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Dezentrale EnergiewendeWasserstoff im eigenen Garten erzeugen

Neuartige Schwachwind-Rotoren
Neuartige Schwachwind-Rotoren und Wasserstofftanks mit eingebauten Sicherheitssensoren könnten zukünftig auch in windschwachen Regionen im Privatgebrauch zum Einsatz kommen. (Foto: © Fraunhofer IAP)

Zukünftig könnten private Haushalte mit kleinen Windkraftanlagen im Garten ihren eigenen Wasserstoff produzieren – daran arbeiten Fraunhofer-Forscher gemeinsam mit mehreren Partnern. Ist das die Zukunft der dezentralen Energieerzeugung?

07.05.2021 – Rund ein Viertel der insgesamt in Deutschland verbrauchten Energie entfällt derzeit auf Privathaushalte, wovon immer noch mehr als die Hälfte aus Erdöl und Erdgas gewonnen wird. Genau an dieser Stelle setzt ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP an. Künftig sollen private Haushalte mit kleinen Windrädern Wasserstoff für den Eigenbedarf produzieren. Dafür müssen zunächst die Schlüsseltechnologien entwickelt werden: kleine effiziente Rotoren und sichere Tanks zur Speicherung der Energie.

Das Projekt konzentriert sich dabei bewusst auf den privaten Anwenderbereich. „Hier ist aus Erneuerbaren Energien gewonnener Wasserstoff als Energieträger zukünftig vielfach besser geeignet“, sagt Holger Seidlitz, Leichtbau-Spezialist an der BTU Cottbus-Senftenberg und Leiter des Fraunhofer IAP.

Dafür geht das Fraunhofer IAP gemeinsam mit der BTU Cottbus-Senftenberg und der EAB Gebäudetechnik Luckau GmbH die Zukunft der Wasserstoffproduktion von zwei unterschiedlichen Seiten an. Einerseits liegt der Fokus auf der Stromerzeugung, die für den speziellen Bedarf angepasst werden muss, andererseits auf der Speicherung des Gases durch neuartige Wasserstofftanks aus Faserbundwerkstoff.

Auch in windschwachen Regionen Strom erzeugen

Dabei muss die Mini-Windkraftanlage auch in windschwachen Regionen ausreichend Strom erzeugen, um einen kleinen Elektrolyseur antreiben zu können. „Das Windrad wird so klein ausgelegt sein, dass sich auch Privatleute eine solche Anlage in den Garten stellen können“, so Seidlitz. Der Wasserstoff könnte dann beispielsweise eine Brennstoffzelle im Haus antreiben, die zugleich Strom und Wärme erzeugt oder für das Auftanken des Wasserstoffautos verwendet wird.

Der Fokus soll bei dem gesamten Konzept auf der geringen Größe der einzelnen Teile und der Effizienz liegen. So haben die Leichtbau-Experten beispielsweise einen neuen Propeller konzipiert, der sich bereits bei einer schwachen Brise in Bewegung setzt.

„Hier in der Lausitz weht der Wind sehr viel schwächer als in Norddeutschland“, sagt Marcello Ambrosio, der das Projekt am Fraunhofer IAP betreut. „Wir haben das Design der Rotorblätter daran angepasst und ihre Masse im Vergleich zu herkömmlichen Kleinwindanlagen um rund 30 Prozent verringert.“

Trotzdem müssen die neu konzipierten Rotoren auch Starkwinden standhalten. Dafür sind die Rotorblätter so konzipiert, dass sie sich bei Sturm elastisch verbiegen und aus dem Wind drehen. „Damit drosselt die Anlage von allein die Rotationsgeschwindigkeit und nimmt keinen Schaden“, sagt Seidlitz. Dadurch kann auf aufwändige, komplizierte und teure Steuertechnik sowie Mechanik verzichtet werden.

Doch nicht nur die Rotoren müssen bestimmten Anforderungen entsprechen – auch die Fertigung der Wasserstofftanks erfordert eine spezielle Leichtbautechnik. Beim Einsatz in der Industrie bestehen sie aus großen, druckfesten Stahlbehältern. Für Privathaushalte könnten Tanks aus Carbonfaser-Verbunden zum Einsatz kommen, was materialsparender und handlicher wäre.

Wasserstofftank in Leichtbauweise

Trotzdem muss die Sicherheit im Auge behalten werden, schließlich darf Wasserstoff in keinem Fall entweichen. Zusammen mit Luftsauerstoff bildet er ansonsten ein explosives und gefährliches Gemisch. Deshalb sollen die Tanks aus Carbonfaserstreifen bestehen, die auf einen zylindrischen Körper aufgewickelt werden. Mit Kunstharz getränkt, können die Tanks dann viele hundert Bar Druck aushalten.

Für den Notfall sollen außerdem Sensoren in den Behälter eingebaut werden – so lassen sich Leckagen frühzeitig entdecken. „Aktuell arbeiten wir mit 3D-Druckern, die elektrisch leitfähige Tinten verarbeiten können“, erklärt Ambrosio. „Diese arbeiten wir direkt in den Faserverbund ein.“ Damit können selbst kleine elektronische Bauteile in die Tankwand integriert werden.

Die Forschungskooperation bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich: sie stärkt die gesamte Region. „Die Lausitz ist stark vom Strukturwandel geprägt. Ich komme aus der Region und finde es wichtig, dass wir kleine und mittlere Unternehmen in unsere Forschungsprojekte einbinden, um hier durchgängige Wertschöpfungsketten aufzubauen“, sagt Seidlitz.

Vor Ort werden außerdem gleich zwei unterschiedliche Entwicklungen kombiniert: Die Erzeugung Erneuerbarer Energien und die Wasserstoff-Technik. Mit der Entwicklung einer entsprechenden Mini-Windkraftanlage und eines speziellen Wasserstofftanks für den privaten Haushaltsgebrauch will man dafür jetzt einen großen Schritt nach vorne machen. jk


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Andres 07.05.2021, 13:56:07

MIt welchen Kosten müssten man aktuell denn rechnen, würde man so ein Anlage in den eigenen Garten stellen wollen, und wie hoch wäre eine durchschnittliche, bzw. maximal mögliche jährliche Stromausbeute?

Joschua Katz 10.05.2021, 11:31:48

+28 Gut

Hallo,

 

ich habe mich dazu beim Fraunhofer IAP erkundigt und folgende Antwort bekommen: "Leider ist es zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht möglich, Aussagen über die künftigen Kosten der Anlage zu treffen, da wir an bestimmten Stellen noch nach passen Werkstoffen und Fertigungstechniken schauen."

 

Beste Grüße

Joschua Katz / Redaktion

Andres 12.05.2021, 22:02:16

Hallo Herr Katz, Vielen Dank fürs Nachfragen.

 

Ich fänd auch interessant, mit welchen Wirkungsgraden die Forscher da rechnen würden. Ich vermute mal, dass das deutlich niedriger wäre, als bei öffentlichen und größeren Powert-to-Gas Anlagen. Es müsste, um tragfähig zu sein, für Privathaushalte ja ökonomisch interessanter sein, als den Strom ins Netz zu speisen.

Martin Schulz 16.05.2021, 11:40:12

Wasserstoff als Energiespeicher im privaten Bereich, aus erneuerbarer Energie erzeugt, wird niemals wirtschaftlich sein.

Eine Kleinwindanlage an Land erwirtschaftet an einem guten Standort ca. 2000 Vollaststundenäquivalente.

Eine 1kW-Anlage, die bundesweit ohne Baugenehmigung errichtet werden darf, erbringt also 2000kWh.

In Wasserstoff umgewandelt bleiben davon weniger als 1200kWh übrig. Eine Brennstoffzelle macht daraus 720kWh elektrische Energie und 480kWh Wärme. Sehr optimistische Wirkungsgrade vorausgesetzt.

Packt man die 2000kWh der Windanlage in eine Wärmepumpe entstehen 6-7000kWh Wärme, Warmwasser für einen 4-Personenhaushalt und die Einsparung von 700m³ Gas, 700 Litern Öl oder 1.4t Pellets.

Ergänzt um einen kleinen Batteriespeicher von 2-3kWh entsteht ein kostengünstiges, kompaktes, langlebiges und wartungsarmes Gesamtsystem, in dem der Preis pro kWh auf einen Bruchteil dessen fällt, was sie aus Wasserstoff kostet.

Grüner Wasserstoff ist überall dort gut, wo er fossilen Wasserstoff ersetzt. Überall dort, wo man direkt mit Strom arbeiten kann, ist Wasserstoff aus physikalischrn Gründen keine Lösung.

Uwe Patejdl 21.11.2021, 15:16:22

Liebe Leser/in ,

geht es in erster Linie darum, Ressourcen hundert Prozent zu nutzen???? Nach seriösen Angaben werden mit 50kWh ca. 1 kg H2 per Elektrolyse erzeugt das entspricht ca. 1m3 H2 im Normalzustand !!!! Das heißt es lässt sich jeder beliebige Behälter zum Speichen nutzen . Ein zweiter Punkt ist , daß jede Gleichspannung vom Elektrolyseur genutzt werden kann.

Leider habe auch ich noch keine kleinen Brennstoffzellen ( 1 - 5 kWh) auf dem Markt entdeckt, deren Kosten eine Armortisationsrechnung stand halten . Zudem sind diese Zellen nach 10 Jahren verschlissen!!!!

pete 26.08.2022, 23:10:05

Hallo, das Thema ist branntheiss, Wirtschaftlichkeit steht hier an erster Linie. Für jeden Privathaushalt würde eine Wasserstofferzeugung privat durch z.B. Photovoltaik, bestimmt Vorteile bringen . z.B. Unabhängigkeit , dies wird aber von den Stromkonzernen torpedieret.Wir speisen ca. 5000 Kw/h ins öffentliche Netz ein .Wir bekommen 20 Jahre lang - 12,5 ct/Kw/h..Somit speisen wir ca. 5000 kw/h ins Netz ein. Ich würde aber diesen Strom selbst nutzen . wie funktioniert das ?Ich bitte um Hilfe


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