Menü öffnen

Atlantische StrömungenWenn der wichtigste globale Klimaregulator kollabiert

Luftaufnahme von Wellen des Atlantischen Ozeans an einer Küste
Der Atlantische Ozean an der französischen Küste: Kraft für gigantische Wellen und den Transport von Wärme über tausende Kilometer. Aber wie lange noch? (Foto von Guillaume Bassem auf Unsplash)

Auf der Nordhalbkugel würde es bis zu 30 Grad kälter werden, auf der Südhalbkugel deutlich wärmer als jetzt schon. Küstenstädte würden überflutet. Die Anzeichen für einen dramatischen Kipppunkt der atlantischen Strömungen verdichten sich.

13.02.2024 – Es ist der wesentlichste Bestandteil zur Regulierung der klimatischen Verhältnisse auf unserem Planeten. Die sogenannte Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC) sorgt zum einen für relativ mildes Wetter auf der Nordhalbkugel und zum anderen, dass sich die Südhalbkugel nicht zu stark erhitzt. Doch ein Team von Wissenschaftler:innen unter Leitung des Meeresforschers René van Westen von der Universität Utrecht in den Niederlanden, legte in einer neuen Studie nun Befunde vor, die einen Kollaps der AMOC sehr wahrscheinlich macht.

Einem Förderband gleich, transportiert die Strömung an der Wasseroberfläche sehr warmes und salzhaltiges Meereswasser gen Norden, was entscheidend für die relativ milden klimatischen Verhältnisse auf der Nordhalbkugel ist. Auf der Nordhalbkugel kühlt das Meereswasser ab, sinkt mit zunehmender Dichte ab und die Umwälzströmung transportiert das kühlere Wasser wieder zur Südhalbkugel, wo es einen kühlenden Effekt auf das Klima hat. Die allgemein bekannte Bezeichnung „Golfstrom“ ist dabei nur ein Teil der AMOC.

Die Umwälzströmungen der Meere sind seit Jahrzehnten Teil intensiver Untersuchungen. Seit den 2010er Jahren verdichten sich die Hinweise auf eine Abschwächung der AMOC. 2018 veröffentlichten Forscher:innen des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Ergebnisse, wonach sich die Strömung seit Mitte des 20. Jahrhunderts um 15 Prozent abgeschwächt hat. Im Verdacht: der Klimawandel.

2021 bestätigten Wissenschaftler:innen des PIK, dass die Abschwächung Folge der Süßwasserzufuhr durch schmelzendes Eis in der Arktis ist. Süßwasser ist leichter als Salzwasser und verringert die Tendenz des Wassers im Nordatlantik, von der Oberfläche in größere Tiefen abzusinken – was die Umwälzung eigentlich antreibt. In wie weit dieser Prozess die AMOC zum Erliegen bringen könnte, vermochten die PIK-Forscher:innen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht zu sagen.

Dass der Kipppunkt eintreten kann, ist nun belegt

Letzten Sommer erschien eine Studie, die ein Kollabieren der AMOC bereits für Mitte des Jahrhunderts annahm. Forscher:innen weltweit sahen die Datenlage dieser Studie aber als zu dünn an. Die nun vorgelegte Studie von René van Westen und seinem Team hingegen stützt sich hingegen auf ankerkannte und komplexe Computersimulationen. Der Zeitpunkt des sogenannten Kipppunktes – wenn die Strömung versiegt – sei zwar unklar, aber das ein solches Ereignis eintreten könne, würden die Daten klar belegen, so die Forscher:innen in der Studie, über die unter anderem der Guardian berichtete.

Die Forscher:innen maßen unter anderem den Salzgehalt im südlichen Teil des Atlantiks und stellten davon ausgehend Computersimulationen zu dessen Rückgang an. „Was uns überrascht hat, war die Schnelligkeit, mit der ein solcher Kipppunkt erreicht wird“, sagte van Westen aus den Erkenntnissen der Computersimulationen folgend. „Es wird verheerend sein.“ Innerhalb eines Jahrhunderts könnten die Temperaturen dann in einigen Teilen Europas um bis zu 30 Grad sinken.

Schon innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten würden völlig veränderte klimatische Verhältnisse die Folge sein. Auch gebe es weniger Niederschläge. Auf der Südhalbkugel hingegen würde es deutlich wärmer werden und Regen- und Trockenzeiten würden sich umkehren. Allein durch den Zusammenbruch der AMOC würde der Meeresspiegel um einen Meter ansteigen und viele Küstenstädte überschwemmen.

Verglichen mit den aktuellen Trends der globalen Erwärmung, würden Veränderungen zehnmal schneller erfolgen. Eine Anpassung von Mensch und Natur wäre so gut wie unmöglich. „Wir bewegen uns genau auf dieses Szenario zu. Das ist das Erschreckende“, so van Westen. „Wir müssen den Klimawandel viel ernster nehmen.“ mg


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft