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PermafrostFossile Altlasten, Schwermetalle und radioaktive Abfälle tauen mit auf

Eine Ölpipeline läuft durch die Wildnis von Alaska.
Über Jahrzehnte wurde Giftmüll in der Arktis entsorgt. Das Schmelzwasser aus tauenden Permafrostböden droht nun, weitreichende Gebiete zu verseuchen (Foto: Moritz Langer).

Der globale Temperaturanstieg lässt Permafrostböden im hohen Norden tauen. Das Schmelzwasser der vormals ewigen Eisschichten ist mit giftigen Schadstoffen aus industriellen Altlasten kontaminiert. Sie drohen, weite Gebiete der Arktis zu verseuchen.

08.04.2023 – Tauende Permafrostböden sind aus vielen Gründen ein ökologisches Problem. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), weisen in einer Studie nun auf eine in Klimafolgenanalysen bisher wenig beachtete Gefahr hin: Industrielle Giftstoffe, die bei der Eisschmelze mitfreigesetzt werden.

Der Boden taut weg

Die Forscher analysierten Daten zu Industriestandorten und Entsorgungsstätten in der Arktis. Sie fanden rund 4500 Industriestandorte, an denen gefährliche Stoffe gelagert werden. Zudem gebe es geschätzt zwischen 13.000 und 20.000 kontaminierte Standorte, an denen industrielle Altlasten gelagert werden.

Die Arktis erwärmt sich nach aktuellem Forschungsstand etwa zwei bis viermal so schnell wie die Erde im Durchschnitt. Die betroffenen Regionen sind zwar derzeit noch größtenteils von Permafrost durchzogen. Etwa 1100 Industriestandorte und 3500 bis 5200 Giftmülllager befinden sich jedoch in Gebieten, die bis Ende des Jahrhunderts auftauen werden.

Das Gift im Eis

Industrie-Anlagen, die auf Permafrostböden gebaut wurden, werden über kurz oder lang im tauenden Eis einsacken – und mit Ihnen große Mengen toxischer Substanzen. Neben Giften aus bestehenden Anlagen wurden in der Vergangenheit zudem industrielle Altlasten schlicht im Eis entsorgt, teils sogar gezielt.

Der Studie nach wird das Tauwasser mit giftigen Schlämmen verseucht sein. Der Giftmüll reicht von Abfällen aus der Öl- und Gasförderung, Chemikalien aus dem Bergbau bis zu Seen, in denen gezielt hochgiftige und teils radioaktive Schadstoffe entsorgt wurden.

Klimawandelfolgen berücksichtigen

Tatsächlich könnten noch weit mehr Regionen betroffen sein, warnt Moritz Langer, Mitautor der Studie in einer Pressemitteilung. Detaillierte Daten zu gelagerten und verklappten Substanzen lägen nur für Nordamerika vor, wo rund 40 Prozent der weltweiten Permafrostböden lägen. Für Russland wurde auf Medienberichte zurückgegriffen. Es sei also gut möglich, dass dort noch weit mehr Giftmüll lagere.

Zudem werden auch in Nordamerika weiter Industrieanlagen auf Permafrost errichtet. Ein Beispiel ist das in der Kritik stehende Ölförderprojekt Willow im Norden Alaskas. Der Konzern ConocoPhillips selbst erwartet, dass die fossile Infrastruktur auf dem tauenden Permafrost einsacken könnte. Deshalb soll der Boden gekühlt werden, solange die Infrastruktur zur Ölförderung gebraucht wird.

Die Forscher warnen davor, die Umweltbedrohung weiter zu ignorieren. Entsorgungs- und Sicherungsstrategien für die giftigen Substanzen, die veränderten Bedingungen in Folge des Klimawandels miteinbezögen, seien dringend erforderlich. jb


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