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EnergiekriseDrei schwimmende LNG-Terminals würden mehr als ausreichen

Luftaufnahme eines großen Flusses mit Insel in der Mitte
Der Seehafen Stade an der Elbe in Niedersachsen. Dort sollen ein schwimmendes und ein festes LNG-Terminal entstehen. (Bild: Walter Rademacher / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

11 Terminals für Flüssigerdgas sind in Deutschland in Planung und Bau. Das würde die deutschen Klimaziele sprengen. Zudem wäre, laut neuen Berechnungen, mit Importen aus anderen EU-Ländern und Einsparungen eine solche Infrastruktur nicht nötig.

09.12.2022 – In Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Lubmin, Stade und Hamburg – acht schwimmende und drei feste Terminals für die Anlandung und Weiterverarbeitung von Flüssigerdgas sind in Deutschland in Planung und Bau. Das geht unter anderem aus Daten der Deutschen Umwelthilfe hervor, die Antragsunterlagen gesichtet hat. Weitere Daten hat das New Climate Institute im Rahmen einer neuen Studie aus Medien ergänzt. Drei der schwimmenden sogenannten FSRUs – Floating Storage and Regasification Units – werden bereits Ende dieses Jahres in Betrieb genommen, fünf weitere im nächsten Jahr. Die drei festen LNG-Terminals mit einer Laufzeit von jeweils 20 Jahren sollen Mitte des Jahrzehnts in Betrieb gehen.

Doch laut Berechnungen der Wissenschaftler:innen vom New Climate Institute, unter Leitung von Professor Niklas Höhne, wären die Ende des Jahres in Betrieb gehenden schwimmenden LNG-Terminals ausreichend, eine sichere Versorgung in Deutschland zu gewährleisten und zugleich die Klimaschutzziele einzuhalten. Mehr noch: durch ambitioniertere Reduktionsziele könnten auch die drei FSRUs schnell wieder überflüssig werden. Die Autor:innen der Studie gehen dabei von einem Gasverbrauch von 83 Milliarden Kubikmeter in diesem Jahr aus, der bereits durch Sparanstrengungen und milde Temperaturen 12 Prozent unter dem des Vorjahres lag.

Würden deutsche Importe und Exporte so weitergeführt, wie in den letzten Monaten, könnten laut Studie sogar jährlich 86 Milliarden m3 bereitgestellt werden. Nachdem die russischen Gaslieferungen über Pipelines in diesem Jahr sukzessive abnahmen, sprangen die europäischen Partner ein – mit einer Steigerung der Lieferungen aus Norwegen und den Niederlanden, den Gasimport aus Frankreich (vormals nur Export) und LNG-Importe über Belgien und die Niederlande. Ein solch hohes Import-Niveau zu halten, erscheint indes schwierig. Die Niederlande haben bereits angekündigt die Gasförderung zu drosseln, LNG-Importkapazitäten in den Niederlanden, Belgien und Frankreich könnten für den Eigenbedarf der Länder genutzt werden, so die Wissenschaftler:innen vom New Climate Institute.

Um den Pfad zum vereinbarten deutschen Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 zu erreichen, müsse der deutsche Gasverbrauch jedoch ohnehin stetig weiter reduziert werden. In einem, nach Ansicht des New Climate Institut ebenso wie dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, realistischen Szenario, werden die Netto-Importe nach Deutschland über Land im kommenden Jahr 75 Milliarden m3 betragen und dann drei Prozent pro Jahr abnehmen. So überstiege bis 2035 die Nachfrage die Importe um höchstens 15 Milliarden m3 pro Jahr, mit sinkender Tendenz ab 2030. „Diese Lücke könnte entweder durch ambitioniertere Reduktionen oder durch drei schwimmende Terminals abgedeckt werden. Nach 2035 würden sie nicht mehr benötigt werden“, schreiben die Autor:innen der Studie.

Bis 2045 auf Null sinken

Alle elf geplanten LNG-Terminals dagegen würden, mit einer Gesamtkapazität von etwa 73 Milliarden m3 pro Jahr, den Import von etwa 50% mehr Gas ermöglichen als vor dem Krieg aus Russland bezogen wurde (46 Milliarden m3 pro Jahr). Dabei müsste, verschiedenen Szenarien zur Klimaneutralität nach dem deutschen Klimaschutzgesetz folgend, der Gasverbrauch im Jahr 2030, etwa 20 bis 30 Prozent unter dem Vorkriegsniveau liegen. Bis 2035 müsste der Gasbedarf gegenüber dem heutigen Niveau um die Hälfte, bis 2040 um vier Fünftel und bis 2045 auf fast Null sinken. Zudem weisen die Wissenschaftler:innen vom New Climate Institute daraufhin, dass Deutschland seine Klimaziele noch einmal deutlich verschärfen müsste, um einen fairen Beitrag zu den Pariser Klimazielen zu leisten. Auch binde der Aufbau der LNG-Terminals Ressourcen und Aufmerksamkeit, die dann für Energieeffizienz-Maßnahmen und Ausbau der erneuerbaren Energien nicht zur Verfügung stünden. 

Bundesregierung und Betreiber der LNG-Terminals versprechen indes, die Anlagen fit für die spätere Aufnahme von grünem Wasserstoff und Ammoniak zu machen. Dies sei jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet, wie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI auf Grundlage einer eigenen Studie im Auftrag der European Climate Foundation zuletzt warnte. Eine Umrüstung von LNG-Terminals zur Anlandung und Weiterverbreitung von Ammoniak, wie auch Wasserstoff würde große technologische Herausforderungen mit sich bringen. Ammoniak habe eine günstigere Siedetemperatur als LNG und daher geringere Anforderungen an die thermische Isolation, sei aber korrosiv und giftig, so die Forscher:innen, die weiter schrieben: „Flüssiger Wasserstoff hingegen hat einen noch niedrigeren Siedepunkt als LNG, kann Materialversprödung verursachen und geht aufgrund des Explosionsrisikos mit hohen Sicherheitsanforderungen einher.“

Die Umstellung auf Ammoniak oder flüssigen Wasserstoff müsse bereits bei der Planung der Terminals berücksichtigt werden. Beim Speichertank – dem mit Abstand teuersten Bauteil – etwa sollten kompatible Materialien, wie spezielle Edelstähle verwendet werden. Doch selbst bei einer vollständigen Berücksichtigung der späteren Umrüstung müssten wohl bei einem späteren Betrieb mit Ammoniak 30 Prozent der Investitionskosten erneut getätigt werden. Bei einer Umstellung auf flüssigen Wasserstoff könnten sogar 50 Prozent der ursprünglichen Investitionskosten erneut anfallen. Zudem sei es nicht möglich, die Terminals flexibel mit verschiedenen Energieträgern zu betreiben. Im Falle von Flüssigwasserstoff fehle es zudem an praktischen Anwendungen im großindustriellen Maßstab.

Das New Climate Institute weist zudem daraufhin, dass der Bedarf an importiertem Wasserstoff in einem klimaneutralen Deutschland deutlich kleiner sein werde als der jetzige Gasbedarf. Prognosen würden von etwa 265 Terrawattstunden im Jahr 2045 ausgehen. Das entspreche 27 Milliarden Kubikmeter Erdgas, wobei Ein Drittel des Wasserstoffbedarfs durch heimische Produktion bereitgestellt werde und es nur für zwei Drittel der entsprechenden Infrastruktur bedürfe. Demnach würde nur ein Fünftel der Energiemenge, die heute durch Gas bereitgestellt wird, durch importierten Wasserstoff ersetzt, so die Autor:innen des Berichts. mg


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