Menü öffnen

StromversorgungIn Großbritannien ist der Abschied von der Kohle nahe

Im Hintergrund ist ein altes Kohlekraftwerk zu sehen. Im Vordergrund ein Hinweisschild auf das naheliegende Museum.
Schon bald werden nur noch Museen, wie das National Coalmining Museum for England, an die Kohle-Ära Großbritanniens erinnern. (Foto: Ian M / WikiCommons, CC BY-SA 2.0)   

Großbritannien vollzieht eine rasante Entwicklung: In nur wenigen Jahren sank der Anteil des Kohlestroms von 40 auf zwei Prozent im letzten Jahr. Zugleich setzen die Briten nach wie vor auf Gas und Atomkraft, was den Ökostrom-Ausbau verzögert.

09.01.2020 – 2017 gab es den ersten kohlefreien Tag in der Geschichte Großbritanniens seit Beginn der landesweiten Elektrizitätsversorgung 1882. Am Ende des Jahres waren es zwei, gefolgt von 21 Tagen im Jahr 2018. Und 2019 stellt schon wieder ein Rekordjahr dar. Einer Analyse des Expertenmagazins Carbon Brief zufolge kam Großbritannien im letzten Jahr ganze 83 Tage ohne Kohlestrom aus, davon 18 Tage am Stück.

Die 83 Tage machen fast ein Viertel des Jahres ohne Kohlestrom aus. (Grafik: BEIS energy trends, BM Reports and Carbon Brief analysis. Chart by Carbon Brief using Highcharts.)

Am Ende des Jahres kam die Kohle gerade mal auf einen Anteil von zwei Prozent an der gesamten Stromversorgung 2019. Zu ihrer Hochzeit 1990 waren es 75 Prozent. Selbst 2012 betrug der Kohlestromanteil noch knapp 40 Prozent. Gründe für den radikalen Sinkflug der Kohle waren: ein höherer CO2-Preis, günstigeres Gas, ein Anstieg Erneuerbarer Energien und vor allem die sinkende Nachfrage nach Strom. Neun Terrawattstunden (TWh) oder drei Prozent verbrauchten die Briten 2019 weniger als im Jahr zuvor. Der Verbrauch von Kohlestrom sank sogar um 10 TWh. Einen leichten Anstieg in der Stromerzeugung verzeichneten dagegen die regenerativen Energieträger Wind, Wasserkraft und Biomasse.

Von 57 TWh auf insgesamt 65 TWh erhöhte sich die Stromproduktion durch Windkraft im Laufe des Jahres. Einen weitaus geringeren Anstieg verzeichneten Wasserkraft und Biomasse mit ein bis zwei Terrawattstunden. Die Stromproduktion aus Solarenergie stagnierte 2019. Doch um weiter CO2-Emissionen im Stromsektor zu reduzieren, braucht es einen weitaus stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien. Denn Großbritannien will sukzessive alte Atomkraftwerke abschalten, deren Stromproduktion nicht durch Kohle und Gas ersetzt werden soll, um das eigene Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft 2050 zu erreichen.

Atomkraft und Gas verbleiben wichtige Faktoren im Stromnetz

Zwar sank die Produktion nuklearer Energie im vergangenen Jahr um neun TWh, doch noch immer liegt ihr Anteil bei 17,3 Prozent. Ein kompletter Ausstieg Großbritanniens aus der Atomenergie ist nicht in Sicht. Nach Ausfällen im letzten Jahr werden einige Atomkraftwerke 2020 wieder ans Netz gehen. Und mit Hinkley C wird 2026 sogar ein neues Atomkraftwerk seinen Betrieb aufnehmen. Wenig überraschend sorgte auch Großbritannien bei den Verhandlungen der Europäischen Union über die Definition grüner Investitionen dafür, dass bei der Atomkraft erst 2021 final entschieden wird, ob sie als grün einzustufen ist. Zwar schädigt Atomkraft nicht das Klima, doch die Folgen für die Umwelt können verheerend sein. Gleichzeitig kann Atomkraft fossile Energie nicht schnell genug ersetzen.

Auch der Gasanteil bei der Stromproduktion bereitet Sorge. Mit 132 TWh im vergangenen Jahr verzeichnete Gas sogar einen leichten Anstieg in der Produktion – ein gegenläufiger Trend zu den drei Jahren zuvor. Mit einem Anteil von 40,8 Prozent an der gesamten Stromproduktion verbleibt Gas wichtigster Energielieferant in Großbritannien. Dabei kündigten die Betreiber des landesweiten Verteilernetztes an, ab 2025 in der Lage zu sein, fossile Energie zumindest kurzfristig komplett aus dem Stromnetz zu verbannen. Hoffnung macht die Abkehr der britischen Regierung von der umwelt- und klimaschädlichen Fracking Methode in Folge mehrerer Erdbeben durch die Fördermethode in Großbritannien. Auch ein Plan für den weltgrößten Windpark vor der britischen Küste lässt positiv in die Zukunft blicken. mf


Mehr zum Thema


energiezukunft