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CO2-GrenzausgleichEmissionen einpreisen – egal wo sie entstehen

Containerschiff auf See
Unser Konsumverhalten verursacht Emissionen in anderen Ländern – mit dem europäischen CO2-Grenzausgleich werden diese Emissionen eingepreist. (Foto: VolliVolli auf Pixabay)

Die Europäische Union plant eine CO2-Abgabe auf Importe aus Nicht-EU-Staaten. Modellrechnungen des IfW Kiel bescheinigen diesem Alleingang nur geringe Effekte bei der Emissionsminderung. Dennoch gibt es gute Gründe dafür.

30.06.2021 – Die Europäische Union will Importe aus Nicht-EU-Staaten mit einer CO2-Abgabe belegen. Sie will damit verhindern, das treibhausgasintensive Industrien aus Europa in andere Regionen der Welt abwandern, in denen weniger starke Auflagen und Abgaben gelten. Diese Ausweichmanöver werden Carbon Leakage genannt. Dem Klima wird damit ein Bärendienst erwiesen – denn die Emissionen würden nicht vermieden, sondern nur verlagert.

Der europäische CO2-Grenzausgleich soll die unterschiedlichen Belastungen ausbalancieren. Alle in der EU verkauften Produkte würden mit dem in der EU geltenden Emissionspreis belegt – egal, ob das Produkt aus der EU oder dem Ausland stammt. Diskutiert wird solch eine CO2-Abgabe auf importierte Waren schon lange – 15 Jahre mittlerweile. Doch erst mit der Berufung von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin wurde das Thema auf die politische Agenda der EU gesetzt und soll nun in diesem Sommer Gestalt annehmen. Dabei sind verschiedene Modelle denkbar.

Nicht nur innerhalb Europas wird dieser Mechanismus heiß diskutiert, sondern auch weltweit – besonders in Ländern, deren Warenexporte in die EU sich dann erheblich verteuern würden. Wie immer gibt es sowohl gute Argumente dafür und dagegen.

Je mehr Länder mitmachen, umso größer die Reduktionen

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung hat nun untersucht, welche Emissionsminderungen erreicht werden können – je nachdem wie viele Länder oder Regionen sich an solch einem Ausgleichsmechanismus beteiligen würden.

Beauftragt wurde das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Die Forscher erweiterten ein bestehendes Modell, das den Außenhandel und die Warenströme von 141 Ländern umfasst und erstellten Simulationsrechnungen, die auch Kohldioxidströme abbilden. 

Die Effekte eines rein europäischen CO2-Grenzausgleichs seien marginal – so lesen sich die Ergebnisse der Studie. Lediglich um 2,5 Prozent würden die Emissionen weltweit sinken. Die ohne Ausgleichsmechanismus ins Ausland abwandernde Produktion würde demnach wieder innerhalb der EU stattfinden. Gelänge jedoch eine globale Allianz in Form eines Klimaclubs, an dem sich auch die größten Emittenten beteiligen, ließen sich die Treibhausgasemissionen um fast 40 Prozent senken – mit einem um 50 Dollar erhöhten CO2-Preis.

CO2-Grenzausgleich nicht auf die lange Bank schieben

Das klingt naheliegend und logisch – je weniger Ecken in der Welt es gibt, an denen mit veralteten klimaschädlichen Technologien preiswert produziert werden kann, desto größer sind die positiven Effekte für den Klimaschutz. Doch die falsche Schlussfolgerung wäre, den europäischen CO2-Grenzausgleich deshalb auf die lange Bank zu schieben.

So sieht es zumindest Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise von Germanwatch. Sie ist Mit-Autorin der Studie „Less confrontation, more cooperation“, die sich mit der Wahrnehmung des europäischen CO2-Grenzausgleichs im Ausland befasst.  Demnach hat bereits die Ankündigung des Ausgleichmechanismus in den betroffenen Ländern – beispielsweise China, Russland, Ukraine und Türkei – verstärkte Diskussion über höhere Klimaschutzbemühungen ausgelöst.

„Isoliert betrachtet machen die Klimaschutzmaßnahmen in der EU nur einen relativ kleinen Beitrag aus, da es weltweit bedeutendere Emittenten gibt. Aber es geht ja auch darum zu zeigen, wie eine klimaschonende Wirtschaft funktionieren kann, dass Klimaschutz und Wohlstand vereinbar sind. Es geht um die Entwicklung von Technologien, die dann global angewendet werden und Emissionen reduzieren können. Wir brauchen jetzt, in den 2020er Jahren, ein Instrument, um Carbon Leakage zu verhindern und der CO2-Grenzausgleich ist dafür die geeignete Maßnahme“, erklärt Gläser. Klimaschutz im Industriesektor komme jetzt global auf die Agenda, denn die exportorientierten Unternehmen in Ländern wie China, Russland, Ukraine, Indien oder der Türkei wüssten nun, dass es teuer wird, weiter auf Produktionstechnologien mit hohen Emissionen zu setzen.

Transformation der Industrie global in den Blick nehmen

Dennoch müsse der Blick auch in die andere Richtung gehen. Denn die Handelspartner der EU sehen in dem Instrument ein protektionistisches System zur Modernisierung der eigenen Industrie auf Kosten der weniger wohlhabenden Länder. Die EU und Mitgliedsstaaten wie Deutschland sollten sich deshalb weit intensiver bemühen, den Kohlenstoffgrenzausgleich kooperativ statt konfrontativ anzugehen. Entscheidend sei aber auch, die Einnahmen aus dem Grenzausgleich nicht ins EU-Budget fließen zu lassen, sondern für die grüne Transformation von Handelspartnerländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen einzusetzen. Die EU und Deutschland sollten betroffenen Ländern nun Klimapartnerschaften anbieten, um die Herausforderung der Dekarbonisierung gemeinsam anzugehen. pf


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