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Primärenergieverbrauch 2020Fossile Energien im Sinkflug

Windkrafträder sind um ein Kohlekraftwerk herum zu sehen.
Im Hintergrund ist ein Kohlekraftwerk zu sehen, welches von Windkraftanlagen zunehmend vom Energiemarkt verdrängt wird. (Bild von Hans-Jürgen Münzer auf Pixabay)

Jetzt ist es offiziell: Der Anteil von Kohle, Öl und Kernenergie am gesamten Energieverbrauch ist 2020 deutlich zurückgegangen und die CO2-Emissionen gesunken. Doch ohne die Auswirkungen der Corona-Krise sähe das ganz anders aus.

06.01.2020 – Bereits 2019 zeichnete sich der Niedergang der Kohleindustrie ab, wie Daten der AG Energiebilanzen belegten. Im vorletzten Jahr schwand der Verbrauch von Braun- und Steinkohle in Deutschland um gut 40 Prozent gegenüber 2018. Dieser Trend setzte sich 2020 fort, wie die neuesten Daten der AG Energiebilanzen zeigen. Im Vergleich zu 2019 sank der Verbrauch von Steinkohle um 18,3 Prozent, der der Braunkohle um 18,2 Prozent. Als Gründe machen die Analysten unter anderem Kraftwerksausfälle, die höhere Stromeinspeisung Erneuerbarer Energien und die Auswirkungen der Corona-Pandemie verantwortlich.

Während der Kohleverbrauch ohnehin im Abwärtstrend begriffen ist, zeigte sich vor allem beim Mineralölverbrauch (und mit Abstrichen beim Erdgas) der einschneidende Faktor der Corona-Pandemie. Der Flugverkehr und Industrieprozesse verzeichneten einen deutlichen Rückgang. Während der Ölverbrauch 2019 noch leicht stieg, sank dieser 2020 um 12,1 Prozent. Der Erdgasverbrauch verringerte sich leicht um 3,4 Prozent (während dieser im letzten Jahr ebenfalls zulegte).

Ungeachtet der Corona-Pandemie indes vollzieht sich der Ausstieg aus der Kernenergie. Die planmäßige Abschaltung des Kraftwerks Philippsburg führte zu einem Rückgang der Stromproduktion um 14,4 Prozent. Insgesamt ging der Energieverbrauch gegenüber dem Vorjahr um 8,7 Prozent zurück. Solar- und Windenergie zeigen sich von der Corona-Pandemie jedoch weitestgehend unbeeindruckt. Der Beitrag der Windkraft stieg 2020 gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent, der der Photovoltaik um neun Prozent.

Die Daten der AG Energiebilanzen haben Gewicht. Denn die Arbeitsgemeinschaft setzt sich aus einem breiten Spektrum von Energieverbänden und wissenschaftlichen Instituten zusammen. Neben Branchenverbänden der Öl- und Kohlewirtschaft sowie dem allgemeinen Interessenverband der deutschen Strom- und Energiebranche, dem BDEW, sind auch renommierte Forschungseinrichtungen vertreten – so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW).

Insgesamt rechnet die AG Energiebilanzen mit einem Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen von rund 80 Millionen Tonnen – eine Minderung gegenüber dem Vorjahr um rund 12 Prozent. Dies deckt sich mit Hochrechnungen der Agora Energiewende, die gestern eine entsprechende Analyse veröffentlichte. Demnach sanken die Emissionen um 42,3 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990. Deutschland erreichte damit sein Klimaziel für 2020 – der Reduktion der Treibhausgase um 40 Prozent.

Großteil der Emissionsreduktionen Pandemiebedingt

Doch laut der Agora-Auswertung sind zwei Drittel der Emissionsreduktionen auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. „Echte Klimaschutzeffekte hat es 2020 nur im Stromsektor gegeben, denn hier geht die CO2-Minderung auf den Ersatz von Kohle durch Gas und Erneuerbare Energien zurück“, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Sobald die Wirtschaft wieder anzieht, werden Verkehr und Industrie wieder mehr Treibhausgase ausstoßen, warnt Graichen.

Dass der Zuwachs Erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren noch deutlich anziehen muss, zeigt auch der Gesamtblick auf den Primärenergieverbrauch 2020. Noch liegen Erneuerbare Energien mit einem Anteil von 17 Prozent nur knapp vor der Kohle mit 16 Prozent. Hier ist mit weiteren Auktionen für die Abschaltung von Steinkohlekraftwerken und geplanten Abschaltungen von Braunkohlekraftwerken 2021 eine erhebliche Verbesserung für 2021 zu erwarten. Doch Mineralöl und Erdgas machten auch 2020 zusammen einen Anteil von gut 60 Prozent am gesamten Energieverbrauch aus.

Wenn Flugverkehr, Industrieprozesse und die allgemeine Wirtschaftsleistung 2021 wieder hochfahren, steht zu befürchten, dass auch der Öl- und Erdgasverbrauch deutlich zunimmt. Neben dem Ausbau Erneuerbarer Energien sind eine schnelle und radikale Verkehrswende sowie Wärmewende im Gebäudesektor dringend geboten. Der zum 01. Januar eingeführten CO2-Preis für Wärme und Verkehr in Deutschland könnte dabei eine Lenkungswirkung entfalten und wie der Europäische Emissionshandel den Ausstoß von Emissionen zunehmend unrentabel machen. mf


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