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Verkehrsminister WissingAm Klimaschutz vorbei geplant

Ein Mann im Anzug sitzt vor einer grauen Wand
Bundesverkehrsminister verkündete zu Beginn seiner Amtszeit den Schienenverkehr besonders zu stärken. Von den Ankündigungen scheint nicht viel übrig zu sein. (Bild: Olaf Kosinsky (kosinsky.eu) Licence: CC BY-SA 3.0-de)

Drastische Einsparungen bei Bahnprojekten, deutlich mehr Geld für E-Autos – Pläne aus dem Verkehrsministerium für die Mobilitätswende helfen nicht, die immense Klimalücke im Verkehr zu schließen.

10.05.2022 – Insgesamt 148 Millionen Tonnen CO-Äquivalente und damit 1,2 Prozent mehr als 2020 wurden im Verkehrssektor 2021 ausgestoßen, so die offiziellen Zahlen des Umweltbundesamtes vom März. In den vergangenen Jahren stieg der Kohlendioxidausstoß im Verkehrssektor immer weiter an, anstatt, wie in anderen Bereichen und für den Klimaschutz nötig, zu sinken. Laut deutschem Klimaschutzgesetz müssen, bei Verfehlungen in den jeweiligen Sektoren, die zuständigen Ministerien Maßnahmen vorlegen, wie sie die für die Klimaziele nötigen Vorgaben zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes künftig einhalten wollen.

Diese Maßnahmen hat das Bundesverkehrsministerium Regierungsgutachter:innen mehrerer unabhängiger Forschungsinstitute sowie Beamt:innen des für die Einhaltung von Klimaschutzvorgaben zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) vorgelegt. Mit vernichtenden Urteilen, wie das Handelsblatt berichtet, denen die Gutachten vorliegen. Die 53 Maßnahmen würden sehr teuer werden und höchstens zu einer Einsparung von 112 Millionen Tonnen führen. Die Lücke zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030 im Verkehrssektor würde 159,5 Millionen Tonnen betragen. Die Sektoren Energie, Industrie, Landwirtschaft und Landnutzung hingegen würden mit den vorliegenden Plänen der jeweiligen Ministerien ihre Klimaziele übererfüllen. Lediglich im Gebäudesektor besteht noch Nachholbedarf mit einer Verfehlung von 20,5 Tonnen CO2.

Eine besonders eklatante Lücke zwischen Kosten und Nutzen sehen die unabhängigen Wissenschaftler:innen und Regierungsbeamt:innen aus dem BMWK in den Plänen für weitere milliardenschwere Zuschüsse für Elektroautos. Die Kaufprämie für reine E-Autos soll bis 2027 verlängert und deutlich erhöht werden. Für ein 40.000 Euro teures Auto soll es künftig etwa 10.800 Euro vom Staat, statt bislang 6.000 Euro geben. Dazu kommen etwa 3.000 Euro an Zuschuss vom Hersteller. Für die volle Förderung sollen die Käufer:innen zudem ihren Verbrenner verschrotten, wenn dieser älter als elf Jahre alt ist. Die Zuschüsse für umstrittene Hybrid-Fahrzeuge sollen zwar halbiert werden, aber noch bis 2024 weiterlaufen.

Kostenloses Tempolimit würde deutlich mehr bringen

Die Gutachter:innen rechnen bei der Förderung von E-Autos mit Kosten von 73 Milliarden Euro bis 2027. Die CO2-Einsparung wäre im Vergleich gering. Lediglich vier Millionen Tonnen Kohlendioxid könnten laut den Expert:innen dadurch eingespart werden. Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe weist auf ein deutliches Missverhältnis hin: „Mehr als das Doppelte, nämlich 9,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, würde ein Tempolimit 100/80/30 bringen – und das kostenlos. Der Minister (Volker Wissing d. Red.) tut das Falsche und verhindert alles, was richtig wäre.“ Resch weist damit auf die Forderung nach Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen und 30 innerorts hin, dass Millionen Tonnen CO2 einsparen und den Ölverbrauch deutlich senken würde.

Bei vielen weiteren Maßnahmen halten die Gutachter:innen deren Wirksamkeiten für „zu optimistisch“, wie das Handelsblatt zitiert. Wie etwa die Annahme, dass Fluggesellschaften bis 2030 klimaneutral fliegen und damit zum Klimaschutz beitragen werden. Stattdessen sollte die Bahn so ausgebaut werden, dass Kurzstreckenflüge überflüssig werden. Doch genau dafür könnte es an zu wenig Geld aus dem Bundesverkehrsministerium fehlen. Denn die Haushaltsplanung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht bislang konstant 2,2 Milliarden Euro pro Jahr für Aus- und Neubauprojekte der Deutschen Bahn vor. Eine jährliche Summe, die Beamt:innen im Verkehrsministerium selbst als deutlich zu niedrig erachten.

Das geht aus internen Vermerken hervor, die dem Spiegel vorliegen. Bei der Schieneninfrastruktur werde es in den kommenden Jahren einen »dramatisch wachsenden Investitionsstau« geben, so die Ministeriumsbeamt:innen. Denn der Bedarfsplan Schiene sei »dramatisch« unterfinanziert. Der tatsächliche jährliche Finanzierungsbedarf liege bei sechs Milliarden Euro. Als Folge der Unterfinanzierung würden wichtige Vorhaben „on hold“ gestellt. So sei etwa der versprochene Deutschlandtakt, mit halbstündigen Verbindungen zwischen Großstädten, schwierig umsetzbar. Auch ein Umstieg von Gütern auf die Schiene sei so nicht durchsetzbar, wie der Güterbahnenverband Netzwerk Europäischer Eisenbahnen schreibt. Auch hier würden Klimaschutzmaßnahmen Wissings vor allem dem Lkw-Sektor helfen und nur einen kleinen Beitrag zur CO2-Minderung leisten. Ein Güterzug transportiert dagegen, laut Berechnungen des Umweltbundesamtes, im Vergleich zum Lkw Waren pro Tonne und Kilometer mit einem Siebtel des CO2-Ausstoßes.

Am Dienstag Morgen dementierte Volker Wissing im Deutschlandfunk die Berichte über eine Abwrackprämie und höhere E-Mobilitätsprämie. Die Berichterstattung des Handelsblattes könne er sich nicht erklären. mf


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