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GeopolitikScholz und Habeck sorgen für vorläufigen Zertifizierungsstopp von Nord Stream 2

Ein Stück des Nord Stream-Rohrs wird in Kotka, Finnland, öffentlich ausgestellt.
Die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland wird vorläufig nicht in Betrieb gehen. (Bild: Von Vuo / CC BY-SA 4.0)

Die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und Russland geht vorläufig nicht in Betrieb. Der Grund ist Russlands Vorgehen in der Ukraine. Im Hinblick auf die geopolitische Lage Europas soll das Projekt nun neu bewertet werden.

23.02.2022 – Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stoppten am Dienstag vorläufig die Zertifizierung der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2. Vor dem Hintergrund der angespannten Lage in der Ukraine und der jüngsten Schritte Russlands bat Scholz das Bundeswirtschaftsministerium, die Versorgungssicherheit neu zu analysieren. Das größte fossile Projekt Europas darf somit vorläufig nicht in Betrieb genommen werden.

Völkerrechtsbruch Russlands sanktionieren

Hintergrund ist die angespannte Situation in der Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am vorangegangenen Montagabend die Unabhängigkeit der beiden Separatistenregionen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine anerkannt. Putin schickte zudem russische Soldaten in die Ukraine. Russland hatte nach westlichen Angaben bereits in den vergangenen Wochen etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen, wie die Tagesschau berichtet.

Scholz und Habeck verurteilten das Vorgehen Russlands scharf. Russland verstoße gegen das Völkerrecht sowie das Abkommen von Minsk. Letzteres sollte die Region in der Ostukraine nach Russlands letztem Einmarsch 2014 befrieden. Der Völkerrechtsbruch durch die Verletzung der Grenzen und Souveränität der Ukraine habe keinen Rückhalt in der internationalen Gemeinschaft, betonte Scholz.

Auch Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck verurteilte den russischen Völkerrechtsbruch. „Wir werden mit abgestimmten wirtschaftlichen Sanktionen reagieren und klare Antworten finden. Die Genehmigung für Nord Stream 2 haben wir heute vorerst gestoppt. Die geopolitische Lage macht eine Neubewertung von Nord Stream 2 zwingend erforderlich“, so Habeck. Kurz zuvor hatte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj das Aus der Pipeline gefordert. In der vergangenen Woche verkündete US-Präsident Joe Biden bereits, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Ende der Pipeline bedeute.

Die Versorgungssicherheit neu bewerten

Nord Stream 2 wurde im September vergangenen Jahres fertiggestellt, ist jedoch noch nicht zertifiziert. Konflikte mit dem Energierecht der Europäischen Union hatten im November zu Verzögerungen bei der Zertifizierung geführt. Denn laut europäischer Energierichtlinie darf ein Gaslieferant, in diesem Fall der russische Energiekonzern Gazprom, nicht identisch sein mit dem Betreiber der Pipeline. Mitte 2021 lehnte das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Klage des Konzerns ab, von den aktuellen Vorschriften für den Gastransport befreit zu werden. Bereits 2019 hatte Nord Stream 2 unter Berufung auf den Energiecharta-Vertrag jedoch auch ein Verfahren vor einem geheimen Investitionsschiedsgericht angestrebt, dessen Urteil noch aussteht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte Ende letzten Jahres, dass das Bundeswirtschaftsministerium das Verfahren trotz fehlender Rechtsgrundlage aktiv weiterverfolge. Die letzte Regierung hatte das Genehmigungsverfahren noch mit der Vorlage eines aktuellen und positiven Versorgungssicherheitsberichts vorangetrieben. Genau diesen Bericht zieht Habecks Ministerium nun bei der Bundesnetzagentur, die für die Zertifizierung zuständig ist, zurück. Ohne einen aktuellen Bericht zur Versorgungssicherheit wird das Verfahren zur Inbetriebnahme der Ostseepipeline ausgesetzt und muss neu aufgerollt werden.

Die Pipeline ist hochumstritten. Nord Stream 2 verläuft über etwa 1200 Kilometer durch die Ostsee und ermöglicht Direktlieferungen von russischem Gas nach Deutschland. Bisher mussten Gaslieferungen durch Transitländer wie Polen oder die Ukraine nach Deutschland transportiert werden. Die osteuropäischen Länder kritisierten, dass Russland durch die Pipeline weiter gestärkt, und Europa abhängiger würde. Auch die USA stellten sich gegen das Projekt, doch Deutschland hielt bis gestern an der Ostseepipeline fest. Umwelt- und Klimaschützer begrüßten das vorläufige Aus der Ostseepipeline. „Der Stopp von Nord Stream 2 ist für Europa und den Klimaschutz die richtige Entscheidung. Das gesamte Projekt muss nun auf den Prüfstand: Dazu gehört die Wirkung der Pipeline auf die Energiesicherheit Europas, aber auch auf die Klimaziele“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. jb


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