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VerbraucherschutzNetze für Wasserstoff nicht vorschnell gesetzlich regeln

Zwei Technicker überprüfen Wasserstoffleitung
Die Mitteldeutsche Gasgesellschaft unterhält im Rahmen eines Forschungsprojektes ein reines Wasserstoffnetz. Aber auch die bestehenden Ferngasleitungen könnten für den Transport von Wasserstoff umfunktioniert werden. (Foto: Mitnetz Gas)

Die Kosten für eine Wasserstoff-Infrastruktur dürfen nicht auf private Verbraucher abgewälzt, ein mögliches künftiges Netz nicht übereilt reguliert werden. Diese Forderungen stellt der Bundesverband der Verbraucherzentralen in einem Positionspapier.

13.10.2020 – Die große öffentliche Aufmerksamkeit zum Thema Wasserstoff darf nicht dazu führen, dass ein teures Wasserstoffnetz in Deutschland vorschnell errichtet wird. Wie ein solches Netz aufgebaut und finanziert wird, muss sich nach Bedarf und verfügbaren Mengen richten. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat in einem Positionspapier dazu Stellung bezogen. Anlass sind die im Zusammenhang mit der Wasserstoffstrategie diskutierten Überlegungen, schnell ein bundesweites Wasserstoffnetz zu errichten und noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesrahmen dafür zu schaffen.

In seiner Argumentation verweist der vzbv darauf, dass die verfügbaren Mengen Wind- und Solarstrom für die Herstellung von grünem Wasserstoff bis auf weiteres sehr begrenzt sind, die Frage nach Importen von grünem Wasserstoff aus Drittstaaten ist bisher unbeantwortet. Darüber hinaus besteht der Bedarf an Wasserstoff vor allem in der Industrie und einigen Anwendungen im Verkehrsbereich. Für privaten Verbraucher spielt Wasserstoff in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Rolle.

Die kurzfristige Regulierung eines möglichen künftigen Wasserstoffnetzes ist daher aus Sicht des vzbv nicht erforderlich und sollte auch nicht übereilt erfolgen. Zunächst sollten offene Fragen auf der Grundlage einer soliden Datenbasis geklärt werden.

Übertriebene Euphorie vermeiden

Den von der Bundesregierung angestoßenen Diskussionsprozess sieht der vzbv positiv. Es sei richtig, mögliche Importoptionen für Wasserstoff zu prüfen, aber übertriebene Euphorie gelte es zu vermeiden. Die Infrastruktur für die Produktion von Wasserstoff sowie eines Wasserstoffnetzes muss an den Ressourcen ausgerichtet werden, insbesondere an den zur Verfügung stehenden Mengen Wind- und Solarstrom.

Die begrenzte Menge an grünem Wasserstoff sollte darüber hinaus so effizient und kostengünstig wie möglich eingesetzt werden, etwa in der Stahl- und Chemieindustrie oder bei Verkehrsträgern mit geringem Elektrifizierungspotential. Grünstrom, der direkt verbraucht werden kann, soll nicht zur Herstellung von Wasserstoff verwendet werden. Die Kosten für Elektrolyseure und Wasserstoffnetze sollen vollständig von den Akteuren getragen werden, die den Wasserstoff verbrauchen. Zudem sollen Herstellung und Netze vollständig wirtschaftlich entflochten werden.

Wasserstoffnetze nicht auf Kosten der Verbraucher

Die Verbraucherschützer erklären deutlich, was es zu vermeiden gilt. Private Verbraucher sollen nicht an den Kosten für Elektrolyseure über die besondere Ausgleichsregelung der EEG-Umlage beteiligt werden. Energieintensive Betriebe können nach dieser Regel von der Zahlung der EEG-Umlage befreit werden, was auch für Elektrolyseure geplant ist.

Auch sollen die Netze nicht über allgemeine Netzentgelte finanziert werden, denn auch in diesem Fall zahlen private Verbraucher mit. Es besteht kein Handlungsbedarf, Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsgesetz noch in dieser Legislaturperiode umfassend zu regulieren. Deshalb lehnt der vzbv diese Bestrebungen ab. Netz- und Marktregulierungen für Wasserstoff sollten Schritt für Schritt und im Zusammenhang der auch tatsächlich umgesetzten Entwicklung der Netze eingeführt werden.
Dazu gehören aktuell zum Beispiel die Vermeidung der Abregelung von Windkraftanlagen und die Nutzung von Überschussstrom für die Herstellung von Wasserstoff. Privaten Verbrauchern sollen zudem keine Nachteile aus Umwidmungen von Erdgas- in Wasserstoffleitungen entstehen.

Gasleitungsbetreiber drängen auf Regulierung

Für die Betreiber der Gas-Fernleitungen und ihres Verbandes FNB Gas jedoch sind regulierte Wasserstoffnetze die Grundvoraussetzung für das Entstehen eines wettbewerblichen Wasserstoffmarktes. Sie sehen in den Gaskunden von heute die Wasserstoffkunden von morgen. So formulierte es Ralph Bahke, Vorstand des FNB Gas gegenüber dem Handelsblatt. Deshalb sei es richtig, wenn die Kosten der Transformation auch von allen Gasnutzern getragen würden.

Gegenwind kommt nicht nur von den Verbraucherschützern, sondern auch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sie warnt ebenfalls vor einem vorschnell regulierten Netz. „Grüner Wasserstoff wird ein rares Gut sein und nur in bestimmten Sektoren zur Anwendung kommen. Heizen und Pkw gehören nicht dazu. Eine Umlage der Kosten auf alle jetzigen Gasverbraucher ist keinesfalls gerechtfertigt“, argumentiert Nadine Bethge von der DUH.

Die Initiative der Erdgasspeicher (Ines) schlägt einen adaptiven Ansatz vor, sieht also auch keinen Bedarf in einer schnellen Regulierung. Vielmehr soll sich die Regulierung schrittweise der Entwicklung des Wasserstoffmarktes anpassen.

Die Bundesnetzagentur hatte im Juli 2020 eine Bestandsaufnahme veröffentlicht, die der Ausgangspunkt für weitere Beratungen zur Regulierung einer Wasserstoffinfrastruktur dient. Derzeit prüft die Behörde die im Rahmen einer Marktkonsultation eingegangenen Stellungnahmen aus Industrie, Verbänden und Netzbetreibern. pf


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