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PV-Anlage selber bauenSolarer Selbstbau in Mittelfranken

Drei Menschen installieren PV-Anlage auf Hausdach
Solarer Selbstbau – hier hat eine Familie in Bayern gemeinsam unter Bauanleitung von Simon Rebitzer eine PV-Anlage montiert. (Foto: EnergieZukunft GmbH)

Eine solare Selbstbaufirma zu gründen, dazu gehört viel Enthusiasmus und Geduld für die Kunden. Marina Braun und Simon Rebitzer gehen diesen Weg. Ihre Klientel besteht vor allem aus Gemeinschaften, die in Mehrfamilienhäusern leben.

17.11.2023 – Um die Energiewende wirklich zu schaffen, wird jedes Solarmodul und jede Hand, die es installiert, gebraucht. Dafür haben sich in Fürth Marina Braun und Simon Rebitzer zusammengetan. Sie wollen Menschen aktivieren und befähigen, die eigene Solaranlage selbst zu installieren. Beide haben Wurzeln in der Bürgerenergie, gemeinschaftliche Teilhabe von Menschen ist ihnen ein Anliegen, das sie in die Tat umsetzen wollen.

Im Sommer 2023 gründeten sie in Fürth zusammen ihre Selbstbaufirma EnergieZukunft. Noch arbeiten beide nur in Teilzeit für die eigene Firma, wollen aber 2024 mit vielen neuen Projekten, vor allem auf Mehrfamilienhäusern, durchstarten.

Marina Braun arbeitet selbstständig als Energie- und  Nachhaltigkeitsberaterin, hat mit dem Verein Solar Powers während ihres Studiums in Berlin die erste Solaranlage auf einem Dach der Technischen Universität mit aus der Taufe gehoben und nach dem Studium in der Projektleitung für Quartierskonzepte bei naturstrom gearbeitet.

Simon Rebitzer ist Umweltingenieur mit Schwerpunkt Energietechnik. Nach einigen Jahren in der Energieeffizienz-Beratung und als Klimaschutzbeauftragter arbeitet er seit zwei Jahren als Monteur für einen Installationsbetrieb, der ganz klassisch Photovoltaikanlagen auf Wohnhausdächern baut.

Ihre Motive und ihr Modell des solaren Selbstbaus haben Maria Braun und Simon Rebitzer in einem Gespräch erklärt:

Ihr wollt mit Laien zusammen PV-Anlagen planen und installieren. Die Projekte und Menschen werden sehr individuell sein – warum wollt ihr diesen beschwerlichen Weg gehen?

Marina Braun: Unser gemeinsames Motiv ist sicherlich unser persönlicher Werdegang.Wir kommen aus der Bürgerenergie. Echte Partizipation von Menschen an all den Dingen, die in ihrer Umwelt stattfinden, ist uns ein großes Anliegen.

Simon Rebitzer: Ich war in den letzten Jahren sehr engagiert in der Transition-Bewegung, in verschiedenen Vereinen, die sich für die sozial ökologische Transformation engagieren, unter anderem BluePingu in Nürnberg. Hinzu kommt, dass ich während meiner Tätigkeit in der Solarberatung viele Projektanfragen zu Mehrfamilienhäusern bekam, oft mit Wohnungseigentümergemeinschaften, die sehr spezifisch mitreden wollten bei der Planung unddie einen großen Schwerpunkt auf Teilhabe und Nachhaltigkeit legen. Die anstehenden Veränderungen müssen nach meinem Verständnis im Dialog und im gemeinschaftlichen Tun mit den verschiedenen Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen gemeistert werden. So ist es naheliegend, dass ich mein Wissen und meine Erfahrung in diese Waagschale werfen will.

Wie geht Ihr an Projekte heran, wie sieht euer Geschäftsmodell aus?

Marina Braun: Ich habe in den letzten zwei Jahren viele Machbarkeitsstudien für Mehrfamilienhäuser hier im Raum Nürnberg gemacht. Installateure tun sich mitunter schwer im Mehrfamilienhausbereich. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind kompliziert und der Wunsch nach Mitsprache ist groß. Die Menschen sind interessiert, das Projekt für ihr Objekt in Gänze zu verstehen und mitzugestalten. Simon und ich haben sehr lange diskutiert, wie unser Weg aussehen könnte:  ein festes Montageteam aus erfahrenen Helfern oder tatsächlich die Laien vor Ort befähigen, ihre Energieerzeugung selbst in die Hand zu nehmen? Letzteres soll nun unser Weg sein. Natürlich sind solche Projekte nicht von der Stange zu haben und dauern deshalb auch länger.

Kannst du noch etwas genauer werden in Bezug auf Kosten und Finanzierung?

Marina Braun: Wir setzen zum Beispiel einen Grundkostenbeitrag an, der Versicherungen, Lagerkosten und andere Grundkosten deckt. Zusätzlich berechnen wir unsere Arbeitsstunden für Konzeptarbeit, Projektbesprechungen und Bauanleitung. Beim Komponenteneinkauf bekommen wir keine so günstigen Preise, weil wir nur kleine Mengen einkaufen. Zudem versuchen wir auf die Produktionsherkunft und die Qualität zu achten. Am Schluss gestalten wir einen für beide Seiten fairen und transparenten Preis. Dennoch landen wir preislich unter den Angeboten, die Installateure machen würden. 80 Prozent der Kosten zahlt der Kunde bei Lieferung, 20 Prozent bei Inbetriebnahme. Die Konstellationen, wie sich die Gemeinschaften am besten organisieren, ergründen wir vor Ort: ob sie Rücklagen aus einem Gemeinschaftskonto verwenden, eine GbR gründen oder einen anderen Weg gehen wollen. Gut ist für uns, dass wir im engen Austausch mit der DGS in Nürnberg stehen, die uns viele wertvolle Tipps geben kann. Diese bilden auch die vertraglichen Konstellationen für PV-im Mehrfamilienhaus und Mieterstromverträge ab.

Ihr kooperiert auch mit Panelretter, einem Unternehmen, das überarbeite Solarmodule anbietet…

Marina Braun: Ja, da bahnt sich eine Partnerschaft an. Über das große Netzwerk des Nachhaltigkeitsvereins Bluepingu im Großraum Nürnberg erfährt man schnell von neuen Gruppen oder Initiativen. So haben wir auch Panelretter kennengelernt und haben nun die Möglichkeit, Secondhand-Module anzubieten. Allerdings sind diese sehr nachgefragt und werden als Balkonmodule angeboten – also mal sehen, wann wir das erste Mal solche Module auf einem Dach verbauen können. Auch unter dem Aspekt der Selbstbefähigung der Menschen ist das zu überlegen – denn ein eventuell notwendiger Modultausch auf einem steilen hohen Dach ist nicht so einfach. Flachdächer sind für solche Modultypen sicher eher geeignet.

Zwei Projekte habt ihr schon realisiert, welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht?

Simon Rebitzer: Bei dem einen Projekt handelt es sich um ein fünfstöckiges Mehrfamilienhaus, 18 Meter hoch. Da hatten dann doch einige der Helfer ein mulmiges Gefühl in dieser Höhe zu arbeiten. Das waren wertvolle Erfahrungen für uns, wie wir die Vorbesprechungen und Einweisungen noch besser machen können. In Bezug auf die Beteiligung war das Projekt ebenfalls eine Blaupause: Die Gruppe hatte bereits das sehr alte Gebäude gemeinsam renoviert, ist sozusagen aufeinander eingeschworen. In Nürnberg haben wir ein Projekt mit einer Bau- und Sanierungsgemeinschaft konzeptioniert, die vor zehn Jahren ein Holz-Haus gebaut und ein altes Werksgebäude saniert hat – mit insgesamt 12 Wohneinheiten. Dort waren Architekten und Handwerker dabei. Solche Gruppen sind prädestiniert für den solaren Selbstbau. Wir stehen in engem Austausch, warten allerdings noch mit der Realisierung, weil es ja ab 2024 eine neue Gesetzgebung zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung geben soll.

Wie sehen eure Pläne aus – gibt es schon konkrete Projekte für 2024?

Marina Braun: Für das erste Quartal sind fünf Projekte eingetaktet. Weitere zehn bis 12 Projekte wollen wir nächstes Jahr gern realisieren. Wir sind aber abhängig von den Menschen, mit denen wir arbeiten. Die Prozesse sind individuell. Wir haben lange Anbahnungsphasen und manchmal machen es uns auch die Rahmenbedingungen schwer, wie jetzt gerade – wir warten auf die neuen Regeln für die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung. Bei der konkreten Installationsphase muss dann auch das Wetter mitspielen und die Bauhelferinnen und -helfer vor Ort sein. Oft geht das nur an den Wochenenden. Gerade gehen wir aktiv auf die Städte Nürnberg und Fürth zu und bieten Beratungen zum Selbstbau, aber auch zum Thema gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, an – bauen also ein Bildungsangebot auf. Das kann man gut in den Wintermonaten machen.

Was liegt euch beim solaren Selbstbau besonders am Herzen?

Marina Braun: Das Mitspracherecht und das Mitmachen, die Menschen aus der Wartehaltung herauszubringen. Es macht so viel Freude, Menschen zu aktivieren, nicht länger auf Angebote oder Handwerker zu warten, sondern die Energiewende selbst in die Hand nehmen. Das gemeinschaftliche Tun schafft Freude und Selbstvertrauen. Die Menschen sehen, dass es gar nicht so kompliziert ist und die Energiewende Spaß macht.

Simon Rebitzer: Dem schließe ich mich vollends an. Die Freude, gemeinsam etwas zu schaffen, das verändert auch und schafft Bewusstsein für das große Ganze, aber auch konkret für die Energienutzung. Die Menschen verstehen, woher ihr Strom kommt und gehen vielleicht bewusster damit um. Wenn die Energie nicht nur in der Hand der Bürger:innen ist, sondern teilweise sogar von ihnen gebaut wird – umso besser!

Das Gespräch führte Petra Franke.


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Kommentare

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Johann Karl 21.12.2023, 20:31:17

Tolle Initiative in Fürth!

Jedes Modul zählt für die Energiewende - Weiter so!

Johannes Karl


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