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SolaroffensiveSonnenenergie ermöglicht Strom und Wärme im Überfluss

Luftaufnahme einer Orangerie mit Solardach
Das solare Potenzial in Deutschland ist riesig und übersteigt den Strom- und Wärmebedarf um ein Vielfaches. (Foto: SolarPowerbanks auf Pixabay)

Zehntausende Arbeitsplätze und mehr als genug Wärme und Strom für Deutschland – dieses Potenzial bietet die Sonnenenergie nicht nur theoretisch. Eine Studie beziffert, welche Reserven in bisher ungenutzten Flächentypen und der Solarthermie liegen.

06.08.2021 – Reichen unsere Flächen tatsächlich, um den Stromhunger zukünftiger Generationen zu decken? Ja – sie reichen allemal. Das ist die Kernbotschaft einer von Greenpeace beauftragten Studie. Die Forscher des Fraunhofer ISE zeigen darin, welche Möglichkeiten in den verschiedenen Nutzungsarten konkret liegen. Sie betrachten nicht nur die Photovoltaik, sondern auch die Solarthermie. Darüber hinaus beziffern sie die erheblichen Effekte für die Wertschöpfung und den Arbeitsmarkt in Deutschland, die sich aus einer Solaroffensive für Deutschland ergeben würden.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität wird der Strombedarf wegen der Elektrifizierung vieler Prozesse um das 2- bis 2,5-fache steigen. Ein Ausbauziel von 300 bis 450 Gigawatt Photovoltaik erachten die Forscher vor diesem Hintergrund als plausibel. Setzt man sich dieses Ziel für 2040, bedeutet das einen jährlichen Zubau von 12 bis 20 Gigawatt Photovoltaikleistung.

Das Mega-Potenzial der Integration

Für diesen Ausbau werden Flächen benötigt. Neben der bereits mehrfach untersuchten Flächenkulisse auf Dächern und in der Freifläche zeigen die Forscher, welches Potenzial die Integration von PV-Modulen bietet. Flächenkonkurrenzen können so aufgebrochen werden: Integrierte Photovoltaik verbindet sich mit Landwirtschaft, schwimmt auf gefluteten Tagebauen, fügt sich in Gebäude- und Fahrzeughüllen, folgt Verkehrswegen oder bedeckt bereits versiegelte Flächen.

Konkret betrachten die Forscher das technische Potenzial der verschiedenen Ansätze. Ob und wie es tatsächlich genutzt wird, hängt jedoch von vielen Faktoren ab: dem Rechtsrahmen, den Kosten, der Akzeptanz oder ökologischen Restriktionen. Die Schätzungen zeigen, dass Deutschland mehr als genug Strom und Wärme aus Sonnenenergie gewinnen kann. Das Potenzial übersteigt den Bedarf um ein Vielfaches.

So wird beispielsweise das technische Potenzial der hochaufgeständerten Agri-PV auf 1.700 Gigawatt geschätzt, das der bodennahen Agri-PV auf 1.200 Gigawatt. Unter Agri-PV werden Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen beschrieben, bei denen die landwirtschaftliche Nutzung aber nicht aufgegeben, sondern parallel weitergeführt wird.

Schwimmende Solaranlagen auf gefluteten Seen in ehemaligen Braunkohletagebauen könnten 26 Gigawatt Leistung bereitstellen, zusätzlich bieten andere künstlichen Seen – zum Beispiel Kiesgruben – ein Potenzial von 18 Gigawatt.

Weitere solare Ausbaumöglichkeiten liegen in den Gebäuden – auf Dächern und Fassaden, aber auch in anderen bereits genutzten Flächen – Verkehrswegen, Lärmschutzwänden oder Überdachungen. Beispielsweise existieren bundesweit rund 360.000 Parkplätze mit einer Gesamtfläche von rund 47.000 Hektar. Das Flächenpotenzial allein aus dieser Nutzung geben die Forscher mit 284 Quadratkilometern an, was eine installierte Leistung von 59 Gigawatt ermöglichen würde.

Wärme aus Sonnenkraft nicht vergessen

Neben dem Potenzial des Solarstroms gilt es auch das der Solarthermie zu heben, der eine Schlüsselrolle für die Wärmewende zukommt. Von derzeit 10 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2020 auf mindestens 33 TWh  muss die solare Wärme laut der Studie ausgebaut werden. Das heißt auch, die Ausbaugeschwindigkeit mindestens zu verdreifachen. Preislich kann die Solarthermie ebenfalls mithalten. Mit steigenden Wirkungsgraden, technischer Weiterentwicklung und Wiederverwertbarkeit könnte Wärme unter passenden Bedingungen für zwei bis vier Cent pro Kilowattstunde bereitgestellt werden. Mit dem ausführlichen Kapitel zum Stand der Technologie, den Potenzialen des Ausbaus und der Wertschöpfung in diesem Segment, heben die Forscher die Solarthermie aus ihrem Nischen-Dasein. Zwar hat sie viele Befürworter, in den großen Energieszenarien wurde sie aber bisher wenig berücksichtigt.

Wie das Solarpotenzial erschlossen werden kann

Um den notwendigen beschleunigten Ausbau tatsächlich zu entfesseln, braucht es vor allem Vereinfachung. Die kleinteilige und sich kontinuierlich verändernde Regulierung schafft kein gutes Investitionsumfeld. Die Absenkung der Einspeisetarife für kleine PV-Anlagen hat dazu geführt, dass Anlagen mehr und mehr auf den Eigenverbrauch optimiert werden, weil sie nur dann wirtschaftlich betrieben werden können. So bleiben aber viele Flächen ungenutzt und viele Anlagen werden überhaupt nicht gebaut.

Agri-PV wird vor allem durch das landwirtschaftliche Beihilferecht gebremst. Werden Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet, verlieren die Landwirte die Direktzahlungen, weil in der Förderlogik diese Flächen dann nicht mehr als hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt gelten. Seen auf gefluteten Tagebauen oder Kiesgruben sollten im EEG von vornherein als Konversionsflächen eingestuft werden, da diese Flächen ja bereits eine vorherige Nutzung erfahren haben.

Eine technologieoffene Solarpflicht – also auch die alternative Nutzung von Solarthermie – sollte immer dann greifen, wenn neue Flächen versiegelt, versiegelte Flächen bebaut oder Bauwerke verändert werden und die Errichtung von Solaranlagen sinnvoll ist.

Dies sind nur einige der Stellschrauben, die die Studie aufführt. Sie liefert einen sehr detailreichen Leitfaden, wie Photovoltaik und Solarthermie von Hemmnissen befreit und neue Anreize gesetzt werden können. pf


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Kommentare

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Daniel Beringer 08.08.2021, 16:53:57

Ich versuche immer wieder in den Kommentarspalten der sog. Leitmedien (z.B. im Siegel-Online) auf diesen Stand der Technik hinzuweisen. Insbesondere wenn mal wieder irgendwelche "Schlaumeier" meinen, das sei alles utopisch und "Wir brauch Atom und Kohle" schreien. Keine Chance auf Veröffentlichung in der, ich schreibe diese Formulierung ja ungern, aber es ist halt offenbar leider doch so: Der korrupten Lügenpresse von SPIEGEL und Konsorten! Traurig!


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