Menü öffnen

BASF und Wintershall DeaWeiterhin Profite aus Russland-Geschäften

Mensch mit Plakat und der Aufschrift "Not my Energiewende. Wintershall must fall"
Im Dezember 2020 demonstrierten Aktivist:innen vor dem Berliner Büro von Wintershall Dea gegen dessen Geschäfte. (Bild: Leonhard Lenz, Wikimedia Commons, Public Domain)

Die BASF-Tochtergesellschaft Wintershall Dea macht weiter immense Profite mit russischem Gas und Öl, das unter anderem nach Deutschland fließt. Fossile Energie, die vor allem Chemieunternehmen wie die BASF benötigen.

16.06.2022 – Am 27. April verkündete die BASF, der größte Chemiekonzern weltweit, mit Sitz im deutschen Ludwigshafen am Rhein, seine Russlandgeschäfte im Non-Food-Bereich bis Anfang Juli komplett herunterzufahren. Vorangegangen waren Berichte über Kriegsverbrechen der russischen Armee, unter anderem in Butcha und Mariupol. Der Juli rückt näher und die BASF-Tochtergesellschaft Wintershall Dea, die derzeit zu mehr als drei Viertel im Besitz des Ludwigshafener Chemiekonzerns ist, macht weiter Profite mit der Durchleitung von russischem Gas nach Deutschland, sowie mit Beteiligungen an russischen Öl- und Gasfeldern.

Nach Berechnungen der internationalen NGO Global Witness, die der energiezukunft vorab vorlagen, sind durch Leitungen von Wintershall DEA seit Anfang des Jahres 28 Milliarden Kubikmeter russisches Gas im Wert von über 14 Milliarden Euro geleitet worden. Zudem bohrt Wintershall Dea, in Partnerschaft mit dem russischen Staatkonzern Gazprom, weiter nach fossilen Brennstoffen in Sibirien. Laut Angaben von Wintershall hat der Konzern zwischen Januar und März dieses Jahres mit der Förderung von russischem Gas und Öl 400 Millionen Euro eingenommen.

Das ist noch einmal deutlich mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 2021 erwirtschaftete Wintershall insgesamt 547 Millionen Euro aus der Förderung von russischem Gas und Öl und 202 Millionen Euro durch Nord Stream und den Onshore-Leitungen – dies entspricht fast 80 Prozent der Gesamteinnahmen des Unternehmens. Als wichtigster Aktionär erhielt BASF 2021 eine Dividende von fast einer halben Milliarde Euro.

Die Verbindungen der BASF nach Russland reichen zurück in die 1990er. Gemeinsam mit Gazprom baute BASF innerhalb Deutschlands eine aus Russland kommende Gaspipeline bis nach Ludwigshafen aus. 1994 unterstützte die BASF den Bau der Jamal-Gaspipeline Gazproms von Russland über Polen nach Deutschland. Ab 2008 war das Chemieunternehmen am Bau von Nord Stream 1 beteiligt, ebenso wie an Gasfeldern in Sibirien. Abgewickelt wurden die Geschäfte vor allem über die die ehemalige BASF-Tochter Wingas und Wintershall Dea. Auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim hielt BASF und Wintershall nicht davon ab, weiter in Russland zu investieren.

Ende April dieses Jahres sagte Mario Mehren, Vorstandsvorsitzender von Wintershall, zwar, man werde keine neuen Projekte mit Russland mehr in Angriff nehmen, doch bestehende Projekte wolle man aufrechterhalten. Die Begründung: Bei einem Rückzug würden Milliardenwerte an den russischen Staat fallen. Auf Anfrage von Global Witness gaben sowohl BASF als auch Wintershall zudem an, die Entscheidung den Betrieb in Russland aufrechtzuerhalten sei notwendig, um die Gasversorgung Europas sicherzustellen und dass eine Einstellung der Lieferung der deutschen Wirtschaft schaden würde.

Fehlende Transparenz

Gas, dass vor allem die Chemieindustrie benötigt. Laut Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist der Industriesektor mit 36 Prozent Hauptabnehmer von Gas. Dem Branchenverband Zukunft Gas zufolge entfällt davon allein ein Drittel auf die Chemieindustrie, wie etwa petrochemische Prozesse in Ludwigshafen zur Herstellung von Plastik. Doch inwieweit ein russisches Energieembargo BASF und den Standort Ludwigshafen treffen würde, lässt sich nicht genau beziffern. Den politisch Verantwortlichen in Umwelt- und Wirtschaftsministerium fehlen die Zahlen des Chemieunternehmens dazu, wie eine Anfrage des Bündnis Exit Plastik gemeinsam mit dem Energieexperten Andy Gheorghiu ergab, der auch am Report von Global Witness beteiligt war. „Das heißt, wir wissen gar nicht genau wofür Öl und Gas in der Petrochemie und durch BASF eigentlich gebraucht wird. Und insofern wissen wir nicht, wie prioritär all die Produkte sind, die BASF herstellt. Es wäre, glaube ich, allen geholfen, wenn wir da etwas mehr Klarheit hätten“, so Gheorghiu gegenüber energiezukunft.

Auch auf Anfrage des Politmagazins Monitor im April, konnten weder Wirtschaftsministerium noch BASF genaue Zahlen liefern, welche Verwerfungen ein russisches Energieembargo nach sich ziehen würde. Mehrere wissenschaftliche Institute dagegen gehen in einer Gemeinschaftsdiagnose von einem verkraftbaren Rückgang der Wirtschaftsleistung von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Zum Vergleich: Die Corona-Pandemie sorgte für einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um etwa 4,6 Prozent.

Der Energieexperte Gheorghiu sieht Privathaushalte demgegenüber nicht akut durch Gasknappheit gefährdet. „Es ist vor allem die BASF, die seit Monaten vor einem Gas-Embargo warnt und sie in diesem Fall den Standort Ludwigshafen dicht machen müssten.“ Angesichts reduzierter Liefermengen durch die Gas-Pipeline Nord-Stream 1 fordert Gheorghiu regionale Arbeitskreise, die sich intensiv mit der Frage beschäftigen, wie der Gasverbrauch in den jeweiligen Regionen reduziert werden kann. „Wir können nicht mehr irgendwie darauf hoffen, dass sich die Gasspeicher wieder füllen und alle so weitermachen können wie bisher.“

Geschäfte mit russischen Oligarchen?

Berichten von Bloomberg zufolge spielt die BASF inzwischen mit dem Gedanken ihre Anteile an den russischen Vermögenswerten von Wintershall an die Investmentfirma LetterOne zu verkaufen, die bereits 28 Prozent des Unternehmens hält. Bis vor kurzem waren die fünf Eigentümer der Investmentfirma allesamt Oligarchen, mit engen Verbindungen zum russischen Staat. Vier von Ihnen wurden wegen dieser Verbindungen sanktioniert. Bei zweien wurden die Anteile eingefroren, zwei weitere übertrugen ihre Anteile an den einzigen nicht sanktionierten Eigentümer, die sie jedoch wieder erlangen können. Bei einem Verkauf könnten russlandfreundliche Oligarchen von dem Geschäft profitieren.

Sowohl BASF als auch LetterOne erklärten auf Nachfrage von Global Witness, dass entsprechende Gerüchte über einen Verkauf jeglicher Grundlage entbehren würden. Doch der Vorwurf steht im Raum. Global Witness fordert vielmehr die BASF dazu auf, die Gas- und Ölgeschäfte der Wintershall in Russland sofort zu schließen und auszusteigen und alle Gewinne, die seit der Invasion mit der Förderung und dem Transport von russischem Gas und Öl erzielt wurden, den ukrainischen Opfern zu spenden. Zudem müsse BASF jetzt intensiv mit der deutschen Regierung zusammenarbeiten, um die Einfuhr und den Transport von russischem Gas in das Land so schnell wie möglich zu beenden. Manuel Först


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft