letzte Wort und kann bei der Abstimmung das CO2-Gesetz stürzen. Und tatsächlich sind die kurzfristigen Auswirkungen für viele Menschen nicht sonderlich attraktiv: Fossile Treibstoffe, Gas- und Ölheizungen sowie Flugtickets werden durch Abgaben teurer. Auf der anderen Seite werden viele für den Klima- und Umweltschutz notwendigen Weichen gestellt, die sich jedoch erst in einigen Jahren und Jahrzehnten bezahlt machen.

Dem selbsternannten Wirtschaftskomitee „Nein zum CO2-Gesetz“ gehören neben dem Automobil Club der Schweiz auch der Dachverband der Brennstoffhändler Swissoil und andere Interessensvertreter der Erdöl- und Autolobby an. Und die Argumente des Bündnisses sind teilweise äußerst fragwürdig. So habe das Gesetz keinen „spürbaren Einfluss auf das Klima“ und bringe nichts, weil die Schweiz gerade einmal für ein Tausendstel des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sei. Wieso sollte man dann also etwas ändern?

Ärger droht dem CO2-Gesetz jedoch auch aus einer ganz anderen Richtung: Kleinere Gruppen des Klimastreiks haben ebenfalls Stimmen gegen das Gesetz gesammelt – jedoch weil es ihnen nicht weit genug geht. Sie fordern eine deutliche Verschärfung der Ziele und Maßnahmen.

„Ja zum neuen CO2-Gesetz“

„Ein klares Ja zum neuen CO2-Gesetz“ fordert dagegen die Klima-Allianz Schweiz. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung. Die Petition sei von den Wirtschaftsinteressen der Erdöl- und Autolobby getrieben und nicht in negativen Auswirkungen für den Mittelstand begründet. Als breite Allianz der Zivilgesellschaft werde man werde sich deshalb in der Referendumsabstimmung und darüber hinaus für die Ziele des Pariser Klimaabkommens einsetzen.

Ein möglicher Weg zur Klimaneutralität der Schweiz bis 2050 wurde bereits in den Energieperspektiven 2050+ skizziert, die Anfang Dezember vom Schweizer Energieministerium veröffentlicht wurden. Die verschiedenen Szenarien unterscheiden sich in ihren Annahmen und Pfaden, zeigen jedoch, dass eine klimaneutrale und sichere Energieversorgung in der Alpenrepublik gewährleistet werden kann. Die Kernenergie soll 2050 keine Option mehr sein.

Stattfinden wird das Referendum voraussichtlich am 13. Juni. Bis dahin haben die unterschiedlichen Lager ausreichend Zeit, um die Werbetrommel für ihre Ansichten zu rühren. Ob sich die Bevölkerung dann tatsächlich gegen das CO2-Gesetz und damit auch gegen die vom Schweizer Bundesrat verabschiedete Klimastrategie entscheidet, wird sich zeigen. Für den Klimaschutz wären das keine guten Nachrichten. jk


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Kommentare

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Andreas V. 02.02.2021, 21:08:49

Die gleichen dummen Sprüche wie sie aus der deutschen Anti-Energiewende-Lobby und der rechten und rechtsliberalen Richtung bekannt sein.

Schweizer, seid stark!!

Laßt Euch nicht durch dieses dumme Geschwätz von Eurem vernünftigen Weg abbringen.

Ihr dürft gerne Vorbild sein.


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