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EnergiespeicherRohstoffe aus Batterien klimaschonend aufbereiten

Akku in einem E-Roller
E-Roller, E-Bikes, E-Autos – alle brauchen Batterien. Die Rohstoffe dafür sind begrenzt und müssen in Zukunft besser recycelt werden. (Foto: Kumpan Electric on unsplash)

ZSW-Forscher haben einen Recyclingprozess entwickelt, durch den Aktivmaterialien aus gebrauchten Lithiumionen-Batterien wiederaufbereitet und direkt in neuen Batterien eingesetzt werden können. Das spart Energie und schont Ressourcen.

13.09.2022 – Die steigende Nachfrage nach großen Lithium-Ionen-Batterien für den Verkehrs- und Energiesektor führt zu einem rasant ansteigenden Bedarf an Rohstoffen. Einige davon werden von der EU als kritisch eingestuft, etwa Kobalt, Lithium und Naturgraphit. Die EU plant daher, Mindestmengen an Sekundärrohstoffen für Batterien vorzuschreiben. Ende 2020 waren in Deutschland insgesamt rund 175.000 Batteriespeicher – vornehmlich Lithium-Ionen-Systeme – mit einer kumulierten Kapazität von 1.950 MWh und einer Leistung von 1.400 Megawatt (MW) in der Datenbank der Bundesnetzagentur erfasst.

In den letzten zehn Jahren lag der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und industriellen Entwicklung bei Lithium-Ionen-Batterien auf einer Erhöhung der Energiedichte bei gleichzeitiger Senkung der Kosten. Mit zunehmendem Erfolg der Elektromobilität und der Massenproduktion von Batterien rückt die End-of-Life-Diskussion wieder stärker in den Vordergrund. Experten warnen, dass große Mengen an recycelten Metallen notwendig sein werden, um zukünftig überhaupt ausreichend Batterien für Elektrofahrzeuge bauen zu können.

Metall-Recycling rechnet sich immer mehr

Obwohl Lithiumionenbatterien keine Edelmetalle enthalten, sind die eingesetzten Materialien viel zu wertvoll, um nicht wiederverwertet zu werden: Es sind die großen Mengen an Metallen wie Kupfer, Nickel und Kobalt, Aluminium und Lithium, die das Batterierecycling schon aufgrund ihre Metallwerte wirtschaftlich und lukrativ machen. So enthalte bspw. eine Tonne nickelhaltiges Gestein aus einer Nickelmine nur rund 20 Kilogramm Nickel, berichtet das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Um eine Größenvorstellung zu bekommen: In einer Batterie, wie sie etwa für einen Mittelklassewagen gebraucht wird, sind bereits 60 Kilogramm Nickel enthalten. Bei einem Batteriegewicht von 500 Kilogramm entspräche das einer fünffachen Anreicherung dieses Metalls im Vergleich zur Mine. Bei Lithium sei dieser Faktor sogar noch viel höher: Sechs Kilogramm Lithium in einer Batterie ersparten beim erfolgreichen Recycling das Aufarbeiten mehrerer tausend Kubikmeter an lithiumhaltiger Salzlösung.

Bedarf an Batterien wird noch enorm steigen

„Der künftige Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge und zur kurzzeitigen Ökostromspeicherung wird enorm sein“, sagt auch Margret Wohlfahrt-Mehrens, kommissarische Leiterin der Batterieforschung am ZSW in Ulm. „Die Entwicklung eines Recyclingkonzepts, mit dem Rohstoffe in ausgedienten Batterien möglichst vollständig rückgewonnen werden, kann entscheidend zu einer nachhaltigen Rohstoffversorgung führen und den Material- und Energiebedarf für neue Zellen erheblich reduzieren.“

Arbeits- und Umweltbedingungen verbessern, Abhängigkeiten verringern

Als Kathodenmaterial werden derzeit Übergangsmetall-Schichtoxide eingesetzt, die mehr als 10 Prozent Kobalt enthalten. Kobalt werde in vielen Fällen unter teils fragwürdigen Arbeits- und Umweltbedingungen abgebaut. Etwa im Kongo, wo sich rund die Hälfte der weltweiten Vorräte befinden. Große Teile der Lithiumvorkommen, rund 75 Prozent, liegen in Südamerika. Diese Stoffe sowie Naturgrafit für die Anoden der Zellen werden in Deutschland als kritische Rohstoffe mit hohen Liefer- und Preisrisiken eingestuft, berichten die ZSW-Experten. Durch die Wiedergewinnung der Elektrodenmaterialien aus ausgedienten Batterien könnten Abhängigkeiten heimischer Zellhersteller von internationalen Rohstoffketten verringert werden.

Recyclingprozesse bislang zu energieaufwändig

Für das Recycling von Wertstoffen aus Lithiumbatterien gibt es unterschiedliche Prozesse und Anlagenkonzepte. Stand der Technik für großtechnische Verfahren ist das Einschmelzen kompletter Batterien oder Zellen mit nachfolgender aufwändiger Aufbereitung der Schmelz- und Schlackenprodukte. Recyclingunternehmen nutzen diese Verfahren kommerziell. Die Hochtemperaturprozesse führten jedoch durch die Schlackenbildung zu Verlusten an Wertmetallen wie Kobalt, Nickel und Kupfer. Ebenso würden Komponenten wie Lithium, Mangan oder Aluminium nicht zurückgewonnen, so die ZSW-Forschenden. Auch eine Reihe alternativer Verfahren, die über mehrere Hochtemperaturprozesse laufen oder mit hydrometallurgischen Prozessen gekoppelt sind, liefern nur eine relativ geringe Ausbeute an Wertstoffen.

Großes Recycling-Potenzial besser nutzen

Damit künftig bei der Rohstoffversorgung keine Engpässe und Preisrisiken entstehen, prüfen daher die ZSW-Forschenden im Projekt RecycleMat, wie sich Batterieelektroden wiederaufarbeiten lassen, so dass Materialien möglichst vollständig rückgewonnen und direkt als Rohstoff für die Herstellung neuer Elektrodenmassen eingesetzt werden können. Ein flächendeckendes Recycling von Lithium-Ionen-Batterien, vor allem aus Elektroautos, könnte zukünftig nachhaltig die Versorgung mit kritischen Rohstoffen sicherstellen.

Im neu entwickelten Recyclingprozess können Aktivmaterialien aus gebrauchten Lithiumionenbatterien wiederaufbereitet und direkt in neuen Batterien eingesetzt werden – und das in relativ einfachen chemischen Prozessen, berichtet das ZSW. In dem ressourcenschonenden Verfahren werden die Aktivmaterialien von Kathode, dem Plus-Pol der Batterie, und Anode, dem Minus-Pol, aus gebrauchten oder defekten Batterieelektroden mechanisch getrennt, gereinigt und über eine Wärmebehandlung zu neuwertigen Pulvern aufbereitet.

„Das neue Recyclingverfahren ermöglicht es, ausrangierte Batterieelektroden mit einer Kathodenstruktur aus den heute gängigen Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden und einer Anode aus Graphit zu reaktivieren und dann direkt in neuen Zellen einzusetzen“, erläutert Marilena Mancini, wissenschaftliche Leiterin des Projekts. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren werden die Aktivmaterialien bei dem neuen Prozess als solche erhalten und nach Wiederherstellung der ursprünglichen Funktionalität direkt in neuen Batterien wiederverwendet. Dieser Ansatz vermeidet das heute übliche und energieintensive Auflösen und Wiedergewinnen der metallischen Komponenten beim gleichzeitigen Verlust des Grafits.“

Im Rahmen des Projekts mussten insbesondere für das Recycling des Grafits aus dem Minuspol der Batterie neue Ansätze und Verfahren entwickelt werden, da Grafit heute typischerweise nicht recycliert, sondern meistens einfach verbrannt wird, berichtet das ZSW. Die Lösung des Problems war eine komplexe Temperaturbehandlung, die sowohl die Oberfläche der Partikel von Verunreinigungen befreit als auch die kristalline Materialstruktur wiederherstellt. Das derart nachbehandelte Grafitpulver verfüge über 95 Prozent des spezifischen Energieinhalts des Ausgangsmaterials und könne direkt wieder in neuen Batterien verbaut werden. Die Forschenden haben aus solchem Recyclingmaterial bereits neue Batteriezellen hergestellt und elektrochemisch vermessen.

Die Materialien mit dem höchsten Wertanteil in der Batterie seien die Kathodenmassen im Pluspol der Batterie, da sie unter anderem teure Metalle wie Nickel, Mangan, Kobalt (NMC) und Lithium enthalten. Aktuelle Recyclingprozesse konzentrieren sich deshalb auf diese Kathodenmaterialien, indem diese im Verlauf des Prozesses komplett in Säure aufgelöst werden und dann Schritt für Schritt wieder in Batterierohstoffe umgewandelt werden. Diese Recyclingverfahren verbrauchen jedoch viel Energie und erforderten die Nähe zu einem Chemiestandort. Das ZSW-Verfahren für das Recycling von Kathodenmaterialien entspreche nun im Wesentlichen dem des Grafits und vermeide somit eben diese energieintensiven chemischen Schritte. Nach nur zwei relativ einfachen Prozessschritten könnten die Kathodenmaterialien direkt wieder in neuen Batterien eingesetzt werden und zeigen ebenfalls deutlich mehr als 90 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität.

Kreislaufwirtschaft stärken

„Das Recycling von Batterien ist nicht nur wünschenswert, sondern absolut notwendig. Der Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft erfordert einen umfassenden Ausbau der Kreislaufwirtschaft – gerade auch bei Batterien, die verschiedene kritische Rohstoffe enthalten“, sagt Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Ihr Ministerium finanziert das Projekt mit einer Summe von 870.000 Euro. „Mit hochwertigem Recycling helfen wir nicht nur der Umwelt, sondern verringern auch perspektivisch die Abhängigkeit von Rohstoffimporten“, so die Ministerin. Mit den gewonnenen Material- und Prozessdaten soll nun eine belastbare Grundlage für Re-Synthesen der Materialien geschaffen und entstehende Produkte direkt mit Industriepartnern evaluiert werden. na


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