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Corona-WiederaufbauplanKlimaschutz verfehlt

Eine dreckige Einwegmaske liegt auf dem Boden.
Neben zusätzlichem Müll durch weggeworfene Einwegmasken sorgt die Corona-Pandemie auch für verheerende wirtschaftliche Einschnitte, die in der EU mit vielen Milliarden Euro abgefedert werden sollen. Für einen zukunftsfähigen Planeten sollten die Gelder „grün“ sein. (Bild von Markus Distelrath auf Pixabay)

Von einem angekündigten grünen Wiederaufbauplan infolge der Coronakrise ist Deutschland weit entfernt. Weniger als ein Viertel der Gelder fließen in Klimaschutzmaßnahmen. Damit verfehlt die Bundesregierung Klimaschutzvorgaben der EU deutlich.

19.03.2021 – Gestern trafen die Umweltminister der Europäischen Union in einer informellen Videokonferenz zusammen. Neben Fragen zu künftigen Strategien der EU eine klimaresilientere Gesellschaft aufzubauen, ging es auch um die Wiederaufbaupläne der Mitgliedsstaaten infolge der Corona-Krise. Im Rahmen des sogenannten Recovery and Resiliance Facility (RRF) – des Wiederaufbau- und Resilienzplans – stellt die EU den Mitgliedsstaaten 627,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten zur Verfügung. Deutschland erhält daraus 23 Milliarden Euro an direkten Zuschüssen. Laut EU-Vorgaben müssten 37 Prozent der Gelder in Klimaschutzmaßnahmen fließen.

Doch laut einer Analyse vom Wuppertal Institut und E3G - Third Generation Environmentalism, im Rahmen des Projekts Green Recovery Tracker, kommt Deutschland, in einem im Dezember vorgelegten Wiederaufbauplan auf Grundlage des RRF, nur auf einen Wert von 34 Prozent der Gelder, die konkret in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Und dieser Wert nimmt weiter ab, wenn man die Gelder aus den Wiederaufbauplänen des deutschen Konjunkturpakets hinzurechnet.

Im vergangenen Juni stellte die Bundesregierung ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket vor. 30 Milliarden davon sollen fest in klimaschutzrelevante Bereiche fließen. Mit den EU-Geldern hätte die Bundesregierung Klimaschutzmaßnahmen noch einmal deutlich ausbauen können. Doch weit gefehlt. Aus der Analyse des Projekts Green Recovery Tracker geht hervor, dass Mittel für einen ökologischen Aufbau aus dem deutschen Konjunkturpaket zu einem großen Teil auch den Geldern des nationalen Wiederaufbauplans auf Grundlage des RRF angerechnet werden.

De facto nur 22 Prozent für Klimaschutzmaßnahmen

Nur 29 Prozent der Gelder aus dem RRF fließen tatsächlich in neue Projekte. Betrug der Anteil für Klimaschutzmaßnahmen aus dem Konjunkturpaket im Juni 21 Prozent, steigt der Anteil mit den zusätzlichen Geldern aus der EU de facto nur auf 22 Prozent. Demgegenüber stehen laut Analyse 16 Prozent der Gelder (22 Milliarden), die einen klar negativen Einfluss auf das Klima haben. Bei weiteren 20 Prozent der Mittel besteht zumindest die Gefahr, dass sie einen negativen Einfluss auf das Klima haben. Dabei schreibt eine RRF-Verordnung vor, dass keines der verwendeten EU-Mittel dem grünen Übergang einen signifikanten Schaden zufügen dürfe.

Michael Bloss, Europaabgeordneter der Grünen, kritisiert: „Die Bundesregierung hat keinen nachhaltigen Plan für Klimaschutz und die Erneuerung der Wirtschaft. Sie verspielt durch ihre falsche Verwendung der EU-Gelder aus dem Wiederaufbaufond eine Riesenchance.“ Für den dringend nötigen Umbau der Wirtschaft sei das fatal und koste Deutschland eine mögliche zukünftige Technologieführerschaft. Von „Tricksereien auf Kosten des Klimas“, spricht Bloss.

Das sieht auch die Deutsche Umwelthilfe so und listet mehrere Versäumnisse auf. Biodiversität und Kreislaufwirtschaft spiele keine Rolle, die energetische Gebäudesanierung werde nicht neu ausgerichtet und im Verkehrssektor würden mit dem Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge und der Kaufprämie für Plug-In-Hybridautos sogar klimaschädliche Maßnahmen aufgenommen.

Constantin Zerger Bereichsleiter Energie- und Klimaschutz bei der Umwelthilfe konstatiert: „Der Aufbauplan bietet die Chance für einen Neustart der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität, aber auch die Gefahr einer massiven Fehlsteuerung. Jegliche klimaschädlichen Ausgaben müssen daher aus dem Plan gestrichen werden.“ Die EU-Mittel sollten daher genutzt werden, um wichtige klimapolitische Baustellen wie die energetische Sanierung von Gebäuden ernsthaft anzugehen. „Ein anhaltender wirtschaftlicher Aufschwung kann sich nur dann einstellen, wenn auch die Klimakrise bewältigt wird“, ergänzt Zerger.

Lob für spanische Maßnahmen

Bislang haben neun EU-Staaten nationale Konjunkturpläne der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Analysten des Projekts Green Recovery Tracker loben etwa die spanischen Maßnahmen. Dort seien „umfangreiche Investitionen in eine inklusivere Energiewende“ geplant. 53 Prozent der Gelder aus dem nationalen Konjunkturplan fließen laut Analyse in wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Spannend wird sein, wie Spanien die zusätzlichen Gelder aus dem Recovery and Resiliance Facility der EU verwendet.

Um Mittel aus dem RRF abrufen zu können, müssen die EU-Mitgliedsstaaten nationale Konjunkturpläne vorlegen, wie Deutschland es bereits getan hat. Bis Ende April haben andere EU-Länder dafür noch Zeit. mf


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