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Hambacher ForstNRW-Landesregierung zwingt Kerpen zur Berufung

Eine Frau im grauen Mantel, rotem Schal und Brill hinter einem Mikrofon.
NRWs Bauministerin Ina Scharrenbach zieht wiederholt die Wut von Klima- und Umweltschützern auf sich. Ihr Ministerium gab nun Weisung in Berufung zu gehen. (Bild: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons))

Eigentlich wollte die Stadt Kerpen das Urteil zur rechtswidrigen Räumung des Hambacher Forstes akzeptieren. Doch nun zwingt die NRW-Landesregierung die Stadt vor dem Oberverwaltungsgericht in Berufung zu gehen.

30.10.2021 – Noch am Dienstagabend votierte der Stadtrat in Kerpen mit knapper Mehrheit dafür, auf weitere Rechtsmittel im Fall der Räumung des Hambacher Forstes 2018 zu verzichten. Am 08. September hatte das Kölner Verwaltungsgericht geurteilt, dass die Räumung aus Brandschutzgründen nur vorgeschoben war. Geklagt hatte ein Mensch, der von der Räumung direkt betroffen war. Angeklagt war die Stadt Kerpen als ausführendes Organ der Räumung. Dabei hatte die Stadt sich zuerst geweigert eine Räumung durchzuführen.

Erst auf Anweisung, und damit Zwang einer übergeordneten Behörde, durch das NRW-Bauministerium wurde die Stadt Kerpen tätig. Das Gericht hatte in seiner Urteilsverkündung festgestellt, dass aus der Weisung des Ministeriums erkennbar hervorgehe, dass die Räumungsaktion letztlich der Entfernung der Braunkohlegegner aus dem Hambacher Forst gedient habe und nicht, wie vom Bauministerium vorgeschoben der Brandschutz als Grund galt.

Nachdem die Stadt Kerpen zuerst Berufung angekündigt hatte, zog sie diese nach dem Votum des Stadtrats zurück. Grüne, SPD, Linke und die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) votierten gegen weitere Rechtsmittel und hatten zusammen eine Mehrheit, auch weil sich die beiden FDP-Abgeordneten enthielten. CDU, AfD und das Bürger Bündnis Kerpen (BBK) hingegen stimmten für das Berufungsverfahren.

Unterstützer des Erhalts des Hambacher Forstes, wie die Initiative Buirer für Buir zeigten sich erfreut über das Votum, sprachen jedoch zugleich von einer „wilden Achterbahnfahrt“, bei der nicht klar sei, was als nächstes kommt. Aus Kerpen selbst war die Hoffnung zu hören, dass der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) das Ratsvotum „geräuschlos hinnehmen“, werde, wie die taz einen Abgeordneten der Grünen im Stadtrat zitiert.

Entgegen dem demokratischen Ratsbeschluss

Am Donnerstag dann folgte der Rückschlag. Das NRW-Bauministerium unter Führung von Bauministerin Ina Scharrenbach wies die Stadt Kerpen an in Berufung vor das Oberverwaltungsgericht Münster zu gehen. „Der Landrat des Rhein-Erft-Kreises als Aufsichtsbehörde ist vom Ministerium aufgefordert worden, der Kolpingstadt Kerpen die Weisung zu erteilen, dass die Kolpingstadt Kerpen den Antrag auf Berufung nicht zurücknimmt - entgegen dem Ratsbeschluss, den wir diese Woche Dienstag hatten“, sagte ein Sprecher der Stadt gegenüber der dpa.

Die Grünen im NRW-Landtag zeigten sich bestürzt. „Es ist ein ungeheuerlicher Vorgang, dass die Landesregierung den Beschluss des Rates der Stadt Kerpen nicht anerkennt“, so Wiebke Brems und Arndt Klocke von der Grünen-Fraktion. Die Initiative Buirer für Buir legte der Stadt Kerpen Nahe Rechtsmittel gegen die Verfügung einzulegen. Unter anderem, weil mögliche Entschädigungsansprüche direkt an das Land weiter gereicht werden können.

Das Oberverwaltungsgericht Münster äußerte indes Bedenken, ob eine solche Weisung überhaupt rechtens sei. „Das ist eine spannende rechtliche Frage“, so die Vorsitzende Richterin Gudrun Dahme, gegenüber der Rheinischen Post. Die Grünen Landtagsfraktion beantragte dazu für die nächste Plenarsitzung im NRW-Landtag eine Aktuelle Stunde. Dort müsse die Landesregierung zum einen den Widerspruch erklären, warum sie weder die Beiladung zum Verfahren beantragt noch Rechtsmittel einlegt und zugleich die Stadt Kerpen zur Berufung zwingt. Auch müsse die Landesregierung die rechtliche Begründung liefern, warum sie sich über den Ratsbeschluss der Stadt Kerpen hinwegsetze.

Die klagende Person* sagte auf Anfrage der energiezukunft: „Das nervigste für mich ist, dass wir gern Schadensersatz einklagen würden, was nach einem rechtskräftigem Urteil einfacher wäre. Allerdings läuft die Frist Ende des Jahres ab, also lange bevor vom OVG eine Entscheidung zu erwarten ist. Ich vermute ja, dass genau das der Grund für die Behörden ist, unbedingt Berufung einzulegen.“ mf

*Der Name ist der Redaktion bekannt.


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