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Große BiomassekraftwerkeFragwürdige Zerstörung von Ökosystemen

Elefanten in einer Buschlandschaft in Namibia
Der Etohsa-Nationalpark wird weiterhin geschützt. Doch anderswo könnte der starke menschliche Eingriff in das Ökosystem des Buschlandes von Namibia erhebliche Probleme bereiten. (Photo by Eelco Böhtlingk on Unsplash)  

Laut einer Studie könnten Kohlemeiler kostengünstig zu Biomassekraftwerken umgerüstet werden. Die Bundesregierung erarbeitet ein Förderprogramm. Doch die umgerüsteten Kraftwerke laufen Gefahr mit Holz aus intakten Ökosystemen befeuert zu werden.

07.04.2021 – Im Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung ist festgeschrieben Kohlekraftwerke umzurüsten und diesen Umstieg staatlich zu fördern. Neben der von Klimaschützern und Experten kritisierten Umrüstung auf Gas steht auch der Umbau zu Biomassekraftwerken auf der Agenda der Verantwortlichen.

Betrachtet man allein den CO2-Ausstoß der Kraftwerke, ist die Umstellung auf Biomasse durchaus sinnvoll. So wurde in Dänemark ein Heizkraftwerk 2016 für 175 Millionen Euro vollständig von Kohle auf Biomasse umgerüstet und spart seitdem 310.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Das Kraftwerk wird von der dänischen Regierung mit einer Prämie von etwa 2 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) gefördert.

Noch arbeitet die Bundesregierung an einem Förderprogramm. Im Bundeswirtschaftsministerium entwickelt, soll es um Fördergelder von einer Milliarde Euro gehen – für die Umrüstung auf Gas und Biomasse. Dazu kommen bestehende Fördermöglichkeiten für Biomasse-Strom über das Erneuerbare-Energien-Gesetz – kurz EEG.

Günstiger Förderbedarf

Im Auftrag der drei Energieversorger und Kraftwerksbetreiber EnBW, Onyx-Power Germany und die Enviva Management Germany hat das Energieberatungsunternehmen Enervis Energy Advisors nun eine Studie veröffentlicht, in der bei einer Laufzeit von zehn Jahren ein voraussichtlicher Förderbedarf von durchschnittlich 3,7 ct/kWh ermittelt wurde.

Dabei könnte sich die Förderung an einem ermittelten Referenzpreis für Stromgestehungskosten umgerüsteter Anlagen von 10,5 bis 12 ct/kWh orientieren. Liegt der Börsenstrompreis darunter, wird die Differenz als Förderung ausgezahlt, liegt er darüber, muss die Differenz zurückgezahlt werden. Eine steigende CO2-Bepreisung könnte den Förderbedarf immer weiter senken. Laut enervis seien Umstellungen dieser Art technisch vergleichsweise zügig und kostengünstig realisierbar.

Fragwürdige Rohstoffverwendung

Doch die umgerüsteten Biomassekraftwerke brauchen viel Energie. Die Umweltschutzorganisation Robin Wood kritisiert, dass solche Großkraftwerke voraussichtlich zu einem wesentlichen Teil mit abgeholzten Bäumen befeuert werden. Dabei verweist sie auf die Pläne das Heizkraftwerk Tiefstack in Hamburg umzurüsten und dafür Holz aus Namibia zu importieren.

Der Hamburger Senat, die GIZ – Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit – und namibische Projektierer sowie eine NGO befürworten das Projekt. Es gehe um die Nutzung von Busch-Biomasse, die für die Landwirtschaft und Erhalt des Grundwasserspiegels ohnehin abgeholzt werden müsse. Langfristig würde auf freiwerdenden Flächen, durch nachwachsende Vegetation, sogar mehr Kohlenstoff gebunden, als durch Transport und Verbrennung ausgestoßen werde.

Doch Robin Wood sowie andere deutsche und namibische Umweltorganisationen warnen, vor einer industriellen Abholzung von Namibias größter Kohlenstoffsenke. Das GIZ-Projekt "Nutzung von Buschbiomasse" propagiere demnach die Abholzung auf einer Fläche von 30 Millionen Hektar, was der Landesfläche Italiens entspricht.

Fehlgeleitetes Geld

Bezüglich der angedachten Fördersummen aus dem Bundeswirtschaftsministerium sagt Ute Bertrand, Pressesprecherin von Robin Wood gegenüber energiezukunft: „Aus Sicht von Robin Wood ist das fehlgeleitetes Geld, weil wir nicht wollen, dass insbesondere Holz wie aus Namibia in Großkraftwerken verheizt wird. Wir halten die industrielle Nutzung in so großem Maßstab für nicht klimafreundlich und auch nicht förderungswürdig.“

Vielmehr müsse es darum gehen eine ökologische Waldnutzung zu fördern. Totholz etwa sollte auch im Wald bleiben. „Wenn schon ein wertvoller Stoff wie Holz genutzt wird, dann auf jeden Fall für die langlebige Nutzung“, so Bertrand. Lediglich bei Abfallprodukten aus Holz könne man eine Verbrennung in Erwägung ziehen – hierbei müssten jedoch mögliche Zusatzstoffe auf dem Holz gefiltert werden. Neben Altholz bieten sich für die klima- und umweltfreundliche Verbrennung in Biomassekraftwerken unter anderem Biomüll und andere Abfallprodukte aus Textilien und Papier an. mf


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Kommentare

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Mirco Beisheim 15.04.2021, 11:05:21

Guten Tag,

und besten Dank für den Bericht über das Thema. Leider haben sich aber einige (wichtige) Ungenauigkeiten eingeschlichen, die das erwähnte Thema einer möglichen Partnerschaft zwischen Namibia und Hamburg auf Basis der Buschbiomasse betreffen.

So ist es notwendig zu erwähnen, daß es sich bei der Buschbiomasse um keine Bäume o.ä. handelt, sondern um ein auch durch den Klimawandel verstärktes Phänomen in Namibia, das dort vor Ort das ökologische Gleichgewicht bedroht. Anders als im Artikel dargestellt unterstützen deshalb auch grundsätzlich alle namibischen Umweltorganisationen das notwendige "bush thinning", und die überwiegende Anzahl der namibischen NGO befürwortet dazu auch Exportpartnerschaften, wenn damit Nachhaltigkeitskriterien eingehalten und die Entwicklung in Namibia unterstützt werden. Wer sich für das Thema interessiert, findet u.a. hier viele Informationen aus erster Hand aus Namibia:

https://hamburg.global/organe-gruppen/aktive-gruppen/tg-klimagerechtigkeit-kohleausstieg/pg-namibia/

SG

Mirco Beisheim


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