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StromkostenMehr Erneuerbare im Energiemix würden den Strompreis senken

Solarpanels im Vordergrund, dahinter ragt ein Windrad auf.
Windkraft an Land und Photovoltaik überall wo möglich - eine Vollversorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien ist machbar und günstiger. (Photo by Nazrin B-va on Unsplash)

Neue Analysen belegen: Erneuerbare Energien werden gegenüber fossilen immer günstiger und würden bei einem beschleunigten Ausbau für einen deutlich niedrigeren Strompreis sorgen.

01.11.2021 – Für Industrie und private Verbraucher wäre es eine gute Nachricht, wenn in Deutschland und Europa der Ausbau Erneuerbarer Energien deutlich beschleunigt würde. Eine Analyse von Aurora Energy Research prognostiziert andernfalls einen deutlich höheren CO2-Preis sowie Großhandelsstrompreise, die der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie erheblich schaden würden. Und eine Kurzstudie der Energy Watch Group (EWG) kommt zu dem Ergebnis, dass Strom heute schon preiswerter wäre, bei einer Vollversorgung mit hundert Prozent Erneuerbaren Energien.

Demnach sei seit 2021 die versorgungsichere Stromerzeugung aus 100% Erneuerbaren Energien selbst einschließlich der Speicherkosten günstiger als der Strom aus neugebauten konventionellen Kraftwerken. Ab 2025 würden auch bereits errichtete und abgeschriebene konventionelle Kraftwerke im Betrieb ökonomisch nicht mehr mit neuerrichteten Vollversorgungssystemen mit hundert Prozent Erneuerbarer Energie mithalten können.

Die EWG beruft sich dabei vor allem auf Zahlen des Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme vom Juni, wonach PV-Anlagen in Deutschland je nach Anlagentyp und Einstrahlung Stromgestehungskosten zwischen 3,12 und 11,01 Euro pro Kilowattstunde erzielen. Die Stromgestehungskosten für PV-Batteriesysteme liegen demnach zwischen 5,24 und 19,72 €Cent/kWh. Onshore-Windanlagen erzielen Stromgestehungskosten zwischen 3,94 und 8,29 €Cent/kW.

Bestehende Kohle- und Gaskraftwerke bewegen sich demnach 2021 auf einem ähnlichen Niveau. Potenziell neu gebaute Stein- und Kohlekraftwerke dagegen sind schon heute deutlich teurer, mit Stromgestehungskosten zwischen 10,38 und 20,04 €Cent/kWh. Einhergehend mit einem steigenden CO2-Preis, werden die Kosten von fossilen Kraftwerken indes weiter steigen, während die technologische Entwicklung von Solarmodulen und Windkraftanlagen voranschreitet und Bau und Betrieb damit günstiger macht. Den Prognosen des Fraunhofer ISE nach sinken die Stromgestehungskosten von Onshore Windkraft langfristig auf 3,40 bis 6,97 €Cent/kWh. Bei PV-Anlagen sollen diese bereits bis 2040 auf bis zu 1,92 €Cent/kWh fallen.

Thure Traber, Hauptautor der Studie sagt: „In den nächsten Jahren werden konventionelle Bestandsanlagen durch die niedrigeren Kosten der Erneuerbaren Vollversorgung wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben sein. Damit wird eine historisch günstig weitgehende Eigenversorgung mit allen Energieträgern in Deutschland und auch weltweit greifbar.“ Dies bedeute, dass sämtliche Energieinvestitionen aus den fossilen Energieträgern abgezogen und in den Aufbau Erneuerbarer gelenkt werden müssen.

Das Umweltbundesamt kam diese Woche zu dem Ergebnis, dass noch immer mehr als 65 Milliarden Euro in klimaschädliche Subventionen fließen und damit fossile Energieträger gefördert werden. Die dicksten Brocken machen dabei die Energiebereitstellung und -nutzung, mit Subventionen von 25,4 Milliarden Euro, und der Verkehr, mit 30,8 Milliarden Euro, aus. Auch das Umweltbundesamt fordert diese Subventionen schnellstmöglich abzubauen und das Geld für den Klimaschutz zu investieren. Ein Thema ist dabei die Pendlerpauschale, die den klimaschädlichen Autoverkehr fördert. Während sich die Grünen in den Ampel-Koalitionsverhandlungen offen für eine Abschaffung der geltenden Pendlerpauschale zeigen, will FDP-Chef Christian Lindner daran festhalten.

Einig ist man sich unter den Koalitionsverhandlern von SPD, Grüne und FDP hingegen, den Ausbau Erneuerbarer Energien „drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemnisse aus dem Weg zu räumen“. So steht es im Sondierungspapier der drei Parteien. Konkrete Maßnahmen, wie eine Solarpflicht und ausgewiesene Flächen für Windkraft an Land werden bereits genannt. Die Frage der Finanzierung jedoch, ist noch offen.

Das Analyse-Institut Aurora Energy Research warnt vor einem weiter stockenden Ausbau der Erneuerbaren Energien. Würde der aktuelle Pfad weiter verfolgt, lägen die Großhandelsstrompreise in Deutschland im Jahr 2030 um 31 Prozent höher, als im ersten Halbjahr 2021. An den meisten Börsen bestimmt das teuerste Kraftwerk, dass zur Deckung der Nachfrage eingesetzt werden muss, den Großhandelsstrompreis. Das sind aktuell zuvorderst fossile Kraftwerke. Sollte dies 2030 noch immer der Fall sein, würde das auch den CO2-Preis im europäischen Emissionshandel weiter in die Höhe treiben, der dann bis zu 80 Prozent höher als 2021 sein und damit die fossile Energieerzeugen verteuern würde.

Das hätte fatale Folgen für die Endkundenstrompreise und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie. Ein beschleunigter Ausbau Erneuerbarer Energien hingegen, der dem Fit-for-55-Paket der Europäischen Union und darüber hinaus gerecht wird, würde den CO2-Preis auf dem heutigen Niveau stabilisieren und, noch viel wichtiger, den Großhandelsstrompreis im Jahr 2030 gegenüber dem Durchschnitt des ersten Halbjahres 2021 um 14 Prozent senken.

„Ein möglichst schneller Ausstieg aus der Kohle muss sichergestellt werden, damit die CO2- und Großhandelsstrompreise nicht unnötig ansteigen“, sagt Studienleiter Casimir Lorenz. Zugleich dürfe aber nicht auf Gas als vermeintliche Brückentechnologie gesetzt werden. Denn auch das hätte steigende Preise an Börse und beim Emissionshandel zur Folge.

Zusätzlich weist Lorenz auf einen weiteren Faktor hin: „Mehr Strom aus Gaskraftwerken bedeutet auch mehr Gasimporte und damit eine noch größere geopolitische Abhängigkeit der EU von den Lieferländern. Wie sich das auswirken kann, erleben wir gerade mit dem massiv gestiegenen Gaspreis, der auch die Strompreise in die Höhe treibt und so unsere gesamte Wirtschaft belastet.“ Die Energiemarktanalysten von Aurora Energy Research betrachteten in ihrer Analyse die Preise im ersten Halbjahr 2021. Unter Einbezug der aktuellen Entwicklung der Energiepreise, wäre der Preisvorteil bei einem beschleunigten Ausbau Erneuerbarer Energien noch größer. mf


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