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Macrons fahrlässiger EnergieplanKlimaschutz à la française: Mit Atomkraft CO2 einsparen

Paris bei Nacht
Strom ist in Frankreich günstig – und kommt zum größten Teil aus subventionierter Atomenergie. (Foto: Pixabay / CC0 Creative Commons)

Frankreichs Präsident will den Anteil der Atomenergie am französischen Strommix deutlich langsamer senken als bislang geplant. Damit stellt er die Atomlobby zufrieden und verspricht den Franzosen weiterhin günstige Strompreise und CO2-Einsparungen.

03.12.2018 – Nach Macrons neuem mehrjährigen Energieplan soll erst im Jahr 2035 der Atomanteil von heute 75 Prozent auf 50 Prozent reduziert werden. Damit würde etwa ein Viertel der derzeit 58 Reaktoren abgeschaltet. Die längst geplante Energiewende wird damit um zehn Jahre in die Zukunft verschoben, denn in deren Rahmen war vorgesehen, den Atomstromanteil schon bis zum Jahr 2025 auf 50 Prozent zu senken. Mit der Verzögerung des Atomausstiegsziels droht Frankreich sein Ausbauziel für Erneuerbare Energien für 2030 zu verfehlen. Blinde Unterstützung für die AtomkraftDenn bis zu diesem Zeitpunkt sollten 40 Prozent des Stroms aus regenerativen Energieanlagen stammen. Ein wenig mehr Erneuerbare Energien soll es in Zukunft auch geben. Lediglich zwei bis drei Milliarden Euro jährlich sollen laut Macron bis 2028 je in Wind- und Solarenergie investiert werden. Das ist im Vergleich zu anderen Ländern eine magere Investition und zementiert die Atomstrategie. Greenpeace France kritisierte Macrons Energieplan denn auch als „blinde Unterstützung für die Atomkraft“.

Längst überfällige Schließung von Fessenheim

Macron hat im Rahmen seiner energiepolitischen Rede auch angekündigt, das älteste und umstrittene Atomkraftwerk Fessenheim endgültig bis zum Sommer 2020 vom Netz nehmen zu lassen. Sein Vorgänger Hollande hatte es zu seinen Amtszeiten bereits im Jahr 2012 versprochen, zuletzt hatte im Oktober der damalige Umweltminister Nicolas Hulot den Grundstein für eine Schließung gelegt. Sein Nachfolger im Amt, François de Rugy, hatte das Ende für das AKW Fessenheim von der Inbetriebnahme des neuen EPR-Reaktors in Flamanville schließlich entkoppelt – denn dessen Inbetriebnahme verzögert sich seit Jahren und es ist nicht abzusehen, ob der Meiler mit massiven Sicherheitsproblemen überhaupt jemals in Betrieb genommen wird.

„Macrons überfällige Ankündigung, den Pannen-Meiler in Fessenheim zu schließen, kann nicht verdecken, dass während seiner Präsidentschaft kein weiteres der 58 französischen Atomkraftwerke abgeschaltet werden soll“, kommentiert Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace, die Ankündigung des französischen Präsidenten. „Macron will 2021 sogar den Neubau von Atommeilern prüfen. Die Lobby der alten Energiewelt bremst auf beiden Rhein-Seiten die Modernisierung der Stromversorgung. Während Frankreichs Atomriese EDF das Abschalten gefährlicher Atommeiler blockiert, unternehmen deutsche Energiekonzerne wie RWE alles, um den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle zu verzögern.“

„Gestern um 20 Uhr“, so Macron auf France Inter, „verursachte die Energieproduktion in Frankreich fünf Mal weniger CO2-Emissionen als in Deutschland und sieben Mal weniger als in Polen. Pro Einwohner wird in Frankreich weniger CO2 emittiert als bei seinen großen Nachbarn.“

Dabei steigt Frankreichs CO2-Ausstoß seit zwei Jahren, in Deutschland sind die Emissionen seit 2009 nicht gesunken. „Solange Angela Merkel und Emmanuel Macron stur an alten Großkraftwerken festhalten, bremsen sie den Ausbau Erneuerbarer Energien und damit den dringend nötigen Beitrag ihrer Länder zum Schutz des Klimas“, sagt Krug. Beide Länder müssten sich dringend zu einer Partnerschaft für saubere Energien entschließen, denn die europäische Energiewende könne nur gelingen, „wenn Frankreich und Deutschland den Ausbau von Solarenergie und Windkraft konsequent gemeinsam organisieren.“

Experten warnen vor hohen Sicherheitsrisiken

„Die Atomlobby hat Recht bekommen“, kommentierte die ehemalige sozialistische Umweltministerin Ségolène Royal im Radiosender France Inter Macrons Energieplan: Damit wäre klar, dass sich in Macrons Amtszeit nichts ändern werde. Mit der Atomlobby steht Macron auf Augenhöhe – man protegiert sich gegenseitig. So dürfte der neue Energieplan zur hinlänglichen Zufriedenheit der Atomindustrie sein. Viele Reaktoren sollen länger als 50 Jahre laufen, Die Atomlobby hat Recht bekommentrotz steigender Sicherheitsrisiken. Experten warnen: Über drei Viertel der französischen Atomreaktoren 50 Jahre und länger in Betrieb zu lassen, entbehre jeglicher technischer als auch genehmigungsrechtlichen Basis und stelle ein nicht zu verantwortendes Sicherheitsrisiko dar. Auch die Plutoniumwirtschaft soll fortgeführt werden und bis 2040 die Wiederaufarbeitung der französischen AKW-Brennelemente in der Plutoniumfabrik in La Hague erfolgen. Doch auch diese Anlage habe bereits große technische Mängel und könne unmöglich bis 2040 laufen, warnen die Experten. Zudem sei die Plutoniumwirtschaft nicht wirtschaftlich, das hätten andere Atomländer längst erkannt.

Atomstrom wird weiter subventioniert

„Die Atomenergie verhilft uns zu einer CO2-freien und billigen Energie“, lockt Macron seine Landsleute. Ein Großteil der französischen Haushalte kocht und heizt mit Atomstrom, und der muss billig sein. Dabei müssten die Strompreise längst teurer werden – denn der halbstaatliche Energiekonzern EDF hat mittlerweile 75 Milliarden Euro Schulden angehäuft, die Sanierung alter AKWs ist da noch gar nicht mit eingerechnet. Doch Macron lässt die Atomenergie weiterhin subventionieren. Das ist nicht nur extrem kurzsichtig, sondern fahrlässig. Daher kündigte u. a. auch Umweltminister Hulot – als ihm seine Ohnmacht gegenüber den Lobbyisten im Elysée vor Augen geführt wurde.

Vom visionären Reformer Macron, in den man auch in Deutschland große Hoffnungen gesetzt hatte, ist beim Thema Atomkraft nichts mehr spürbar. Der Energieplan ist nun Grundlage eines Energiegesetzes bis 2028 und soll im kommenden Sommer von der Nationalversammlung verabschiedet werden. na


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