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Einwände gegen LNG-Projekt vor RügenUmwelt, Klima und wirtschaftlichen Nutzen unberücksichtigt gelassen

Weiße, steile Felsen am Meer, mit einem Strandabschnitt dazwischen.
Berühmt ist Rügen vor allem für seine Kreidefelsen im Nationalpark Jasmund. (Bild: Ansgar Koreng, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Die Deutsche Umwelthilfe hat gegenüber der zuständigen Behörde Einwände gegen ein von RWE geplantes LNG-Projekt vor Rügen erhoben. Das Projekt werde zu Unrecht mittels beschleunigter Verfahren vorangetrieben.

08.03.2023 – Die Rede ist von dem größten fossilen Projekt Europas. Vor Rügen plant der Energiekonzern RWE ein LNG-Terminal, dass nach seiner Fertigstellung im Herbst 2024 eine Import-Kapazität von jährlich bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Gas haben soll. Das macht gut die Hälfte der geplanten Kapazitäten aller elf LNG-Terminals aus, die im LNG-Beschleunigungsgesetz der Bundesregierung bereits festgeschrieben sind. Das Gesetz stellt den Bau der Terminals ins „überragende öffentliche Interesse“ und umgeht damit etwa eingehende Umweltverträglichkeits- und Klimafolgeprüfungen.  

Laut Berechnungen des New Climate Institute vom letzten Jahr würden diese elf LNG-Terminals den Import von 73 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr ermöglichen. Mit Importen aus anderen EU-Ländern und Einsparungen wären jedoch drei Terminals völlig ausreichend, so die Berechnungen der Wissenschaftler:innen. Auch eine Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), kam letzte Woche zu dem Ergebnis, dass 11 Terminals nicht nötig seien. Mit sieben Terminals wäre Deutschland demnach für jedes Szenario gerüstet. Das riesige LNG-Terminal RWEs vor Rügen würde daher den Bedarf vollends sprengen. In der gesetzlich beschleunigten Planung des Bundes ist das privatwirtschaftliche Projekt noch nicht vorgesehen.

Eine 38 Kilometer lange Pipeline

Und trotzdem werde mit Verweis auf das LNG-Beschleunigungsgesetz für das RWE-Projekt bereits ein vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren angewendet, kritisiert Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die DUH hat am gestrigen Dienstag beim zuständigen Bergamt Stralsund Einwände gegen den Bau einer Offshore-Pipeline zur Anbindung des LNG-Terminals vor Rügen eingereicht. RWE hatte beim Bergamt den Bau einer 38 Kilometer langen Pipeline beantragt, die das geplante LNG-Terminal vor der Küste mit dem Gasnetz auf dem Festland, in Lubmin, verbinden soll.

„Der Bau der Pipeline wäre eine gewaltige Bedrohung für den Tourismus auf Rügen, für den Greifswalder Bodden, die Ostsee und die umliegenden Schutzgebiete“, so die DUH. Dies betreffe insbesondere die wichtige ökologische Funktion des Greifswalder Bodden als Kinderschule des gefährdeten Ostseeherings, aber auch zahlreiche Seevögel. Obwohl das LNG-Projekt und damit die dazugehörige Pipeline nicht unter das LNG-Beschleunigungsgesetz fallen, werde auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Prüfung von Klimafolgen verzichtet. Mit Verweis auf die Studie des EWI verweist die DUH zudem auf die fehlende wirtschaftliche Notwendigkeit des Projekts.

„Hier wird für eine Gaspipeline wieder einmal der rote Teppich ausgerollt. Dabei ist längst klar, dass für dieses Mega-Projekt gar kein Bedarf besteht. Eine Gasmangellage ist für diesen Winter abgewendet – damit wäre ausreichend Zeit, das Projekt in einem regulären Verfahren und mit angemessenen Beteiligungsfristen anzugehen“, sagte Zerger. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, kündigte an: „Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die Ostsee und den Greifswalder Bodden gegen diesen Irrsinn zu schützen.“

Bürgermeister:innen und Bürger:innen im Widerstand

Auch auf der Insel selbst ist der Widerstand groß. Die 34 Bürgermeister:innen von Rügen erklärten in einem gemeinsamen Statement: „Das Vorhaben der Bundesregierung in all seinen Facetten und mit seiner Wucht wird zu einer außergewöhnlichen Zäsur für die Insel Rügen.“  Rund 2.500 Menschen protestierten bei einer Kundgebung Ende Februar Im Ostseebad Baabe gegen das LNG-Projekt. Dazu aufgerufen hatte die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen, die zudem eine Bundestagspetition eingereicht haben, die am gestrigen Dienstag veröffentlicht wurde. „Keine Aufnahme der geplanten LNG-Terminals vor der Küste Rügens in das LNG-Beschleunigungsgesetz“ - so lautet die Petition. In der Bundesregierung gibt es Überlegungen, dass Mega-Terminal bei Rügen in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufzunehmen.

„Das LNG-Terminal direkt vor Rügen ist auch im politischen Berlin bereits stark umstritten. Mit der Bundestagspetition wollen wir nun konkret in den Gesetzgebungsprozess eingreifen, um das Projekt zu verhindern“, sagte Petent Marvin Müller, Landesvorsitzender der Jusos Mecklenburg-Vorpommern. Der weitere Petent Kai Gardeja, Tourismusdirektor der Binzer Bucht, zeigte sich Optimistisch: „Die Zukunft Rügens ist nicht nur ein Thema der Insulaner. Wir erhalten jeden Tag viele Zuschriften aus ganz Deutschland. Die Sorgen um Rügen haben mittlerweile das gesamte Bundesgebiet erfasst. Daher sind wir sehr optimistisch, das Quorum von 50.000 Stimmen zu erreichen.“ Dann muss sich der Bundestag im Petitionsausschuss mit dem Thema befassen. mg


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