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VersorgungssicherheitEs braucht keine neuen Erdgasprojekte

Nachtbild eines Gaskraftwerks.
Noch mehr Gasprojekte, wie hier das Kraftwerk in Hamm, sind laut Analyse von Artelys nicht mehr nötig, um künftig Versorgungssicherheit zu gewährleisten. (Foto: Dirk Vorderstraße/WikiCommons, CC BY 2.0)   

Auch dank Deutschland werden Erdgasprojekte in der EU weiterhin gefördert. Doch für Versorgungssicherheit braucht es die Projekte nicht, wie eine neue Analyse zeigt. Es wird allein an Klimaschutz und Energiewende vorbei investiert.

21.01.2020 – Es könnte das erste Schlupfloch der Europäischen Investitionsbank (EIB) werden. Mitte November hatte die EIB bekannt gegeben den Umbau zur Klimabank voranzutreiben und den Ausstieg aus der Finanzierung von fossilen Projekten beschlossen – doch erst ab Ende 2021. Dies hatte unter anderem das deutsche Wirtschaftsministerium durchgesetzt, die weitere Erdgasprojekte in Angriff nehmen will. Am morgigen Mittwoch soll das Europäische Parlament über eine Liste von Energieprojekten abstimmen, auf der auch 32 neue Erdgasinfrastrukturprojekten stehen, berichtet das Handelsblatt. Bei einer Mehrheit wären die Projekte bald beschlossene Sache. Für das Wirtschaftsministerium geht es bei den Projekten um Versorgungssicherheit in den nächsten Jahrzehnten. Erdgas leiste „als Übergangsenergieträger von fossilen zu erneuerbaren Energien einen wichtigen Beitrag“.

Dem widerspricht jedoch eine neue Analyse der Beraterfirma Artelys im Auftrag der European Climate Foundation. Demnach wird deutlich: Die EU braucht keine weitere Erdgasinfrastruktur, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Selbst ungewöhnlich hohe Verbräuche könnte die bestehende Erdgasinfrastruktur stemmen. Auch mögliche politische Spannungen und Lieferstopps aus Russland oder Algerien könnten durch andere bestehende Gasinfrastruktur und deren Importen aufgefangen werden. Eine weitere zentrale Erkenntnis der Analyse: ein Großteil der neuen Gasprojekte ist aus ökonomischer Sicht vollkommen überflüssig.

„Milliardengrab“ Erdgasprojekte

Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss warnt im Handelsblatt vor dem „Milliardengrab“ Erdgasprojekte. „Wer heute noch in fossile Gasprojekte investiert, investiert am Klima und am Energiemarkt der Zukunft vorbei“, so Bloss. Neue Gaspipelines etwa müssten 40 Jahre in Betrieb sein, um sich zu rentieren, warnt die Analyse von Artelys. 29 Milliarden Euro würden die 32 Gasprojekte auf der Liste kosten. Für Claude Turmes, Energieminister Luxemburgs, stellen diese Projekte eine Verschwendung europäischer Steuergelder dar. „Wir riskieren 29 Milliarden Euro verlorener Investitionen, während wir unser Energiesystem für die nächsten 40 Jahre von fossilem Gas abhängig machen“, sagt Turmes gegenüber euractiv.

Doch es gibt ein Problem für Bloss und andere EU-Parlamentarier, die sich für Erneuerbare Energien einsetzen. Die zur Abstimmung stehende Liste, beinhaltet neben den Gasprojekten auch viele regenerative Energieprojekte, deren Implementierung elementar für das Bestreben eines klimaneutralen Europas 2050 sind. Diese wollen die Befürworter einer schnellen Energiewende nicht gefährden. Sie fordern daher die Liste zu überarbeiten, auch weil diese noch aus der Zeit des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker stammt, also noch bevor der Green Deal der neuen EU-Kommission beschlossen wurde.

Gas bleibt in der EU ein strittiger Punkt

Gas bleibt – neben Atomkraft – jedoch ein strittiger Punkt. Das zeigten sowohl die schwierigen Verhandlungen innerhalb der Europäischen Investitionsbank als auch der Kompromiss zu grünen Regeln für die Finanzmärkte. Dabei handelt es sich um ein neues Regelwerk und Klassifizierungssystem der EU, um Anlegern zu helfen auf nachhaltige Geldanlagen umzusteuern. Bei Gas hänge die Einstufung demnach vom Einzelfall und der CO2-Bilanz ab. Die EIB könnte nach 2021 ebenfalls weiter Gasprojekte fördern, die einen sehr geringen CO2-Ausstoß haben. Damit sei laut EIB reines Erdgas ausgeschlossen. Stattdessen würden Projekte für Biogas oder andere mit Hilfe Erneuerbarer Energien hergestelltes Gas profitieren. Doch die entsprechenden Regelungen sind noch nicht klar genug formuliert. Die Gefahr einer weiteren Finanzierung fossiler Gasprojekte existiert weiterhin. mf


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