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Klimaschutz-Index„Zwiespältiges Bild der Europäischen Union“

Viele Flaggen der Europäischen Union an einem Gebäude.
Für den Klimaschutz müssen die europäischen Mitgliedsstaaten eine Einigung erzielen (Bild von David Mark auf Pixabay)

Der jährlich erscheinende Klimaschutz-Index zeigt Licht und Schatten in der Europäischen Union. Vorreitern wie Schweden und Dänemark stehen Staaten wie Ungarn und Polen gegenüber, mit wenig Ambitionen für Klimaschutz. Eine Zerreißprobe für die EU.

08.12.2020 – Jedes Jahr im Dezember präsentieren Germanwatch und das NewClimate Institute ihren Klimaschutz-Index, der die jährlichen Fortschritte oder Rückschritte der 57 emissionsstärksten Länder weltweit hinsichtlich ihrer Klimaschutzmaßnahmen misst. Diese Länder sind für insgesamt 90 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich, und damit entscheidend für die Begrenzung der globalen Erwärmung. Normalerweise werden die Ergebnisse im Rahmen der jährlich stattfindenden UN-Klimakonferenzen mitgeteilt, doch die geplante COP 26 in Glasgow fiel Corona-bedingt in diesem Jahr aus.

Ein kleiner UN-Klimagipfel wird zwar am kommenden Samstag stattfinden, doch viel entscheidender für den Klimaschutz wird der EU-Gipfel am 10. und 11. Dezember sein. Dort wollen die Mitgliedsstaaten der EU über das europäische Klimaziel für 2030 beraten. Die Entwicklung der Europäische Union wird von Germanwatch und dem NewClimate Institute durchaus positiv bewertet. Die EU als Ganzes liegt auf Platz 16 und damit sechs Plätze besser als im Jahr zuvor.

Die EU mit Vorschuss-Lorbeeren

Dies fußt jedoch fast ausschließlich auf ihren Ambitionen in der Klimapolitik. Jan Bruck von Germanwatch erklärt dazu: „In der Platzierung stecken also ein paar Vorschuss-Lorbeeren. Sollte die EU beim Klimaziel für 2030 oder bei der Umsetzung des Green Deal nun doch enttäuschen, wäre ein Absturz im kommenden Jahr sicher." In die Bewertung der Staaten fließen neben dem bereits Erreichten auch die Ambitionen hinsichtlich der Vermeidung von Treibhausgasemissionen, dem Zubau Erneuerbarer Energien, der Energieeffizienz und der Klimapolitik.

Und ein genauer Blick zeigt, wie weit die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beim Klimaschutz voneinander entfernt liegen. Die Autoren des Klimaschutz-Index sehen ein „Zwiespältiges Bild der Europäischen Union“. Das höchste Maß an Klimaschutz weltweit bescheinigt der Index Schweden. Erarbeitet hat sich das Land den Spitzenplatz durch sehr frühe Maßnahmen. Seit 1991 erhebt das Land etwa eine Steuer auf Kohlendioxid. Aktuell liegt der Preis für eine Tonne CO2 bei umgerechnet 116 Euro. Zum Vergleich: der Europäische Emissionshandel (ETS) liegt aktuell bei 23 Euro und Deutschland startet seinen CO2-Preis für Wärme und Verkehr ab Januar 2021 bei 25 Euro pro Tonne.

Doch selbst Schweden ist nicht auf dem Weg die Pariser Klimaziele zu erfüllen. Wie in den Vorjahren blieben die ersten drei Plätze des Klimaschutz-Index symbolisch unbesetzt. Nach Schweden auf Platz vier folgt mit Dänemark auf Platz sechs das zweite EU-Land. Im Vergleich zu 1990 will das Land seine CO2-Emissionen bis 2030 um 70 Prozent reduzieren und bis 2050 seine Öl- und Gasförderung in der Nordsee beenden. In der Europäischen Union setzen sich Schweden und Dänemark für eine CO2-Reduktion von 65 Prozent bis 2030 ein. Bislang ist ein 40-Prozent Ziel ausgegeben.

Die EU am Scheideweg

Das Europäische Parlament legte im Oktober einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Europäisches Klimagesetz vor. Dies beinhaltet unter anderem eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 um 60 Prozent gegenüber 1990. Auch ein CO2-Budget und ein Verbot von Subventionen für Fossile Brennstoffe sind vorgesehen, ebenso wie eine Reform des ETS. Der Entwurf des Europäischen Parlaments ist das gemeinsame Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen den Abgeordneten der EU-Staaten, die ein breites Spektrum politischer Strömungen repräsentieren.

Am 10. und 11. Dezember werden nun die EU-Mitgliedsstaaten über diesen Entwurf verhandeln. Während Schweden und Dänemark die Vorschläge voraussichtlich mittragen werden, lässt Deutschland bereits mitteilen, dass sie ein 55 Prozent Reduktionsziel für ausreichend empfinden. Noch schwieriger wird es einige andere EU-Staaten von höheren Klimaschutzmaßnahmen zu überzeugen. „Unser Klimaschutz-Index zeigt deutlich, dass die EU am Scheideweg steht", sagt Burck.

Auf den Plätzen 47 bis 51 des Indexes befinden sich die Europäischen Mitgliedsländer: Tschechien, Polen, Zypern, Ungarn und Slowenien. All diesen Staaten wird ein besonders schlechtes Zeugnis hinsichtlich ihrer Klimapolitik ausgestellt. Bereits im Oktober sorgten einige dieser Länder dafür, dass der Beschluss für ein neues EU-Klimaziel in den Dezember verschoben wurde.

Polen etwa behindert seit Jahren Klimaschutz-Ambitionen. Als einziges Land der EU hat es sich dem Ziel der Klimaneutralität 2050 noch nicht angeschlossen. Polens Energiewirtschaft ist noch immer zu 80 Prozent von der Kohle abhängig. Erst 2049 soll mit dem Abbau von Kohle Schluss sein, wann die Kohlekraftwerke schließen, ist unklar. Ungarn investiert zwar vermehrt in Solarenergie, Kernkraft, Kohle und Gas bestimmen aber noch immer die Energieversorgung. Und wie Polen versucht auch Ungarn in Europa vehement seine Agenda durchzusetzen und sieht durch höhere Klimaschutz-Ambitionen das eigene Land in Gefahr.

Dabei zeigte der November erst wieder, wie sehr Europa bereits von der Klimakrise betroffen ist. Das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus teilte gestern mit, dass der vergangene November der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen war. Von September bis November lagen die Temperaturen in Europa 1,9 Grad über dem langjährigen Mittel. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. mf


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