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Kollektive EigenversorgungBDEW will Potenziale des Prosuming heben

Photovoltaik auf Gewerbedach, Winterquartier Zirkus Monti
Überall dort, wo große Erneuerbare Anlagen in Verbrauchernähe installiert sind, könnten nicht nur die verschiedenen Verbraucher davon profitieren, sondern auch der Netzbetreiber Flexibilitäten gewinnen. (Foto: Circusmonti auf Wikimedia / CC0 1.0 Universal)

Prosuming im Kleinen gibt es schon lange, jetzt positioniert sich der BDEW neu zu diesem Thema. Er will die positiven Energiewende-Effekte des Prosuming im größeren Stil heben. In einem Positionspapier empfiehlt er dazu mögliche Wege.

21.02.2024 – Den selbst erzeugten erneuerbaren Strom vor Ort sinnvoll nutzen, Produzent und Konsument zugleich sein, das steckt hinter der Wortschöpfung Prosumer bzw. Prosuming (engl. Producer und Consumer). Überall im Land sind inzwischen viele Betreiber kleinerer PV-Anlagen in diesem Sinne Prosumer, sie nutzen den Strom aus ihrer Anlage in diversen Anwendungen, als Haushaltsstrom, zum Betrieb einer Wärmepumpe oder zum Laden ihres Elektroautos. Meist wird der Strom in einem Batteriespeicher zwischengespeichert. Im letzten Jahr waren es immerhin 6,4 Terawattstunden Strom, die auf diese Weise erzeugt und selbst genutzt wurden.

Die Eigenversorgung wurde anfangs (ab 2009) sogar gefördert, später ab 2014 mit der Eigenverbrauchsumlage verteuert und verkompliziert. Jahrelang kämpften der Bundesverband Solarwirtschaft und andere Akteure für die Abschaffung. Im Juli 2022 schließlich war es soweit, seitdem gibt es die Eigenverbrauchsumlage nicht mehr.

BDEW hat größere Prosuming-Gemeinschaften im Blick

Die Potenziale für Prosuming sind aber weitaus größer, nämlich vor allem dann, wenn mehrere Abnehmer den erneuerbaren Strom aus einer Anlage nutzen. Doch dem stehen regulatorische Hürden im Weg.

Jetzt hat sich der BDEW, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, in einem Positionspapier dafür ausgesprochen, die Potenziale von Prosuming für die Energiewende zu heben und Handlungsschwerpunkte formuliert. Im Blick hat der Verband vor allem größere Prosuming-Anwendungen, wie Quartiere, Mehrfamilienhäuser oder Gewerbebetriebe. Die Neupositionierung nimmt Ergebnisse aus einer Studie des Fraunhofer ISE und Energy Brainpool aus dem Jahr 2022 auf.

Die Vorschläge betreffen unter anderem die Vereinfachung und Netzintegration, die Bereitstellung von Flexibilitäten für Verteilnetzbetreiber, die Marktteilnahme von Prosumern, den Smart-Meter-Rollout, die Nutzung von Speichern und die Technologien zur Sektorkopplung.

Ein besonders großes Hemmnis seien die aktuellen Regelungen für größere Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Stromerzeugung und -nutzung, erklärt BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae: „Der Betreiber einer Erzeugungsanlage zur Eigenversorgung wird nach derzeitigem Recht zu einem ‚Energieversorger‘, sobald er weitere Verbraucher mit seiner Anlage beliefert – mit allen einhergehenden energiewirtschaftlichen Pflichten. Diese Pflichten sollten generell für alle Versorger vereinfacht werden, um den aktuell hohen Aufwand zu minimieren.“

Eckpunkte für kollektive Eigenversorgung

Der BDEW schlägt daher vor, entsprechend dem europäischen Recht eine ‚kollektive Eigenversorgung‘ einzuführen, bei der sich Stromverbraucher innerhalb der Prosuming-Anwendungen im Eigenverbrauchs- und Mieterstromkonstrukt – also aktuell hinter einem definierten Netzanschluss – vertraglich zu einer kollektiven Eigenversorgung zusammenschließen können. So könnte die Prosuming-Quote und damit die Wirtschaftlichkeit von Anwendungsfällen deutlich gesteigert werden.

Dadurch wird rechtlich zulässig, dass mehrere Personen gemeinsam eine Solaranlage betreiben und diesen Strom selbst verbrauchen, ohne dadurch zum Energieversorger zu werden. Es sind dann z.B. längere Vertragslaufzeiten für den Bezug des PV-Stroms zu vereinbaren und auf Lieferantenwechsel zu verzichten.

Allerdings sollen die Prosumer tatsächlich nur hinter einem einzigen gemeinsamen Netzanschluss Zweckgemeinschaften bilden. Gegenseitige Belieferungen von Endkunden müssten ausgeschlossen bleiben. Zudem dürften die Prosuming-Gemeinschaften keine Zwangsgemeinschaften werden. Wenn die Gemeinschaften größer werden, sollen die Gemeinschaften perspektivisch dem Netzbetreiber einen Fahrplan melden.

Flexibilitäten erschließen

Durch Prosuming können Flexibilitäten erschlossen werden, d.h. das Stromnetz entlastet werden – in Spitzen-Erzeugungszeiten beispielsweise viele Anwendungen hinter dem Netzanschlusspunkt stattfinden – oder aber Anwendungen gedrosselt werden, wenn das sinnvoll ist. Solche komplexen Vorgänge werden derzeit nicht angereizt und sind technisch nicht vollständig umsetzbar. Werden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen und durch adäquate Regeln negative Nebenwirkungen ausgeschlossen, können Prosumer einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten.

Trotzdem am Netzausbau finanziell beteiligen

Der BDEW weist in seinem Positionspapier aber auch darauf hin, dass sich auch Prosumer weiterhin an der Finanzierung des Netzausbaus und dessen Betrieb angemessen beteiligen sollen. Kerstin Andrea erklärte dazu: „Auch ein Energiesystem mit hoher dezentraler Versorgung muss finanziert werden. Prosumer müssen deshalb einen verursachungsgerechten Beitrag zur Finanzierung der Netzinfrastruktur leisten und gleichzeitig perspektivisch ihre Flexibilitäten netz-, system- und marktdienlich einsetzen.“ pf


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