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Europäische UnionKritik an neuem Entwurf für das Emissionshandelssystem

Flaggen vor einem Gebäude
Das Berlaymont-Gebäude, der Sitz der EU-Kommission in Brüssel. (Bild von almathias auf Pixabay)

Laut einem neuen Entwurf der EU-Kommission für den europäischen Emissionshandel, wird es deutlich weniger CO2-Zertifikate geben und Verkehr und Wohnen sollen einen CO2-Preis erhalten. Doch für sozial gerechten Klimaschutz bedarf es Nachbesserungen.

02.07.2021 – Mitte Juli will die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Erreichung des verschärften EU-Klimaziels von Minus 55 Prozent Treibhausgasen im Jahr 2030 gegenüber 1990 vorlegen. Als wichtigstes Klimaschutzinstrument der Europäischen Union gilt bislang das Emissionshandelssystem – Emissions Trading System, kurz ETS. Wie unter anderem die FAZ berichtet, gibt es bereits einen ersten Entwurf der EU-Kommission, wie das ETS in den kommenden Jahren ausgestaltet werden soll.

Demnach soll die Zahl der CO2-Zertifikate auf dem Markt, die zum Ausstoß von Kohlendioxid berechtigen, stärker sinken als zuvor. Bislang sinkt deren Zahl um 2,2 Prozent im Jahr. Daraus sollen 2,8 Prozent werden. Darüber hinaus will die EU-Kommission viele am Markt bestehende überschüssige Zertifikate stärker abbauen. Für eine gewisse Zeit in eine Marktstabilitätsreserve überstellt, sollen sie dann dauerhaft gelöscht werden.

Kein Mindestpreis

Bislang fehlen in dem Entwurf jedoch klare Emissionsminderungsziele, die durch das ETS erreicht werden sollen. Auch ein Mindestpreis für die CO2-Zertifikate fehlt. Laut dem Entwurf könnte der Preis pro Tonne CO2 bis 2030 auf 50 bis 85 Euro ansteigen. Das sei zu wenig, wie Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen, warnt. Ein marktgetriebener Kohleausstieg beginne in Europa erst bei einem Preis von 60 bis 65 Euro pro Tonne CO2.

Die Fraktion der Grünen im Europaparlament fordert vielmehr einen Mindestpreis von 50 Euro je Tonne Kohlendioxid ab 2023, der bis 2030 auf 150 Euro ansteigen soll. Damit könne ein EU-weiter Kohleausstieg bis 2030 vorangetrieben werden. Mitte Mai stieg der CO2-Preis im ETS bereits auf über 50 Euro. Die Coronakrise sorgte im letzten Jahr noch für einen Preisverfall. Doch dann nahm die Wirtschaft wieder Fahrt auf und vor allem die Anhebung des EU-Klimaziels im Dezember 2020 sorgte für immer weitere Spekulationen auf dem Markt, die den Preis in die Höhe trieben. Aktuell liegt er bei 56 Euro pro Tonne CO2.

Kostenlose Zertifikate bleiben

Weiterer Kritikpunkt der Grünen ist die fehlende Absage der EU-Kommission bezüglich kostenloser CO2-Zertifikate für die Industrie. Diese erhält zurzeit kostenlose Zertifikate, um sie international wettbewerbsfähig zu halten. Doch nun will die Kommission auch einen CO2-Grenzausgleich einführen, der zunächst Grundstoffe wie Stahl und Zement aus Drittstaaten ohne strenge Klimaziele beim Import in die EU verteuern soll.

„Die Industrie soll immer noch keinen CO2-Preis bezahlen, zugleich aber durch einen CO2-Grenzausgleich geschützt werden. Das ist absurd und bietet keinerlei Anreiz für Innovation und Investitionen in klimaneutrale Technologien“, meint Bloss, industriepolitischer Sprecher der Grünen. Zumindest soll die Ausgabe kostenloser Zertifikate zum Teil an Bedingungen für Emissionsminderungen geknüpft werden.

Zweiter Emissionshandel ohne Lenkungswirkung?

Derweil plant die EU-Kommission einen zweiten Emissionshandel für Verkehr und Gebäude einzuführen. Zumindest hierbei soll es keine kostenlosen Zertifikate geben. Auch soll es einen begleitenden Klimaschutz-Sozialfonds geben, mit dem klimagerechte Maßnahmen, wie etwa die Renovierung von Häusern einkommensschwacher Familien finanziert werden. Auch die Einnahmen aus dem klassischen ETS sollen vermehrt für Klimaschutz ausgegeben werden.

Doch detaillierte Vorschläge für einen sozialen Ausgleich fehlen noch. Um die Bürger nicht zu sehr zu belasten, soll der Emissionshandel für Verkehr und Gebäude erst 2026 und mit einem niedrigen Preis von voraussichtlich 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid starten. Bloss befürchtet eine fehlende Lenkungswirkung. Die Grünen im Europarlament fordern für die Sektoren Verkehr und Gebäude ein anderes Vorgehen.

CO2-Flottengrenzwerte oder die Energie-Effizienz-Richtlinie für Gebäude würden funktionieren – sie müssten nur verschärft werden. Der Think Tank Agora Verkehrswende etwa fordert die CO2-Grenzwerte für Autos bis 2030 auf den doppelten Wert im Vergleich zu 2021 anzuheben. Aktuell besteht ein Flottengrenzwert von 95 Gramm CO2 pro km. Auch ein vollständiger Ausstieg vom Verbrenner bis 2030 sollte in den Blick genommen werden.

Die Deutsche Umwelthilfe wiederum fordert eine absolute CO2-Obergrenze von 120 g/km im Realbetrieb für jedes neue Auto ab 2023 und darauffolgend eine jährliche Absenkung des Grenzwerts, bis zu einem vollständigen Zulassungsstopp für neue Autos mit Verbrenner im Jahr 2030. mf  


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