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Klimaklage





StudieCO2-intensive Weltraumforschung

Ein Mann steht in einer Rohre vor einem golden leuchtenden flachen Gebilde.
Das James-Webb-Weltraumteleskop soll vom Weltraum aus neue und bessere Einblicke in die tiefen des Universums bieten. (Bild: NASA/MSFC/David Higginbotham, flickr, CC BY 2.0)

Astronomische Forschungseinrichtungen weltweit kommen zusammen auf einen CO2-Ausstoß von 20,3 Millionen Tonnen. Für wirksamen Klimaschutz müsste die Forschung entschleunigt werden.

23.03.2022 – Die Weltraumforschung liefert wichtige Erkenntnisse über unseren Planeten und die menschengemachte Klimakrise. Ohne das brasilianische nationale Institut für Weltraumforschung etwa, wäre der Kahlschlag im Amazonasgebiet nicht so deutlich sichtbar. Und von weiteren Satelliten sowie der Internationalen Raumstation ISS werden permanent die klimatischen Bedingungen auf der Erde gemessen und analysiert.

Auf der ISS selbst finden zudem vielfältige Forschungen und Experimente statt, die helfen können die Klimakrise einzudämmen. Die Europäische Weltraumagentur ESA erforscht des Weiteren, wie Solarstrom im Weltall erzeugt und Leitungsfrei zur Erde geschickt werden kann. Die Strahlungsintensität im Weltall und potenzieller Ertrag der Solarmodule ist im Weltall um ein vielfaches höher als auf der Erde. Doch noch ist die Energie aus dem Weltall ferne Zukunftsmusik.

36 Tonnen CO2 pro Kopf

Neben dem wissenschaftlichen Nutzen für den Klimaschutz, trägt die Astronomie jedoch auch ihren Teil zur Klimakrise bei. Ein Team um Jürgen Knödlseder, Astronom am Zentrum für Weltraum- und Strahlungsforschung in Toulouse, hat ermittelt, wie hoch der jährliche CO2-Ausstoß aller astronomischen Forschungseinrichtungen weltweit zusammen ist. Das Ergebnis: Die Arbeit der Forschungseinrichtungen verursacht 20,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente jährlich. Der österreichische Standard weist daraufhin, dass dies in etwa den jährlichen Treibhausgasbeitrag des Verkehrs in Österreich von 20,7 Millionen Tonnen ausmacht.

Das Ergebnis der Autor:innen der Studie beruht auf Schätzungen, die ihrer Ansicht nach eine Genauigkeit von 80 Prozent haben. An die 20 Prozent der gesamten CO2-Emissionen machen dabei berufsbedingte Flugreisen aus, die inzwischen vermehrt vermieden werden. Mindestens ein Drittel entfällt auf weltraumgestützte Missionen, wie etwa Entwicklung und Betrieb des James-Webb-Weltraumteleskops, wofür allein mindestens 300.000 Tonnen CO2-Äquivalente verbraucht wurden.

Auf alle aktiven Astronom:innen runtergerechnet, die an Projekten für Weltraumteleskope beteiligt sind, kommt jede Astronomin und jeder Astronom auf CO2-Emissionen von 36 Tonnen pro Jahr, nur für die Nutzung der Teleskope. Berufsbedingte Reisen, Büronutzung und vieles weitere ist da noch nicht eingerechnet. Zum Vergleich: der Durchschnittsdeutsche verbraucht 11,7 Tonnen Kohlendioxid im Jahr. Weltweit liegt jede und jeder einzelne bei etwa sieben Tonnen – alle Emissionen eingerechnet, die durch die Lebensweise eines einzelnen Menschen verbraucht werden.

Entschleunig nötig?

CO2-Einsparungen über die Vermeidung von Flugreisen hinaus, erweisen sich in der Weltraumforschung indes als schwierig. Kurzfristig wirksame Maßnahmen sehen die Autor:innen der Studie lediglich in einer deutlichen Entschleunigung der Forschung. Um den Emissionsverbrauch deutlich zu mildern, dürfte In der aktuellen CO2-intensiven Wirtschaftsweise der Aufbau weiterer Infrastruktur für die astronomische Forschung nicht mehr so schnell vonstattengehen. Man müsste mit dem Vorhandenen besser zurechtkommen, der Fortschritt der Forschung könnte dadurch leiden.

Die Autor:innen der Studie erklären, dass die heutige Geschwindigkeit beim Aufbau neuer Infrastruktur vor allem unserem Ideenreichtum und dem zur Verfügung stehenden Geldern zugrunde liegt. Sie plädieren dafür eine nachhaltige Sichtweise stärker ins Zentrum der Überlegungen zu stellen. Im Sinne des „Slow Science Movement“, könne eine entschleunigte Forschung auch helfen, Daten genauer zu prüfen und tiefergehender in den einzelnen Bereichen zu arbeiten. Auch könnten Gelder dafür eingesetzt werden existierende Infrastrukturen nachhaltiger zu gestalten. Sobald wir in ein Zeitalter einer klimaneutralen Wirtschaftsweise einsteigen, könnte auch die Entwicklung von Infrastrukturen wieder beschleunigt werden, so die Autor:innen. mf

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