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Agri-PhotovoltaikSolarenergie über Bodensee-Äpfeln

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landwirt Hubert Bernhard und Prof. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, weihten die Agri-PV-Pilotanlage über der Obstbauanlage in Kressbronn ein.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landwirt Hubert Bernhard und Prof. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, weihten die Agri-PV-Pilotanlage über der Obstbauanlage in Kressbronn ein. (Bildquelle: © Fraunhofer ISE)

Solarstrom statt Hagelnetze über der Apfelplantage – in Kressbronn am Bodensee ging die deutschlandweit erste Agri-Photovoltaik-Anlage über einer bestehenden Obstkultur in Betrieb. Das nützt den Äpfeln, der Umwelt, dem Boden und dem Klima.

17.05.2022 – Gemüse oder Obst anbauen und gleichzeitig auf derselben Fläche Solarstrom erzeugen – das ist der Wunsch vieler Landwirte in Europa. Die baden-württembergische Landesregierung will Agri-PV nun als flächeneffiziente Landnutzungsform in den nächsten Jahren im Ländle etablieren. Im Rahmen des Forschungsprojekts Modellregion Agri-Photovoltaik für Baden-Württemberg bauen und erproben das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE sowie elf weitere Projektpartner sukzessive fünf Agri-PV Pilotanlagen in Baden-Württemberg.

Die Fraunhofer Forscher haben mit der Kombination von Äpfeln und Solarstrom bereits Erfahrungen gesammelt. Innerhalb des Projekts soll nun das Konzept mit einem Schwerpunkt auf Kern- und Beerenobst in Baden-Württemberg im Detail untersucht werden.

Solarstrom über Äpfeln

Doppelte Ernte – das ist das Ziel von Photovoltaik-Anlagen über landwirtschaftlichen Flächen. In Kressbronn am Bodensee ging jetzt auf dem Obsthof Bernhard die Agri-PV-Pilotanlage über einer Apfelplantage in Betrieb. Die auf einem Metallgerüst montierten Solarmodule speisen Ökostrom in das Netz des Energieversorgers Regionalwerk Bodensee. Kressbronn ist die östlichste am Nordufer des Bodensees gelegene baden-württembergische Gemeinde und liegt an der Grenze zu Bayern.

„In der Agri-Photovoltaik liegt eine Riesenchance für die Landwirtschaft, für die Nachhaltigkeit und für die Energieversorgung“, so Ministerpräsident Kretschmann, der zur Einweihung der Anlage angereist war. „Mit dem Projekt soll beispielsweise herausgefunden werden, wie Agri-PV-Anlagen in Sonderkulturen bei Wetterereignissen wie Hagel, Starkregen oder Nachtfrösten helfen oder wie sich der Ernteertrag entwickelt.“ Inwiefern die Anlage den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall reduziert, sei eine weitere wichtige Frage.

Obstanabau in Zeiten der Klimakrise

Apfelanbau in der Bodenseeregion hat Tradition. Viele spezielle Apfelsorten wachsen nur im milden Bodenseeklima. Etwa jeder dritte deutsche Apfel kommt aus der Gegend. Doch der Obstanbau – neben Äpfeln auch Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Beeren – leidet unter den Folgen der Klimakrise. Infolge der Erderwärmung blühen die Obstbäume immer früher, sind dadurch mehr nächtlichem Frost ausgesetzt. Durch die frühere Apfelblüte hat sich zudem die Anbausaison verlängert. Vielen Sorten bekommt das nicht gut, manche Obstbauern experimentieren bereits mit anderen Sorten aus wärmeren Regionen – manch einer steigt auch auf Weinanbau um. In Frickingen am Bodensee wird auf zwei Apfelplantagen der Versuch unternommen, klimaresistentere Äpfel zu züchten. Die Obstbauern suchen nach neuen Apfelsorten, die gegen Frost bestehen, mit weniger Wasser auskommen aber gleichzeitig mit weniger Pestiziden.

Denn die Pestizideinträge beim konventionellen Apfelanbau sind hoch. Die Forscherteams des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee (KOB) und des Fraunhofer ISE analysieren bei der Agri-PV-Anlage in Kressbronn das Pflanzenwachstum unter den Modulen im Detail. „Dazu zählen neben der Untersuchung der Effekte variierender Beschattung auf Wachstum und Ökophysiologie der Äpfel auch Forschungsaktivitäten zu den Auswirkungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auf die PV-Module“, erläutert Oliver Hörnle, Projektleiter am Fraunhofer ISE, die Zielsetzung.

Solarenergie statt Hagelnetze über den Obstplantagen

Ministerpräsident Kretschmann lobte auch den Pioniergeist der Landwirte. Denn es liegen rund zwei Jahre Vorbereitung, Planung, Projektierung und Ausführung hinter Apfelbauer Hubert Bernhard und seinen Mitstreitern. Dabei ist für Landwirt Bernhard Solarenergie nichts Neues: Er erzeugt schon seit rund zehn Jahren auf den Dächern seiner Wirtschaftsgebäude Solarstrom. Die Idee, statt Hagelnetze über die Obstanlagen zu spannen mit aufgeständerten Solarmodulen die Äpfel vor Hageleinschlag zu schützen und dabei noch grünen Strom zu erzeugen, fand er attraktiv und sinnvoll. Hagel kennt man am Bodensee zwar gut. Mit zunehmenden Wetterextremen durch den Klimawandel könnten Hageleinschläge aber noch zunehmen.

Wichtiger Baustein für den Obstanbau der Zukunft

Die Agri-PV-Anlage in Kressbronn ist nun eine von insgesamt fünf Forschungs- und Demonstrationsanlagen mit einer Gesamt-Nennleistung von bis zu 1.700 Kilowatt, weitere werden in Bavendorf, Heuchlingen, Karlsruhe und Oberkirch-Nußbach errichtet. Mit der Entwicklung und dem Bau der maßgeschneiderten Pilotanlagen an unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Obst- und Beeren-Kulturen werden die Machbarkeit verschiedener vielversprechender Anwendungsbereiche und Technologien untersucht und Auslegungsvarianten erforscht. Agri-PV wird so ein wichtiger Baustein zur nachhaltigen Obstproduktion am Bodensee. Mit dem Projekt wollen die Forschenden auch noch offene Fragen zur dualen Nutzung von Flächen für Landwirtschaft und Solarstromerzeugung beantworten. na


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