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KreislaufwirtschaftReparieren statt wegwerfen

Alte Elektrogeräte: Mixer, Bügeleisen, Waffeleisen, Telefon, Kabel, Wasserkocher
Weil kleine und große Geräte und Maschinen oft nicht reparabel sind, werden sie weggeworfen, die Rohstoffe aber nur ungenügend recycelt. (Foto: PlanE)

Die EU-Kommission hat ihre Vorschläge für mehr Kreislaufwirtschaft, langlebigere Produkte, nachhaltige Baustoffe und weniger Greenwashing vorgelegt. Mit falschen Umweltaussagen und Wegwerfprodukten soll Schluss sein.

04.04.2022 – Hersteller sollen Produktinformationen zukünftig so bereitstellen, dass Verbraucher umweltgerechte Kaufentscheidungen treffen können. Dazu gehören auch Angaben, ob das Produkt repariert werden kann und wie lange es haltbar sein soll. Falsche und unglaubwürdige Umweltaussagen sollen Hersteller nicht mehr machen dürfen. Diese Ziele verfolgt die EU mit der Aktualisierung von Verbraucherschutzvorschriften, die sie in der letzten Woche vorgestellt hat.

Das Vorhaben gibt es schon länger. Mit der aktuellen Energiekrise und dem drohenden Rohstoffmangel gewinnt es an Brisanz. Der für Justiz zuständige Kommissar Didier Reynders erklärte: „Wenn wir nicht anfangen, nachhaltiger zu konsumieren, werden wir unsere europäischen Green-Deal-Ziele nicht erreichen – so einfach ist das. Die meisten Verbraucher sind zwar bereit, einen Beitrag zu leisten, aber wir sehen auch eine Zunahme von Greenwashing und geplanter Obsoleszenz.“ Mit letzterem ist die absichtsvolle Verkürzung der Produktlebensdauer gemeint. Die Politik ist also gefragt, um mit klar definierten Regeln die Hersteller und Händler zur Verhaltensänderung zu zwingen.

Umweltaussagen wie grün oder umweltfreundlich nur noch wenn nachweisbar

Verbraucher sollen beispielsweise darüber informiert werden, welche garantierte Haltbarkeit das jeweilige Produkt hat, ob und wie es repariert werden kann sowie welche Ersatzteile verfügbar sind. Bei intelligenten Geräten und digitalen Inhalten und Diensten muss der Verbraucher auch über vom Hersteller bereitgestellte Software-Updates informiert werden.

Unlautere Geschäftspraktiken bei Produktbeschreibungen soll es nicht mehr geben. Grüne Label nur noch dann zulässig sein, wenn sie unabhängig überwacht werden. Verkürzen Merkmale die Lebensdauer, dürfen sie nicht verschwiegen werden, beispielsweise bei einer Software, deren Funktionalität nach einem bestimmten Zeitraum eingeschränkt ist. Ebenso soll es keine allgemeinen vagen Umweltaussagen geben, wenn die versprochenen Eigenschaften nicht nachgewiesen werden können. Das sind beispielsweise Attribute wie umweltfreundlich, öko oder grün. Eine Aussage, die sich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts bezieht, darf nicht allgemein für das gesamte Produkt verwendet werden. 

Bis all diese Vorschriften in Recht und Gesetz gegossen sind, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen. Die Vorschläge der Kommission werden nun vom Rat und dem Europäischen Parlament erörtert. Nach ihrer Verabschiedung auf europäischer Ebene müssen sie in die nationalen Rechtvorschriften der Mitgliedstaaten überführt werden.

Unverkaufte Ware nicht zerstören – hier muss nachgebessert werden

Die Europaabgeordnete der Grünen und Vorsitzende des Binnenmarktausschusses Anna Cavazzini bezeichnete den Vorschlag der EU-Kommission als Meilenstein, denn er bedeute, dass fast alle Produkte auf dem Binnenmarkt bestimmten Mindestanforderungen an Nachhaltigkeit unterliegen. Gleichzeitig kündigte sie an, dass die Europafraktion der Grünen Nachschärfungen beim Verbot der Zerstörung unverkaufter Ware einfordern werden.

Die Defizite beim Recycling

Nahezu zeitgleich mit dem Gesetzesvorschlag auf europäischer Ebene hat Agora Energiewende ein Konzept für mehr Kreislaufwirtschaft bei energieintensiven Materialien vorgelegt. In der Analyse werden die Defizite der derzeitigen Kreislaufwirtschaft benannt:  Zu viel Stahl, Aluminium und Beton werden technisch als recycelt definiert, werden aber nicht in gleichem Umfang als Primärmaterial wiederverwendet. Politische Maßnahmen konzentrieren sich zu sehr auf die Quantität und nicht auf die Qualität des Recyclings. Insbesondere die Wertschöpfungsketten im Baugewerbe und in der Automobilindustrie erforderten eine wesentlich höhere Qualität des Recyclings. Zudem seien die Statistiken über das Kunststoffrecycling unvollständig und daher unzuverlässig. Schätzungsweise 50 Prozent aller Kunststoffabfälle werden am Ende ihrer Lebensdauer nicht erfasst. Deshalb seien auch die Recyclingquoten viel niedriger als angegeben. Für Materialeffizienz gebe es kaum Anreize: Neuschrott wird in der Regel als recyceltes Material definiert.

Eisen und Stahl, Aluminium, Zement und Kalk sowie Kunststoffe verursachen bei ihrer Produktion 70 Prozent der industriellen Emissionen und machen einen wachsenden Anteil des Energieverbrauchs und der Verwendung fossiler Brennstoffe in der EU aus. Der Fokus auf die Verringerung der Kohlenstoffintensität der Primärproduktion reiche nicht aus. Zum Erreichen der Klimaneutralität braucht es Energie- und Ressourceneffizienz gleichermaßen.

Mit ambitionierten Politikmaßnahmen für verbessertes Recycling könnten die jährlichen Industrieemissionen in der EU bis 2030 um bis zu 10 Prozent und bis 2050 um 34 Prozent gegenüber denen von 2018 reduziert werden. Allein bei der Kunststoffherstellung könnten bis 2030 jährlich fossile Brennstoffe im Umfang von etwa 2,7 Milliarden Kubikmetern Gas und 149 Millionen Barrel Öl eingespart werden. Die Politikberater schlagen erweiterte Quoten für recycelte Bestandteile, Investitionshilfen für die rasche Einführung innovativer Recyclingtechnologien sowie Kennzeichnungs- und Best-Practice-Vorgaben für Sammlung, Sortierung, Recycling und Wiederverwendung vor. pf


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