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EEG 2021Kein Rechtsfrieden bei der Scheibenpacht

Heizungsrohre in einem Betrieb
Industriebetriebe erzeugen häufig selbst Strom für ihre Produktion. In bestimmten Fällen müssen sie dafür keine EEG-Umlage zahlen. (Foto: Michal Jarmoluk auf Pixabay)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz enthält einige Regeln, die wenig im Rampenlicht stehen und dennoch enormes Konfliktpotential beinhalten. Ein solcher Fall ist die Scheibenpacht, die eigentlich längst abgeschafft wurde. Aber eben nicht ganz.

16.02.2021 – Das EEG bietet Unternehmen die Möglichkeit, Pachtverträge mit Kraftwerksbetreibern über einzelne Stromerzeugungskapazitäten zu schließen. Der aus diesen Pachtverträgen bezogene Strom gilt als Eigenversorgung und kann je nach konkretem Fall von der Zahlung der EEG-Umlage ganz oder teilweise befreit werden. 

Aus einer Lücke im EEG wurde ein Markt. Gedacht war die Befreiung für Unternehmen, die auf ihrem Firmengelände eigene kleine Kraftwerke unterhalten und damit ihre Produktion betreiben. Als aber mittels Scheibenpachtverträgen auch Supermärkte und Bürogebäude EEG-umlagefreien Strom bezogen, war die Regierung zum Handeln gezwungen.

Bereits 2015 meldete die Bundesnetzagentur Bedenken gegen dieses Geschäftsmodell an. Seit 2017 wurde der großzügigen Anwendung von Scheibenpachtverträgen ein Riegel vorgeschoben. Aber mit dem Verbot wurde auch eine erste großzügige Ausnahmeregelung beziehungsweise Amnestie beschlossen. Im EEG 2017 wurde den Unternehmen, die solche Verträge geschlossen hatten, der Rücken gestärkt in Form eines Leistungsverweigerungsrechts. Sie durften die Zahlung der EEG-Umlage für die Vergangenheit und Zukunft verweigern, wenn sie bei ihrem Übertragungsnetzbetreiber bis 31. Dezember 2017 alle relevanten Daten gemeldet hatten.

Schwarzen Schafen wird ein Recht auf einen Vergleich gewährt

Mit der jetzigen EEG-Reform hat die Bundesregierung im EEG 2021 sogar noch eine zweite Amnestie beschlossen. Weil die säumigen Unternehmen nach geltender Rechtslage hohe Beträge nachzahlen müssten, wollte der Gesetzgeber Rechtsfrieden herstellen, wie die Anwaltssozietät Gleiss Lutz formuliert. Die jetzige Regelung sieht vor, dass die Unternehmen für die streitigen Strommengen und die sich daraus ergebene Nachzahlung von EEG-Umlage das Recht eingeräumt bekommen, vom Übertragungsnetzbetreiber einen Vergleich über die Frage der EEG-Umlage-Last zu verlangen.

Hier erhofft der Gesetzgeber Kompromisse zwischen den Schuldnern der Umlage und den Übertragungsnetzbetreibern. Als Mindestvergleichsinhalt sollen die betroffenen Unternehmen einerseits für die streitbefangenen Strommengen bis zum 31. Dezember 2020 eine Zahlung der EEG-Umlage verweigern können, andererseits aber anerkennen, dass sie für die Strommengen ab dem 1. Januar 2021 aus den im Jahr 2017 gemeldeten Stromerzeugungsanlagen die volle EEG-Umlage zu zahlen haben.

Das heißt im Klartext: Alle Unternehmen und Kraftwerksbetreiber, die es in den letzten drei Jahren versäumt haben, die erforderlichen Daten korrekt an den Netzbetreiber zu melden, müssen für die Vergangenheit keine EEG-Umlage auf den Strom aus Scheibenpacht zahlen, wenn sie ab 1.1.2021 die Umlage nun wirklich zahlen.

Jetzt müssen die Unternehmen abwägen

Rechtssicherheit ist damit nicht geschaffen, denn der Anspruch auf einen Vergleich ist beihilferechtlich von der EU noch nicht geprüft worden, könnte also auch noch gekippt oder mit weiteren Vorgaben versehen werden.

Da Scheibenpacht auch mit dem EEG 2021 weiterhin unter Umständen eine Umlagefreiheit begründet, kommt es im Einzelfall auf den konkreten Vertrag und die Vertragsbeteiligten an. Eine sehr komplexe Situation, die wohl das eine oder andere Gericht beschäftigen wird. Die Unternehmen müssen nun abwägen, ob sie die Umlage ab sofort zahlen und sich so von den Forderung aus der Vergangenheit befreien oder ob sie sich auf einen Rechtsstreit einlassen, der ihnen bei positivem Ausgang die Befreiung weiterhin ermöglicht.

Die energiewirtschaftliche Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion Ingrid Nestle erklärt, warum die Scheibenpacht überhaupt ein Problem ist: „Weil der Blankocheck von den normalen Verbrauchern, den Privathaushalten und kleinen Unternehmen, bezahlt werden muss. Weil manche Unternehmen wissentlich seit Jahrzehnten ihre Rechnung nicht vollständig zahlen, wird die EEG-Umlage für alle anderen dadurch höher. Noch dazu kommt, dass die sogenannten industriellen Eigenverbrauchsanlagen zum größten Teil fossile Kraftwerke sind. Somit fördern wir als Verbraucher und Steuerzahler mit fünf Milliarden Euro pro Jahr das Verbrennen und Verheizen von Kohle und Gas.“ pf


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