TOP-THEMA
Klimaklage





Halbjahreszahlen StromsektorGesunkener Stromverbrauch lässt Erneuerbaren-Anteil steigen

Wiese, Haus mit PV, im Hintergrund Windräder
Die erneuerbaren Energien deckten im ersten Halbjahr 2023 weit über die Hälfte des deutschen Strombedarfs. (Foto: Petra Franke / energiezukunft)

Stromverbrauch und Stromerzeugung in Deutschland waren im ersten Halbjahr 2023 niedriger als im Vorjahreszeitraum. Die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien blieb in etwa stabil. Die Erzeugung aus Braunkohle, Steinkohle und Kernenergie ging zurück.

11.07.2023 – Das Fraunhofer ISE hat die Erzeugungs- und Verbrauchszahlen im Strommarkt und die Preisentwicklung analysiert. Ein Trend setzt sich demnach fort: die Last im deutschen Stromnetz sinkt. Sie lag im ersten Halbjahr bei 234 Terawattstunden (TWh) – im Vorjahreszeitraum waren es noch 250 TWh.

Die Stromproduktion sank gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 von 252 TWh auf 225 TWh. Der Export von Elektrizität nach Frankreich ging zurück, nachdem die französischen Atomreaktoren wieder ans Netz gegangen sind. Der Export nach Österreich und in die Schweiz sank aufgrund der höheren Eigenerzeugung und des geringeren Verbrauchs der Länder. Im ersten Quartal 2023 wurde mehr Strom als üblich importiert, weil die Strompreise in den Nachbarländern günstig waren.

Erneuerbare schaffen knapp 58 Prozent der Nettostromerzeugung

Mit einem Anteil von 57,7 Prozent an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung – also dem Strommix, der aus der Steckdose kommt – lag die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien deutlich über dem Vorjahr (51,8 Prozent). Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag bei 55,5 Prozent. Solar- und Windenergieanlagen speisten gemeinsam 97 TWh in das öffentliche Netz ein, gegenüber 99 TWh im ersten Halbjahr 2022.

Die Stromproduktion aus Braunkohle (- 21 Prozent), Steinkohle (- 23 Prozent), Erdgas (-4 Prozent) und Kernenergie (- 57 Prozent) ging dagegen zurück.

Unterschiedliche Berechnungsmethoden: Brutto- und Nettostromverbrauch

BDEW und Fraunhofer ISE errechnen den Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch mit verschiedenen Methoden. Die von ZSW und BDEW veröffentlichten Zahlen sind Bruttozahlen. Sie enthalten auch die Eigenverluste der konventionellen Kraftwerke, die nicht in das Stromnetz eingespeist werden, sondern direkt wieder im Kraftwerk verbraucht werden. Außerdem ist der Pumpstromverbrauch beim Bruttostromverbrauch mit eingerechnet. Dieser Strom ist aber nicht verbraucht, sondern nur gespeichert. Hingegen betrachtet das Fraunhofer ISE Nettozahlen – verkaufte Strommengen von Kraftwerken. Das erklärt den Unterschied im Ergebnis: Fraunhofer ISE gibt einen Erneuerbaren Anteil von 57,7 Prozent an der Nettostromerzeugung an, ZSW und BDW einen Anteil von 52 Prozent am Bruttoinlandstromverbrauch.

Konstante Erzeugung aus Sonne und Wind

Die Windenergie war laut der Analyse des Fraunhofer ISE die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle. Windenergieanlagen produzierten in der ersten Jahreshälfte 2023 67 TWh und lagen damit leicht über dem ersten Halbjahr 2022 (ca. 68 TWh).  Jedoch war der Februar war ein schwacher Windmonat und hat damit das Gesamtergebnis gesenkt.

Photovoltaikanlagen speisten im ersten Halbjahr rund 30 TWh in das öffentliche Netz ein, eine leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 31 TWh, für den hauptsächlich der schwache März verantwortlich war. Die Solarstromanlagen hatten damit einen Anteil von 12,5 Prozent an der öffentlichen Nettostromerzeugung. Am 4. Mai stellten sie einen Rekord auf: erstmals speisten Solaranlagen in Deutschland mehr als 40 GW Leistung ins Netz. Mit etwa 15 TWh Solar- und Windstromerzeugung wurde im Juni ein neuer Monatsrekord für einen Junimonat aufgestellt.

Die Wasserkraft produzierte im ersten Halbjahr 9,3 TWh und lag damit über dem Vorjahr mit 8,2 TWh. Die Stromerzeugung aus Biomasse ist mit 21 TWh auf dem Niveau des Vorjahres.

In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im ersten Halbjahr 2023 ca. 130 TWh, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 131 TWh. Der Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung, d. h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag damit bei circa 57,7 Prozent und damit deutlich über dem ersten Halbjahr 2022 (51,8 Prozent).

Solar- und Windleistung wachsen ungleich

Der Zubau an Photovoltaik-Leistung liegt aktuell im Zielkorridor der deutschen Klimaschutzziele: Allein von Januar bis Mai wurden 5 GW zugebaut, damit würde das Ziel von 9 GW im Jahr 2023 erreicht werden. Der Windausbau liegt dagegen nicht auf Kurs: Bis Ende Mai wurden 1 GW Wind an Land installiert, womit das Ziel von 4 GW Zubau verfehlt würde. Der Zubau bei Wind offshore ist mit 0,23 GW auch noch gering.

Große Bewegung ist im Bereich der Batteriespeicher zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2023 kamen 1,7 GW Speicherleistung mit einer Speicherkapazität von 2,4 GWh hinzu, sodass nun 5,6 GW Leistung mit 8,3 GWh Kapazität in Deutschland installiert sind. Bis Jahresende wird diese Kapazität auf 10 bis 11 GWh steigen.

Strompreisentwicklung in den letzten sechs Monaten

Im ersten Halbjahr 2023 war eine Normalisierung der Energiepreise zu beobachten: der Erdgaspreis und der Börsenstrompreis sind wieder auf das Niveau vor dem Ukraine-Krieg gesunken, lagen aber noch über den Preisen von 2021. Die Auswirkungen des AKW-Ausstiegs mit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckar-Westheim2 im April 2023 sind gut verkraftet worden. Faktoren wie die zunehmende Produktion aus erneuerbaren Quellen, das Wetter und die gestiegene Produktion in den europäischen Nachbarländern wirken sich deutlich stärker auf den Strompreis aus als die Abschaltung der drei AKWs. Die fehlenden 30 TWh der abgeschalteten Reaktoren wurden durch geringeren Verbrauch, verringerte Exporte, gesteigerte Importe sowie den Zubau von Solar- und Windkapazität kompensiert.

Preise für Strom und Erdgas sinken

Der volumengewichtete durchschnittliche Strompreis in der Day-Ahead Auktion lag bei 100,54 Euro/MWh. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 mit 181,28 Euro/MWh. Der durchschnittliche Preis für Erdgas lag im ersten Halbjahr 2023 bei 45,29 Euro/MWh. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Preis bei 99,84 Euro/MWh. Der durchschnittliche CO₂-Zertifikatspreis pro Tonne CO₂ in Deutschland ist auf 86,96 Euro gestiegen und liegt damit über dem Wert von 2022 mit 83,01 Euro. pf
 

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen