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Klimaziele 2030Grüne begrüßen EU-Klimapaket

Gebäude der EU-Kommission
Gestern legte die EU-Kommission ihr Klimapaket „Fit for 55“ vor. (Foto: Pixabay / Free License)

Die Grünen loben das Klimapaket der EU-Kommission „Fit for 55“ und fordern eine ambitionierte weitere Ausgestaltung und Umsetzung. Entscheidend sei auch die Frage des sozialen Ausgleichs, Klimaschutz und Gerechtigkeit müssten Hand in Hand gehen.

15.07.2021 – Die Europäische Kommission hat gestern ihr „Fit for 55“ Maßnahmenpaket vorgestellt, mit dem die Europäische Union ihr erhöhtes Klimaziel bis 2030 erreichen will.

„Die EU-Kommission macht mit dem Fit for 55 Paket den Green Deal konkret“, kommentierte Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament. „Der Wettbewerb um die besten Ideen ist nun eröffnet. „ Allerdings seien beim Emissionshandel, dem Ausstieg aus der Kohle oder dem Ausbau der Erneuerbaren Energien noch deutlich mehr Ehrgeiz nötig.

Als „eines der größten Vorhaben in der Geschichte der EU“ bezeichnete Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, das Klimapaket. Jetzt müsse es darum gehen, das Programm wirklich auf den Weg zu bringen und ambitioniert umzusetzen.

Weitgehender Ansatz

Das „Fit for 55“-Paket ist weitgehend und reicht von der Einführung eines eigenen Emissionshandels (ETS) für den Wärme- und Verkehrsbereich, der Einführung eines CO2-Grenzausgleichs, dem Verbrenner-Verbot ab 2035, der Verschärfung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie bis zu strengeren Vorgaben für die energetische Gebäudesanierung.

Ziel ist die Reduktion der CO2-Emissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent (gegenüber 1990) und Klimaneutralität bis 2050. Vorgesehen ist auch ein Innovationsfonds, ein Modernisierungsfonds sowie ein Sozialfonds, welche aus Einnahmen des Emissionshandels gespeist werden sollen.

Brantner und Bloss begrüßen grundsätzlich die geplante Schaffung eines Sozialfonds auf EU-Ebene, der soziale Härten aufgrund der höheren CO2-Bepreisung abfedern soll. Doch kritisierten sie bei einem Pressegespräch am Mittwoch, dass nur 20 Prozent der Einnahmen aus dem ETS für den Verkehrs- und Wärmebereich in diesen Sozialfonds fließen sollen – dies greife zu kurz.

Klimagerechter Wohlstand

Zudem seien vor allem die nationalen Regierungen gefordert, Regelungen über einen möglichst weitgehenden sozialen Ausgleich zu schaffen.  „Klimaschutz und Gerechtigkeit müssen Hand in Hand gehen, es geht um klimagerechten Wohlstand“, unterstrich Brantner.

Um soziale Verwerfungen zu vermeiden, warnen die Grünen zudem davor, Klimaschutz nur über den Preis zu regeln. Das „Fit for 55“-Paket der EU zeige, dass sowohl Ordnungsrecht als auch eine Lenkung über Preis nötig seien. „Das sollten wir auch bei uns in der Debatte in Deutschland berücksichtigen“, so Brantner.

Zum geplanten Verbrenner Ausstieg bis 2035 in dem EU-Klimapaket erklärte Cem Özdemir, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags: „Der angekündigte Ausstieg aus dem Verbrenner ist eine großartige Nachricht für das Klima, aber auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Automobilwirtschaft in Deutschland und Europa“. Nur wer auf emissionsfreie Technologien setze, werde in Zukunft Erfolg haben und da gehe Europa nun endlich voran.

Noch längst nicht in trockenen Tüchern

Allerdings ist das Klimapaket der EU noch längst nicht in trockenen Tüchern, wie Brantner und Bloss klarmachten. Sie rechnen mit einem mindestens zweijährigen weiteren Verabschiedungs- und Gesetzgebungsprozess. Beraten wird das Paket sowohl im Europaparlament als auch von den nationalen Regierungen und Parlamenten. Wichtig sei, dass ein möglichst kohärenter, integrierter Ansatz des Klima-Pakets im weiteren Verabschiedungsverfahren erhalten bliebe, so Brantner und Bloss.

Branchenverband: Energiewende-Ziele noch zu niedrig

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt, dass nun ein Paket auf dem Tisch liegt, welches die Ziele mit konkreten Maßnahmen unterfüttern soll. „Leider werden in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie keine verpflichtenden Ausbauziele auf Ebene der Mitgliedsstaaten vorgeschlagen, wodurch die immer noch zu niedrigen EU-Ziele abgesichert werden“, kommentierte BEE-Präsidentin Simone Peter. „Das Fit for 55-Paket wäre als Hebel für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien von zentraler Bedeutung. Mit 40 Prozent liegt der Anteil aber weiter unter dem notwendigen und machbaren Ziel von mindestens 45 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030.“ So laufe die EU Gefahr, den Klimaschutz und die überfällige Modernisierung der Wirtschaft zu vernachlässigen.

BEE: No carbon statt low carbon, Ausbau Erneuerbarer Energien potenzieren

Zudem bestünden an zahlreichen Stellen offene Flanken für die überlange Verwendung fossiler Energien. „Vermeintlich notwendige Brücken wie blauer Wasserstoff und daraus hergestellte synthetische Kraftstoffe zementieren durch zu lange Förderzeiträume ein überkommenes Energiesystem“, so Peter weiter. Aufgrund langfristiger Investitionszyklen und damit verbundener Pfadabhängigkeiten drohten damit nicht nur ökologische, sondern auch enorme ökonomische Risiken, „wenn durch weiter steigende CO2-Preise fossile Energien noch unwirtschaftlicher werden.“

Stattdessen brauche es Mechanismen, die die Transformation hin zu sauberen Technologien beschleunigen, sowie einen stärkeren Fokus auf den direkten Einsatz von Erneuerbaren Energien in den Sektoren Gebäude und Verkehr. Das sei in der Regel günstiger und schneller als die Umwandlung in Sekundär- oder Tertiärenergieträger.

Kooperation und fairer Wettbewerb

Positiv hervorzuheben seien dagegen die verbindlicheren Festlegungen zur europäischen Zusammenarbeit für länderübergreifende Projekte, findet die BEE-Chefin „Die Verpflichtung für Mitgliedsstaaten, in Grenzgebieten besser zusammenzuarbeiten und hierfür konkrete Ausbauziele festzulegen, ist zu begrüßen. Denn hier gibt es oft bereits Strukturen auf anderen Ebenen der Kooperation.“

Auch die Rahmenbedingungen für PPAs würden verbessert und der EU-Emissionshandel (ETS) reformiert. Die CO2-Bepreisung im Bereich Wärme und Verkehr über den ETS sei eine wichtige Bedingung für fairen Wettbewerb. Gleichzeitig seien für längere Zeit noch THG-Minderungsquoten, Effizienzvorgaben und gezielte Förderprogramme notwendig.

Ein großer Wurf für das Klima

Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, hält das Paket für einen großer Wurf – „da gibt es kein Zurück mehr“, glaubt der Klimaexperte. „Europa schafft einen zweiten Emissionshandel, nämlich für Transport und Gebäudewärme, zusätzlich zu dem für Strom und Industrie. Das hat fundamentale Bedeutung für unsere gesamte Wirtschaft: fast alle Bereiche werden nun von der CO2-Bepreisung erfasst.“

Dass die EU jetzt ein robustes System der CO2-Bepreisung geschaffen habe, sei zugleich auch die Voraussetzung dafür, dass sie mit den USA und China wirksam verhandeln könne, über mehr internationale Kooperation für die Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen, meint Edenhofer, „Nur mit entschlossenem Handeln können wir die Kosten und Risiken noch begrenzen, für eine sichere Zukunft für Alle.“ hcn / na


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