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GroßbritannienEine Woche ohne Kohlestrom

Historisches Bild der britischen Kohleverstromung
Die Kohle hat eine lange Geschichte in Großbritannien: Seit 137 Jahren verfeuert man den fossilen Brennstoff zur Wärme- und Stromerzeugung. (Bild: Griffiths' Guide to the iron trade of Great Britain / Seite 6 / Flickr.com)

Erstmals seit 1882 ist Großbritannien eine Woche lang komplett ohne Kohlestrom ausgekommen. Was jetzt noch als Sensation gilt, wird bald die Regel sein: Bis 2025 steigt das Vereinigte Königreich aus der Kohle aus. Doch die Sache hat einen Haken.

11.05.2019 – Seit der Inbetriebnahme des ersten Kohlekraftwerks im Jahr 1882 ist Großbritannien abhängig von der Kohleverstromung. Umso erfreulicher war deshalb vor zwei Jahren die Meldung, dass der Inselstaat einen kompletten Tag ohne Kohlestrom auskam. Diese Sensation wurde nun wiederholt – diesmal jedoch an sieben Tagen hintereinander. Eine komplette Woche lang leisteten die Kohlekraftwerke keinen Beitrag zur Stromversorgung des Vereinigten Königreichs, wie der Netzbetreiber National Grid bekannt gab.

Da der Anteil Erneuerbarer Energien immer weiter steige, werde es zukünftig immer häufiger Zeiten geben, in denen die Kohlekraftwerke keine Rolle mehr spielen, so National Grid-Direktor Fintan Slye. Anders als in Deutschland steht in Großbritannien schon längst ein festes Datum für den Kohleausstieg fest. Ab 2025 sollen die Kohlekraftwerke keinen Beitrag mehr zur Stromversorgung leisten.

Kohleanteil sank 2018 auf 5,0 Prozent

So sank der Kohlestromanteil an der Stromerzeugung im Vereinigten Königreich im vergangenen Jahr von 6,7 Prozent (2017) auf nunmehr 5,0 Prozent. Der Gas-Anteil blieb nahezu konstant und betrug 2018 noch immer 39,4 Prozent. Ein Drittel der gesamten Stromerzeugung stammte aus Erneuerbaren Energien, Atomkraftwerke leisteten mit 19,5 Prozent ebenfalls noch einen wichtigen Beitrag.

Auch wenn der Beitrag regenerativer Erzeugungskapazitäten im vergangenen Jahr als einziger angestiegen ist, stellen fossile Energien mit einem Anteil von über 66 Prozent noch immer die wichtigste Erzeugungsquelle in Großbritannien dar. Biomassekraftwerke hatten 2018 den größten Anteil an der gesamten erneuerbaren Erzeugungsleistung (32,04 Prozent) gefolgt von der Windkraft an Land (27,36 Prozent) und der Offshore-Windenergie (24,03 Prozent). Photovoltaikanlagen hatten einen Anteil an den Erneuerbaren von 11,61 Prozent und Wasserkraftwerke von 4,95 Prozent.

„Great Smog” forderte 12.000 Todesopfer

Die Kohle hat für Großbritanniens in den letzten 137 Jahren jedoch nicht nur eine wichtige Rolle bei der Energieerzeugung gespielt, sondern auch dunkle Kapitel in der Geschichte des Inselstaates geschrieben. Im Jahr 1952 wurde das übermäßige Verfeuern von Kohle rund 12.000 Menschen in London zum Verhängnis – eine hausgemachte Umweltkatastrophe, die heutzutage viel zu oft in Vergessenheit gerät.

Im Dezember überzog der „Great Smog“ die Hauptstadt fünf Tage lang mit einer dichten Rauch- und Nebelsuppe. Auslöser war dafür eine fatale Kombination von einer ausgeprägten Inversionswetterlage und dem hohen Einsatz von Kohle. Eine besonders hohe Luftfeuchtigkeit, niedrige Temperaturen und große Nebeltröpfchen trafen auf große Mengen an Rauch aus den Kohleöfen, Fabriken und Kohlekraftwerken. Das tödliche Schwefeldioxid konnte tagelang nicht abziehen, die Konzentration stieg mit jeder Stunde. Für Erlösung sorgte damals erst ein starker Südwestwind.

Bekämpfung der Luftverschmutzung

Vier Jahre nach der Smog-Katastrophe wurde dann der erste „Clear Air Act“ (1956) verabschiedet, der zukünftig zur Reinhaltung der Luft beitragen sollte. Vor allem die Zahl an offenen Kaminen wollte man reduzieren. In den folgenden Jahrzehnten folgten weitere Clean Air Acts zur Bekämpfung der Luftverschmutzung in London.

Das Ende der Kohle kam also schleichend, die Energiewende nahm vor allem in den letzten Jahren kräftig an Fahrt auf. Trotzdem ist kein Ende für Großbritanniens Gas- und Atomkraftwerke in Sicht. Trotz aller Kritik entsteht mit dem AKW Hinkley Point C im Südwesten des Landes sogar ein neues Kernkraftwerk. Kritiker befürchten ein Milliardendesaster – und noch immer sind diverse mit der Atomenergie einhergehende Probleme ungelöst. jk


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