Menü öffnen

EnergiewirtschaftsrechtNächstes großes Gesetzesvorhaben für den Energiemarkt

Im Inneren eine großen Batteriespeichers mit vielen kleinen Einheiten
Netzbetreiber sollen grundsätzlich keine Speicher errichten oder betreiben, um den fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Ausnahmen sind detailliert geregelt. (Foto: Enyavar auf Wikipedia / CC BY-SA 4.0)

Die Regierung hat eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorgeschlagen. Speicher- und Netzbetrieb werden entflochten, Stromtarife transparenter gemacht und Wasserstoff- und Gasnetze zukünftig getrennt reguliert.

15.02.2021 – Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts setzt die Bundesregierung eine EU-Richtlinie von 2019 um. Transparenz und Verbraucherrechte sollen gestärkt und ein gesetzlicher Rahmen für die Integration von Speichern im Energiemarkt geschaffen werden.  Zudem hat die Regierung eine Position zur Regulierung der zukünftigen Wasserstoff-Infrastruktur erarbeitet. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf am 10. Februar 2021 veröffentlicht, nun geht er ins parlamentarische Verfahren. Wie schon beim EEG 2021 gibt es Licht- und Schattenseiten.

Die EU-Richtlinie 2019/944 verpflichtet die Mitgliedsstaaten, Hemmnisse abzubauen, die Verbraucher daran hindern, Elektrizität selbst zu erzeugen, zu verbrauchen, zu speichern oder zu vermarkten. Die Verteilnetzbetreiber sollen Strom aus erneuerbaren Quellen und neue Lasten wie zum Beispiel aus Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen kosteneffizient integrieren. Sowohl Netzbetreiber als auch Übertragungsnetzbetreiber sollen nicht Eigentümer von Energiespeicheranlagen sein und solche Anlagen auch nicht errichten, verwalten oder betreiben. Zu letzterem sind Ausnahmen möglich, die aber eng definiert sind. All diese Vorgaben sollen nun mit der Gesetzesnovelle erfüllt werden.

Die Entflechtung von Netzbetrieb und Energiespeicherung und die Stärkung von Verbraucherrechten wird vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) begrüßt. Präsidentin Simone Peter kommentiert: „Die Netzbetreiber sollen sich auf ihre grundständigen Aufgaben beschränken. Es ist daher zu begrüßen, dass in dem Gesetzentwurf eine klare Trennung zwischen Netzbetrieb und der Errichtung und dem Betrieb von Ladepunkten und Energiespeicheranlagen festgelegt wird. Alles was von diesem Grundsatz abweiche, solle sich auf klar definierte, zeitlich begrenzte Ausnahmen beschränken.

Bürgerenergie bleibt weiter außen vor

Eine zentrale Leerstelle beklagt der BEE im Bereich der Bürgerenergie. Obwohl die Erneuerbare Energien-Richtlinie II (RED II) die Schaffung eines Rechtsrahmens für Bürgerenergiegemeinschaften in den nationalen Gesetzgebungen vorsieht, gibt es im EnWG-Entwurf keine Regelungen, durch die Verbraucher angereizt werden, Bürgerenergiegesellschaften zu gründen oder sich darin zu engagieren.

„Die Bundesregierung muss an dieser Stelle dringend nachbessern und eine neue Form der Stromvermarktung schaffen, die getrennt von der klassischen Versorger-Endkunden-Stromlieferung zu verstehen ist. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) muss hier sinnvoll mit dem EnWG zusammenwirken, um einen angemessenen Rahmen für das Energy Sharing und damit mehr Bürgerengagement zu schaffen“, fordert Peter.

Speicherdefinition der EU übernehmen

Auf eine Definition von Energiespeichern hatte die Branche lange gewartet, denn die Doppelbelastung mit Abgaben und Umlagen soll ein Ende haben, da Speicher bisher als Verbraucher und Erzeuger von Energie die jeweiligen Abgaben zahlen müssen. Diese Doppelbelastung ist ein Hemmnis, deren Abschaffung die EU-Richtlinie fordert.

Die EU-Richtlinie enthält eine Begriffsbestimmung zu Energiespeichern, der Gesetzentwurf der Regierung weicht davon ab. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht die Gefahr der Doppelbelastung mit der Definition im Gesetzentwurf nicht gebannt. Er fordert, die Definitionen aus der EU-Richtlinie zu übernehmen.

EU-seitig wird als Energiespeicherung zunächst die Verschiebung der endgültigen Nutzung elektrischer Energie auf einen späteren Zeitpunkt definiert und die dafür notwendige Umwandlung, Speicherung und Rückumwandlung in die Definition eingeschlossen. Energiespeicheranlagen sind demzufolge Anlagen, in denen Energiespeicherung erfolgt.

Im Gesetzentwurf der Bundesregierung liest sich die Definition so: Energiespeicheranlagen sind Anlagen, die elektrische Energie zum Zwecke der elektrischen, chemischen, mechanischen oder physikalischen Zwischenspeicherung verbrauchen und als elektrische Energie erzeugen oder in einer anderen Energieform wieder abgeben.

Wasserstoffnetze nicht auf Kosten der Verbraucher

Die Gesetzesnovelle beinhaltet auch Regeln zum Aufbau von Wasserstoffnetzen. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderen vor, dass die Finanzierung der Wasserstoffnetze nicht über die Netzentgelte der Erdgasnetze erfolgen soll. Damit wäre eine Querfinanzierung der Wasserstoffinfrastruktur durch private Verbraucher ausgeschlossen.

Zudem soll der Betrieb von Wasserstoffnetzen von anderen Tätigkeiten der Energieversorgung entflochten werden und Betreiber von Wasserstoffnetzen müssen anderen Unternehmen den Zugang zu ihren Netzen gewähren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt diesen Weg. Er stärke den Wettbewerb und schützt Verbraucher davor, über Netzentgelte den Aufbau einer teuren Infrastruktur für die Industrie zu finanzieren. Der Verband hatte bereits im Oktober ein entsprechendes Positionspapier veröffentlicht.

Bei den Verbänden der Gasnetzbetreiber kommt die Trennung von Gas- und Wasserstoffnetz dagegen nicht gut an. Nach Meinung des BDEW verhindere die zweigleisige Regulierung eine aufeinander abgestimmte Entwicklung von Gas- und Wasserstoffnetzen und biete keinen verlässlichen Rahmen für Investoren und Marktteilnehmer. Auch der Verband kommunaler Unternehmen sieht in dem jetzigen Konstrukt den falschen Weg. Er wollte den Gasbegriff auf Wasserstoff und Biogas erweitern und dann die bestehende Regulierung der Erdgasnetze auf die zukünftigen Wasserstoffnetze übertragen. Das hätte die Abhängigkeit von Erdgas auf Jahrzehnte festgeschrieben.

Regeln zur Stromkennzeichnung und dynamische Stromtarife

Der Gesetzentwurf verpflichtet Stromanbieter, in ihren Rechnungen an Endverbraucher die Herkunft des Stromes transparenter zu machen. Das wird vor allem von Ökostromanbietern positiv gesehen. „Kein Anbieter kann sich dann mehr mit fiktivem EEG-Strom grünwaschen,” erklärt Peter Ugolini-Schmidt, Energiepolitischer Sprecher der Elektrizitätswerke Schönau (EWS).

Bei der Vorstellung der Novelle hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die zukünftig angebotenen dynamischen Stromtarife besonders hervorgehoben: „Dynamische Stromtarife werden mit steigender E-Mobilität eine wachsende Bedeutung erhalten. So kann es für Verbraucher zum Beispiel günstiger sein, das Elektroauto nachts zu laden statt kurz nach Feierabend.“ Der vzbv kritisiert, dass nur Stromlieferanten ab 200.000 Kunden dynamische Stromtarife anbieten müssen. Kunden, die ihre Zähler selbst ablesen, erhalten zugleich keine Kostenvorteile.

Der Gesetzentwurf sieht viele weitere Änderungen vor. So sollen zum Beispiel die Netzentgelte transparenter gemacht werden und es sind Änderungen bei der Planungsverantwortung und Erklärungspflichten zu Netzentwicklungsplänen vorgesehen.

Die Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen, Ingrid Nestle, äußert sich enttäuscht über die Reform des Gesetzes. Der große Wurf zur Novellierung des Strommarktes sei nicht gelungen. Zudem bleibe die Bundesregierung weiterhin eine klare Antwort zur Zertifizierung von echtem grünem Wasserstoff schuldig. pf


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft