Menü öffnen

Ärger mit BrüsselBundesregierung verpasst EU-Frist für Klimaplan

In Sachen Klimaschutz gehen EU-Kommission und Europäisches Parlament voran, einige Mitgliedsstaaten bremsen.
In Sachen Klimaschutz gehen EU-Kommission und Europäisches Parlament voran, einige Mitgliedsstaaten bremsen. (Foto: © European Union 2018 - Source : EP)

Zu wenig, zu langsam. So lässt sich die deutsche Klimapolitik aus EU-Sicht beschreiben. Vor fünf Wochen hätte Deutschland seinen Klimaplan bis 2030 bei der EU einreichen müssen. Das erste Dokument war mangelhaft. Nun erhöht Brüssel den Druck.

11.02.2020 – „Naming and shaming“ heißt die Methode, mit der die EU-Kommission den Druck auf die neun Staaten erhöhen will, die ihre nationalen Klimapläne noch nicht vorgelegt haben. Auf der Webseite der Kommission ist nachzulesen, wer seine Pläne eingereicht hat und wer noch nicht. Deutschlands Zeile ist leer, ebenso wie die von Bulgarien, Frankreich, Irland, Luxemburg, Rumänien, Slowenien und Spanien. Die Öffentlichkeit soll die Nachzügler anspornen, so das Kalkül in Brüssel.

Denn die Abgabe der Nationalen Energie- und Klimapläne für den Zeitraum von 2021 bis 2030 ist keineswegs freiwillig. Die letzte Frist endete am 31. Dezember 2019, so sehen es EU-Regeln vor. Die EU-Kommission ist wenig begeistert, schließlich ist es nicht die erste Verfehlung der Bundesregierung. Anfang des Jahres musste sie zugeben, dass derzeit elf Verfahren der EU gegen Deutschland laufen, weil die Regierung ihre Verpflichtungen nicht erfüllt.

Bereits der erste Entwurf war mangelhaft

Dass Deutschland und andere Staaten das Prestigeprojekt der neuen EU-Kommission behindern, ärgert insbesondere Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans, zuständig für den Green Deal. Unter diesem Stichwort soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden und die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten.

In einem Brief an die Bundesregierung mahnte Timmermans eine schnelle Rückmeldung zum Nationalen Energie- und Klimaplan an. Schon im Juni hatte Brüssel die vorliegenden Entwürfe der Staaten kritisiert. Zu wenig Klimaschutz und zu langsam, lautete das Urteil auch für Deutschland.

Die Bundesregierung wolle „schnellstmöglich“ ihren Klimaplan nach Brüssel schicken, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der Nachrichtenagentur dpa zufolge am Montag. Derzeit werde daran gearbeitet, den Bericht in Abstimmung mit anderen Ressorts fertigzustellen und zu übermitteln. Durch die Verhandlungen zum Kohleausstieg sei man in Verzug. Diese hatte die Bundesregierung über ein Jahr lang hingezogen.

Bundesregierung torpediert den Green Deal

Besonders Wirtschaftsminister Altmaier scheint kein großer Fan des Green Deal zu sein. Wie die Wochenzeitung Zeit berichtet, drängte er in einem Brief an die EU-Kommission, die Autoindustrie vom Green Deal auszunehmen. Die Kommission hatte vorgeschlagen, im kommenden Jahr zu überprüfen, ob die CO2-Flottengrenzwerte verschärft werden müssen, zwei Jahre früher als vorgesehen. Denn der Verkehrssektor und die Pkw-Emissionen sind eines der größten Sorgenkinder im Kampf gegen die Klimakrise. Dort sinken die Treibhausgasemissionen seit Jahren nicht, sie stagnieren oder steigen sogar an.

„Hier sollten wir aus Gründen der Planungssicherheit bis 2030 keine weiteren Änderungen vornehmen“, schrieb Altmaier an insgesamt sieben EU-Kommissare. Sein Argument: Die Grenzwerte hätten „jeden Spielraum für eine weitere Verschärfung praktisch ausgeschöpft“.

Der Bremsklotz Europas

„Dass sich die Bundesregierung öffentlich grundsätzlich für den Green Deal ausspricht, aber unter der Hand im konkreten die Lobbyarbeit der Automobilindustrie macht, ist ein Skandal“, kritisierte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. Deutschland müsse seine Rolle als Bremsklotz Europas schleunigst ablegen.

Besonders brisant ist: Die bestehenden EU-Klimaziele für 2030, die Deutschland nach bisheriger Lage wohl nicht erreichen wird, sind bereits veraltet. Sie gehen von einem Wert von 40 Prozent weniger Treibhausgase für die gesamte Union bis 2030 aus. Timmermans hat bereits angekündigt, dieses Ziel auf 50 bis 55 Prozent anzuheben. Dann wird auch die Bundesregierung noch mehr liefern müssen. cw


Mehr zum Thema


energiezukunft