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Feinstaub und StickoxideEuropäer leiden weiter unter schlechter Luft

Satellitenbild von Bergen und einer Landschaft davor, die grau verschleiert ist.
Eine Mischung aus Nebel und Smog hängt über der Po-Ebene in Norditalien – aufgenommen am 01. März 2019, von einem Satelliten der European Space Agency. (Bild: European Space Agency, flickr, CC BY-SA 2.0)  

Bisherige Maßnahmen gegen Luftverschmutzung reichen nicht aus. Feinstaub und Stickoxide stellen noch immer Probleme für die Gesundheit vieler Europäer dar. Besonders schlimm ist es in Norditalien.

06.04.2022 – Die Coronapandemie und daraus folgender Rückgang des Verkehrs in Europa, brachte nur geringfügige Verbesserungen für die Luftqualität in Europa, wie aus einer Analyse der Europäischen Umweltagentur (EEA) hervorgeht. Im April 2020, während des ersten Lockdowns, dort wo die Maßnahmen besonders streng waren, fielen die Stickstoffdioxidkonzentrationen (NO2) um 70 Prozent. Für das gesamte Jahr ging die NO2-Konzentration in den Städten Frankreichs, Italiens und Spaniens um 25 Prozent zurück, im ländlichen Raum um 17 Prozent. Doch auch das reichte nicht, Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einzuhalten, deren Überschreitung als gesundheitsschädlich eingestuft wird.

In Städten in Italien und Deutschland, aber auch in Spanien, Frankreich und weiteren europäischen Ländern wurden die Grenzwerte der WHO 2020 weiter überschritten, und dass trotz strengerer Maßnahmen, wie Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge, die besonders viel NO2 ausstoßen. 89 Prozent der europäischen Stadtbevölkerung war der Analyse der EEA zufolge 2020 Stickoxidkonzentrationen ausgesetzt, die laut Richtlinien der WHO gesundheitsschädlich sind. Seit vergangenem Sommer gelten deutlich strengere Luftqualitätsstandards, die dem wissenschaftlichen Fortschritt angepasst wurden. Für Feinstaub gelten Grenzwerte mit nur noch halb so hohen Konzentrationen wie bislang.

Im Detail bedeutet das für größere Feinstaubpartikel (PM10) ein jährliches Mittel von 15 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3). Die Vorgaben der EU selbst sind weitaus schwacher und liegen bei einem Grenzwert von 40 µg/m3. Genauso verhält es sich bei kleineren Feinstaubpartikeln (PM2.5). Dort gilt ein WHO-Grenzwert von fünf µg/m3.Der vorgegebene Grenzwert der EU liegt bei 25 µg/m3. Die bis zu einer gesundheitsschädigenden Belastung maximale Konzentration von Stickoxiden wurde von der WHO um ein Viertel gesenkt und liegt inzwischen bei einem jährlichen Mittel von zehn µg/m3. Der Grenzwert der Europäischen Union liegt hier bei 40 µg/m3.

Strengere EU-Grenzwerte nötig

Expert:innen fordern die EU-Grenzwerte deutlich abzusenken. Das würde Länder und Kommunen zwingen stärkere Maßnahmen zu ergreifen. Bei kleineren Feinstaubpartikeln etwa, wurden 2020, EU-Richtlinien folgend, nur aus sechs Ländern und zwei Prozent aller Messstationen gesundheitsschädliche Werte gemeldet. Folgt man den WHO Grenzwerten, gab es in 33 europäischen Ländern eine Überschreitung und von 92 Prozent der Messstationen. Besonders gesundheitsschädlich sind die Werte in manchen osteuropäischen Ländern, dort wo Festbrennstoffe wie Kohle noch immer direkt in Haushalten zum Heizen verbrannt wird, ebenso wie für industrielle Prozesse.

Mit besonders hohen Feinstaubkonzentrationen hat auch die Po-Ebene in Norditalien zu kämpfen. Dort wird ebenso in vielen Haushalten mit Kohle geheizt und die Region ist industriell geprägt. Dazu kommen viele Städte mit einer hohen Autodichte, was zusätzlich für hohe Stickstoffdioxidkonzentrationen sorgt. Anders als in anderen Regionen, entweicht die Luft nur schwer aus der Po-Ebene. Vor den Alpen staut sich die Luft. Besonders im Winter hält sich Nebel mitunter wochenlang über der Region. Inversionswetterlagen, bei denen die oberen Luftschichten wärmer als die unteren sind, tragen zusätzlich dazu bei, dass sich Luftmassen nur schwerfällig bewegen. Smog über den Städten ist im Winter mitunter ein dauerhaftes Problem.

2020 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Italien über Jahre zu hohe Feinstaubkonzentrationen aufwies und zu wenig Maßnahmen dagegen ergriffen habe. Norditalienische Städte dominieren die Top-Ten der europäischen Metropolen hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Kosten pro Einwohner – zurückzuführen auf die hohe Luftverschmutzung. Mailand liegt hier auf einem unrühmlichen zweiten Platz. Immerhin wurde in der Metropole inzwischen im Zentrum Tempo 30 eingeführt und im Zuge der Corona-Pandemie 35 Kilometer Pop-up-Radwege geschaffen. Bis 2035 will die Stadt ein 750 km langes Radnetz schaffen. Zudem wird die Busflotte des öffentlichen Nahverkehrs weiter elektrifiziert. Maßnahmen, die für die Gesundheit der Bevölkerung schon bald Wirkung zeigen müssen. mf


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Stephan Geue 07.04.2022, 20:07:18

Vermutlich ist eher gemeint, dass die Emissionsgrenzwerte nicht anzuheben, sondern abzusenken sind.

Petra Franke / Redakteurin energiezukunft 08.04.2022, 09:02:03

Ja, sie haben recht, strengere Grenzwerte bedeuten ein Absenken der Grenzwerte. Wir haben das jetzt korrigiert.


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