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WeltklimakonferenzKlimaschutz-Strategien der EU auf der COP26

Blick in den Sitzungssaal des EU-Parlaments
Im Europäischen Parlament gibt es Diskrepanzen beim Thema Klimaschutz. (Foto: European Parliament / Flickr / CC BY 2.0)

Die EU kommt mit ehrgeizigen Zielen nach Glasgow: Im EU-Klimagesetz ist Klimaneutralität bis 2050 verpflichtend verankert. Als wichtige Instrumente gelten eine einheitliche CO2-Bepreisung, ein Ende fossiler Subventionen und faire Klimafinanzierung.

06.11.2021 – Die Europäische kommt mit dem 2030-Ziel von 55% Emissionsreduktion und dem Maßnahmenpaket Fit for 55 zur COP26. Im EU-Klimagesetz ist nun verpflichtend verankert, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Das Europäische Parlament hatte über seine Position am 21. Oktober abgestimmt. Die Grüne EU-Abgeordnete Jutta Paulus war im Umweltausschuss an der Resolution vom 21.10. beteiligt. Bei der Weltklimakonferenz in Glasgow liege die Hoffnung auch darin, dass andere große Emittenten folgen und neue Klimapläne präsentieren.

Eine Delegation des Europäischen Parlaments (EP) vertritt die Ziele in Glasgow. EP-Delegationsmitglied für die COP26 Peter Liese (CDU, EVP), Mitglied und Koordinator der EVP im EP-Umweltausschuss, und Jutta Paulus (Bündnis 90/Die Grünen, Grüne/EFA), Mitglied im EP-Umweltausschuss, informierten Pressevertreter am Donnerstag in einem Online-Gespräch über die Positionen des EP.

Mit den bisherigen Klimazielen der Vertragsstaaten würde das Paris-Ziel der Weltgemeinschaft, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, verfehlt. Wissenschaftler prognostizieren bereits eine Erhitzung von deutlich über 2,7 Grad. Die EU und andere Industriestaaten sind in der Pflicht und müssten zudem neue und verbindliche Zusagen für internationale Klimafinanzierung machen.

EU in der Pflicht

Ohne die EU gäbe es kein Pariser Klimaschutzabkommen, lobte Barack Obamas früherer Berater die EU-Abgeordneten auf der COP26, berichtet Peter Liese, die EU sei immer Antreiber gewesen. Das Fit for 55 Paket wäre nun die logische Fortsetzung dieser Bemühungen. Nun gehe es darum, den Rest der Welt ins Boot zu bekommen. Um den globalen Ausstieg aus der Kohleverstromung voranzutreiben, wolle Deutschland eine neue Energie-Partnerschaft mit Südafrika eingehen, verkündete die deutsche (Noch-) Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Weltklimakonferenz – dies sei ein wichtiges Pilotprojekt für viele afrikanische Länder. Wie genau die Strategie aussehen soll, blieb offen.

Weltweiter CO2-Preis gefordert

Angela Merkel hatte sich auf der Weltklimakonferenz auch für einen weltweiten CO2-Preis ausgesprochen. Mit staatlichen Aktivitäten allein werde man nicht vorankommen. Es gehe um eine „umfassende Transformation des Lebens und Wirtschaftens“, so die Bundeskanzlerin. Eine solche Bepreisung klimaschädlicher Emissionen müsse die Industrie in die Verantwortung bringen, die technologisch besten Wege zur Klimaneutralität zu forcieren. Ziel müssten dabei auch mehr globale Kooperationen beim Klimaschutz sein. Australien, großer Kohleexporteur, hat sich noch nicht auf ein Datum festgelegt, so die Kritik der EP.

Emissionshandel verhandeln

EU-Abgeordneter Liese ist auf der COP26 als Berichterstatter für den CO2-Emissionshandel unterwegs. Der Emissionshandel funktioniere hierzulande, so Liese, daher habe Deutschland seine Klimaziele 2020 erreicht – nicht nur wegen Corona. Den Vorstoß des neuen NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, den Kohleausstieg in Deutschland doch bis 2030 anzupeilen, begrüße er. Bei den zu erwartenden steigenden CO2-Preisen werde Kohle ohnehin unwirtschaftlich.

Ein europäischer Emissionshandel sollte auch auf die Sektoren Verkehr und Heizung angewendet werden. Es führe jedoch zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn ein EU-einheitlicher CO2-Preis nicht bindend wäre. Dazu müsste man den Rahmen schaffen, in dem jeder Bürger und jedes Unternehmen durch eigene Klimaschutzmaßnahmen und CO2-Reduktion profitiert.

Emissionen aus dem Schiffsverkehr neu bepreisen

In Glasgow wird auch der Schiffverkehr neu verhandelt. Der Schiffsverkehr müsste international mehr Verantwortung beim Klimaschutz übernehmen. Die EU wolle bei Drittstaaten für Akzeptanz werben mit dem Vorschlag, 50 Prozent der Strecken im Emissionshandel zu erfassen, 100 Prozent in Kooperation mit Drittstatten. Für die Schiffsemissionen sei ein globales Abkommen nötig, so Jutta Paulus. Ziel bis 2030 wären 30 Prozent mehr Effizienz pro transportierter Schiffsmeile.

Fossile Subventionen stoppen

In der EU-Resolution wird die Beendigung aller fossiler Subventionen bis spätestens 2025 angestrebt. Diese Subventionen konterkarierten jegliche Anstrengungen zum Klimaschutz, so Paulus. Oft höre sie das Argument, es seien einfach zu viele Menschen auf dem Planeten, um die Emissionen ernsthaft reduzieren zu können. Bemerkenswert sei jedoch, dass das reichste ein Prozent der Menschen weltweit für doppelt so viele Emissionen verantwortlich wäre wie die ärmsten 50 Prozent. Das Problem liege daher auch nicht in den Schwellenländern. Diese Klimaungerechtigkeit müsste korrigiert werden, etwa mit weltweit verbindlichen CO2-Steuern für den Schiffs- und Flugverkehr.

Klimakiller Methan nicht vergessen

In der Entschließung zur COP26 kritisieren die Europa-Abgeordneten, dass China nur von CO2-Neutralität bis 2060 spricht, nicht aber von Klimaneutralität, die auch andere Treibhausgase wie Methan einschließen müsste. Ziele bis 2060 reichten nicht aus, wie China sie vorgibt. Allein die massive Reisfeld-Bewirtschaftung in China mit enormen Methan-Emissionen falle stark ins Gewicht. Die Reisproduktion trägt mit rund zwei Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei.

Im Zuge des Global Methane Pledge sollen auch in der EU bis Ende des Jahrzehnts die Methan-Emissionen um 30 Prozent reduziert werden. Das betrifft vor allem auch die Landwirtschaft. Heißt das, den Viehbestand um ein Drittel zu reduzieren? 30 Prozent Reduktion bedeute nicht ein Drittel weniger Kühe, so Liese. Die EU setze auf technische Lösungen, wie etwa die Überfütterung zu stoppen. Weniger Fleischkonsum sei zwar empfehlenswert, aber nicht zielführend. Damit erreiche man nicht 30 Prozent Reduktion. Dabei zählten nicht nur die direkten Emissionen aus der EU-Landwirtschaft, sondern man müsse auch klimaschädliche Importe beziffern, so Paulus.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) sei dem Pariser Klimaziel verpflichtet – darauf werden wir achten, so Liese, dazu gehöre bspw. der Schutz von Mooren und die Anpflanzung neuer Wälder. Es gebe klaren Umstellungsbedarf und eine Notwendigkeit für hochwertige Agrarprodukte, die dann auch höhere Preise nach sich ziehen. Man wolle die Wertschätzung für Nahrungsmittel erhöhen, nicht nur Landwirte belasten, bei denen ein enormer Preisdruck herrsche. Der Schritt sollte in Richtung menschen- und umweltverträgliche Landwirtschaft gehen.  

Beim Thema Methan bestehe eine Aufgabe auch darin, Leckagen zu suchen und abzudichten – und zwar weltweit. Mit Ländern wie Russland werde das schwierig, am Ende werde vielleicht ein Zertifizierungssystem stehen.

Ungeklärte Fragen hinsichtlich der grünen Taxonomie

Ein Ziel der EU-Resolution besteht darin, dass „die grüne Taxonomie der EU Transparenz schaffen und für Klarheit sorgen sollte, damit Regierungen und Unternehmen Anreize für Investitionen schaffen können“. Doch wie steht das EU-Parlament zur Strategie der EU-Kommission, Gas und Atomenergie in der grünen Taxonomie als nachhaltig zu erklären?

Es fehle im EU-Parlament eine qualifizierte Mehrheit bei die Taxonomie-Frage, berichten die EU-Abgeordneten. Die Grünen positionieren sich dagegen, Gas und Atomenergie als nachhaltig einzustufen. Jutta Paulus hält es für irrsinnig, „Merkels Geschenk an Macron ist skandalös“, so Paulus. Damit werde die Taxonomie als Leuchtturmprojekt der Klimafinanzierung komplett entwertet. Der Finanzmarkt werde sich nach einem anderen Standard umsehen. „Das ist ein Armutszeugnis“, urteilt Paulus.

Doch im gesamten EU-Parlament bleibt die Atomkraft weiterhin salonfähig, einige EU-Länder haben den Bau neuer AKWs angekündigt. In Deutschland sei der Ausstieg beschlossene Sache, so Liese, auch die Betreiber wollen nicht mehr verschieben. Für Deutschland wäre das daher keine zielführende Debatte. Doch man werde es den anderen Ländern nicht verbieten können.

„Die Hochrisikotechnologie Atomkraft heißt Ausbeutung von Mensch und Natur, dauerhafte Risiken und horrende Folgekosten für die Nachwelt. Trotzdem will die Europäische Kommission Investitionen in Atomkraft als nachhaltig einstufen“, kritisierte in diesem Zusammenhang vor kurzem der Umweltverband BUND. „Auch fossiles Gas soll ein nachhaltiges Label erhalten. Das ist Greenwashing. Eine solche Taxonomie würde gänzlich wertlos, da sie schlechtere Standards setzt als die bestehenden unzureichenden Standards der Privatwirtschaft.“

Gas werde als Übergangstechnologie gehandelt, so Liese. Er spricht sich gegen die Gaspipeline NordStream2 aus. Weiter heißt es in der EU-Resolution, dass Dekarbonisierung bei der bestehenden Wasserstofferzeugung beschleunigt werden muss, indem die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff gesteigert wird. Grüner Wasserstoff könne aber nicht in Russland hergestellt werden, so Liese und sieht eher Optionen bspw. in Marokko.

Klimaschutz ist bezahlbar und der einzig vernünftige Weg

Bei den steigenden Energiepreisen sieht Paulus das soziale Problem – wie können die bedürftigen Bürger entlastet werden? Während die Kosten für Energie explodieren, plädieren die Grünen für mehr Investitionen in Energieeffizienz. Die billigste Energie ist die, die wir nicht benötigen, so die Grüne EU-Abgeordnete.

„Können wir uns Klimaschutz leisten, wenn alles teurer wird?“, gehört zu einer der immer noch diskutierten Fragen. Paulus hat klare Antworten. Die Lösung heißt Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine gesteigerte Energieeffizienz in allen Sektoren. Nur so werden wir immun gegen hohe Energiepreise. Manche EU-Politiker, so ihre Befürchtung, könnten die steigenden Energiepreise ins Feld führen, um notwendige Maßnahmen für das Fit-for-55 Paket zu blockieren. Obwohl klar wäre, dass Klimaschutzmaßnahmen nicht verantwortlich für die hohen Energiepreise sind. Einen sichtbaren Preiseffekt durch das Emissionshandelssystem ETS, so Liese, könne man frühestens ab 2027 bis 2030 erwarten.

Faire Klimafinanzierung

Eine weitere Zielsetzung auf der Weltklimakonferenz wäre eine Einigung der Staaten über die Umsetzungsregeln für Artikel 6. Darin geht es um die Anerkennung von Klimaschutzmaßnahmen in anderen Ländern – ohne dass diese doppelt gezählt werden. Denn der Artikel erlaubt es Ländern, gemeinsame Klimaschutzprojekte zu verfolgen, so dass sich beide Länder Emissionsminderungen auf ihre Klimaziele gutschreiben können. Mit diesen Gutschriften kann dann gehandelt werden. Problem dabei: Es kommt häufig zur Doppelanrechnung erzielter Emissionsminderungen.

Für die Zeit nach 2025 soll laut Pariser Klimaabkommen ein neues Ziel zur Klimafinanzierung festgelegt werden. Dieses Ziel sollte auf dem 100-Milliarden-Ziel aufbauen und sich zudem an den Bedarfen der ärmeren Länder orientieren. Blickt man auf die Klimafolgen, die vor allem Entwicklungsländer hart treffen, würde schon deutlich, so Paulus, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichten und über eine weitere Anhebung verhandelt werden müsste. na


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