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AKW SaporischschjaStromraub, Kämpfe und die Angst vor einem Gau

AKW Saporischschja
Angriffe auf das AKW Saporischschja treiben Ängste vor einem nuklearen Gau (Bild: DENAMAX / CC BY-SA 4.0)

Seit russische Truppen das größte AKW Europas besetzten, herrscht die Angst vor einem Gau. In den vergangenen Tagen flammten die Kämpfe im AKW Saporischschja erneut auf. Russland und Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, die Situation zu eskalieren.

24.08.2022 – Das Atomkraftwerk Saporischschja ist seit einigen Wochen erneut unter Beschuss. Beide Seiten beschuldigen sich, Angriffe auf das AKW-Gelände zu verüben. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) ruft zum Waffenstillstand um das noch immer in Betrieb befindliche Kernkraftwerk auf. Russische Truppen hatten das größte AKW Europas bereits im März, kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine eingenommen.

Kampfschauplatz Kernkraftwerk

Seit Anfang Juli werden wieder Explosionen auf dem AKW-Gelände Saporischschja gemeldet. Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, Angriffe auf das AKW-Gelände zu verüben. Zu den ersten Angriffen bekannte sich das ukrainische Militär. Man habe mit einem Drohnenangriff feindliche Technik sowie eine Zeltstadt treffen wollen, hieß es Ende des vergangenen Monats vom Militärgeheimdienst in Kiew, wie n-tv berichtet. Seither scheinen die Angriffe allerdings von Russland auszugehen.

Der UN-Sicherheitsrat wird sich in der kommenden Woche erneut mit der Lage in Saporischschja befassen. Als eines der fünf ständigen Mitglieder des Rats rief Russland erneut dessen Hilfe an. Grund seien anhaltender Beschuss und „Angriffe von ukrainischen Kräften auf die Anlage", wie der mdr im Liveblock berichtet.

Reaktorhüllen können Geschossen vermutlich standhalten

Die IAEA rief bereits mehrmals zu einem Waffenstillstand um das AKW auf, um die Sicherheit des nuklearen Betriebs nicht zu gefährden. Rafael Mariano Grossi, Generaldirektor der IAEA, forderte zudem erneut eine Inspektion des AKW vor Ort durch internationale Atomenergieexperten. In der vergangenen Woche stimmte der russische Präsident Vladimir Putin schließlich zu, Atomexperten Zutritt zu dem besetzten Kernkraftwerk zu gewähren. Ob bereits weitere Schritte für eine Inspektion unternommen wurden, ist nicht bekannt.

Die Reaktoren in Saporischschja wurden vor dem Krieg nach einer desaströsen Prüfung der AKW des Landes auf einen höheren Sicherheitsstandard gebracht. Internationalen Atomexperten zufolge ist es wahrscheinlich, dass die Schutzhüllen um die Reaktoren einzelne Geschosse aushalten. Ein größeres Problem wäre ein gezielter Großangriff oder die Abkopplung vom Stromnetz. In diesem Fall könnten die Reaktoren nur noch über Dieselgeneratoren gekühlt werden. Saporischschja verfügt über 20 Dieselgeneratoren, die mit einer entsprechenden Menge an Treibstoff laut offiziellen Angaben die Kühlung für rund zehn Tage gewährleisten soll. Als gesichert gilt dies jedoch nicht.

Strom stehlen

Verschiedene Medien berichten, dass Russland möglicherweise plant, Saporischschja wieder an das eigene Stromnetz anzuschließen. Die Ukraine war ursprünglich an das russische Verbundsnetz angeschlossen, hatte sich jedoch einige Tage vor dem Angriff Russlands zu Testzwecken abgekoppelt. Über mehrere Wochen operierte das ukrainische Stromnetz im Inselbetrieb. Nach einer Sicherheitsprüfung schloss Mitte März der europäische Verband für die Zusammenarbeit der Übertragungsnetzbetreiber für Strom Entso-e die Ukraine an das Europäische Stromnetz an. Seither sichert, beziehungsweise stabilisiert das europäische Netz die Stromversorgung der Ukraine.

Für die Vermutung spricht, dass russische Angriffe in den letzten Wochen drei der vier Hauptstromleitungen des AKW beschädigten. Zurzeit ist das AKW also nur noch über eine Verbindungsleitung an das ukrainische Netz angeschlossen. Ein solcher Anschluss an das russische Netz würde etwa drei Tage dauern. In dieser Zeit würden nur noch die Dieselgeneratoren Strom zur Kühlung der Reaktoren und Brennstäbe zur Verfügung stellen. Ukrainischen Quellen zufolge suchen russische Truppen zurzeit auch nach Brennstoff für eben solche Generatoren. Es wäre ebenjenes Szenario, vor dem internationale Atomexperten bereits seit Beginn des Kriegs warnen. jb

 


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