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Energieeffizient bauenEU-Richtlinie setzt Energie-Standards für Gebäude

Photovoltaik geht sogar mit alter Kirchenarchitektur gut zusammen, wie das Beispiel im südfranzösischen Alès zeigt. Dächer und Fassaden für Solarenergie stehen europaweit massenweise zur Verfügung. Mit der neuen EU-Gebäudeeffizienz-Richtlinie sollten die europäischen Länder bei Neubau und Sanierung nun optimierte energetische Standards durchsetzen. (Foto: Nicole Allé)

Die Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ist in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedsstaaten haben nun 20 Monate Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen. Die neue Richtlinie setzt die Energie-Standards für Gebäude bis 2030 u. a. mit dem Ziel, die energetische Sanierung voranzutreiben.

12.07.2018 – Das Europäische Parlament hat am Dienstag dieser Woche der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD – Energy Performance of Buildings Directive) endgültig zugestimmt: Die neuen Vorschriften zielten darauf ab, die Gebäude „intelligenter“ und energieeffizienter zu machen. Langfristig soll es dadurch zu Einsparungen bei den Energiekosten kommen und neue Arbeitsplätze im Renovierungs- und Bausektor generiert werden. Die Auftragslage ist allerdings in den Ländern der EU-Staaten sehr unterschiedlich: Während in Deutschland in der Bauwirtschaft Hochkonjunktur herrscht und es zunehmend an nachkommenden Fachkräften mangelt, liegt bspw. in Spanien der Bausektor darnieder – beides ist mit der Finanzkrise verbunden, die vor rund zehn Jahren begann und die Bau- und Immobilienwirtschaft bis heute nachhaltig beeinflusst.

Nationale Fahrpläne zur Senkung der CO2-Emissionen

Die Richtlinie für Gebäude ist ein Teil des Pakets Saubere Energie für alle Europäer, das die Europäische Kommission Ende 2016 vorgelegt hatte, mit dem Ziel, eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie aufzubauen. Zu den wichtigsten Neuerungen in der Richtlinie zählt ein klarer Plan zur Erhöhung des Bestands an emissionsarmen und -freien Gebäuden in der EU bis 2050: Die Grundlage dafür bilden nationale Fahrpläne zur Senkung der CO2-Emissionen von Gebäuden. Mit 40 Prozent des Endenergieverbrauchs gehört der Gebäudesektor zu den energieintensivsten Bereichen in der EU. 75 Prozent der Gebäude in der EU sind laut Angaben der EU-Kommission nicht energieeffizient. In der novellierten Richtlinie lautet ein neuer Absatz: „Die Mitgliedstaaten informieren die Eigentümer oder Mieter von Gebäuden insbesondere über Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz, einschließlich ihres Zweckes und ihrer Ziele, über kosteneffiziente Maßnahmen sowie gegebenenfalls zur Verfügung stehende Finanzinstrumente für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes und über den Austausch von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln gegen nachhaltigere Alternativen. Die Mitgliedstaaten stellen die Informationen mittels zugänglicher und transparenter Beratungsinstrumente, etwa Beratungen zu Renovierungen und zentrale Anlaufstellen, zur Verfügung.“

Sanierungsrate europaweit zu gering

Bis 2050 sollen alle älteren Gebäude in Europa so saniert werden, dass sie fast ohne CO2-Emissionen geheizt und gekühlt werden können. Die neue Richtlinie lässt den EU-Staaten recht viel Handlungsspielraum für ihre Renovierungsstrategien. Vorgesehen ist jedoch konkret, alle Heizungen in Europa nun zügig mit Thermostatventilen auszustatten. In Deutschland sind sie schon lange Pflicht, europaweit gesehen aber keineswegs üblich. Allein mit dem Ventilaustausch ließe sich rein rechnerisch rund sieben Prozent des Heizenergieverbrauchs in Wohngebäuden in der EU einsparen, so haben Experten es errechnet.

Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen müssten pro Jahr etwa dreimal so viele Gebäude im Bestand modernisiert werden wie heute. In den einzelnen Mitgliedstaaten werden jährlich lediglich 0,4-1,2 Prozent des Gebäudebestands energetisch saniert. In Deutschland liegt die Rate bei rund einem Prozent, mindestens zwei Prozent wären notwendig, fordert die Baubranche. Lange schon warten die Akteure auf einen Steuerbonus für die energetische Sanierung, doch der wird immer wieder von der deutschen Regierung unter den Tisch gekehrt.

Wärme regenerativ gewinnen – einige machen es vor

Regenerative Energien zur Wärmeversorgung bleiben noch national geregelt. Während in Deutschland noch Ölheizungen eingebaut oder Ölkessel getauscht werden können, sind Nachbarländer schon etwas weiter. In den Niederlanden bspw. dürfen seit Anfang Juli in Neubauten keine mit Erdgas betriebenen Heizungen mehr eingebaut werden. Dafür sollen vermehrt Wärmepumpen zum Einsatz kommen, die von PV-Dachanlagen gespeist werden. Auch Dänemark hat im Neubau und in der Bestandssanierung einen Einbau von Öl- und Gasheizungen bereits verboten und belohnt stattdessen den Einbau regenerativer Energiesysteme. In Deutschland ist jetzt die Stadt Tübingen mit ihrem grünen Bürgermeister vorgeprescht und schreibt allen Neubauten Solaranlagen vor. Denn die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2022 um ein Viertel zu senken – gemessen an 2014. Die Stadtwerke Tübingen machen dabei Hausbesitzern, die selbst nicht investieren wollen, das Angebot, die Dachflächen anderen zur Verfügung zu stellen. Pachtmodelle sollen ermöglicht werden. Die Stadtwerke Tübingen bieten bspw. auch an, die Anlagen selbst zu finanzieren und zu warten. Neben neuen Standards sind also auch neue Modelle gefragt – bspw.  Pacht- oder Mieterstrom-Modelle, Nahwärmenetze in Quartieren und Gemeinden, Energiegenossenschaften, nachbarstrom- und Wärme etc.

Kosten nachhaltig steuern

In den Diskussionen um die neue EU-Richtlinie wurde auch das Thema Kosteneffizienz diskutiert; es solle auch die sogenannte sog. Energiearmut bekämpft werden, da die Energiekosten älterer Gebäude durch energetische Sanierung sinken. Dieser Punkt ist strittig, denn häufig beklagen sich gerade Mieter über steigende Kaltmieten nach Sanierung. Der Europa-SPD war es denn auch beim Beschluss der Richtlinie wichtig, dass die neuen Vorgaben zur Gebäudesanierung keine zu großen Auswirkungen auf Miet- und Wohnpreise haben sollten. So hatte sich die SPD im Europäischen Parlament dafür eingesetzt, dass die Maßgaben der Richtlinie nur bei Neubauten und ohnehin fälligen Renovierungen verpflichtend sein sollten.

Nichtwohngebäude optimieren, Sektorenkopplung gefragt

Viel Energie zum Heizen und vor allem auch zum Kühlen verpufft in Büro- und Gewerbebauten. Um den Energieverbrauch von Nichtwohngebäuden möglichst gering zu halten, sollten digitale Systeme der Gebäudeautomatisierung genutzt werden, die den Energieverbrauch kontinuierlich überwachen, analysieren und anpassen, so die Empfehlung. Ein wichtiger Bestandteil der Richtlinie sind die Vorgaben zur Bereitstellung von Ladeinfrastruktur für elektrische Fahrzeuge. Unter der überarbeiteten Richtlinie sollen bei Neubauten und Renovierungen bestehender Nichtwohngebäude Ladesäulen aufgestellt werden. Denn ein wichtiger Aspekt ist auch die Sektorenkopplung im Gebäudebereich – Strom, Wärme und E-Mobilität sinnvoll zu kombinieren, quartiers- bzw. kommunenbezogen wo möglich, Energieversorgung übergreifend und ganzheitlich denken. na


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