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Neue Geschäftsmodelle für Solarstrom in Europa

Innovative Geschäftsmodelle rund um die Photovoltaik möchte Solarpower Europe voranbringen. Die europäische Branchenvereinigung zeigt hierfür in einem Leitfaden Wege und Beispiele auf. Als zukunftsweisend werden Eigenverbrauch, Stromabnahmeverträge, Genossenschaften und virtuelle Kraftwerke gesehen.

27.01.2017 –  Photovoltaik ist eine Technologie mit hohen Anfangs- und niedrigen Betriebskosten – die Erträge verteilen sich auf mindestens 20 Jahre, betont der Verband. Auf die Kapitalkosten entfallen rund 30 Prozent der gesamten Solarstrom-Gestehungskosten (LCOE). „Daher kommt der Senkung dieser Kosten in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle zu, wenn es um den kostengünstigen Photovoltaik-Ausbau geht“, betont Sonia Dunlop, Autorin des Leitfadens und Politikberaterin bei Solarpower Europe. Neue und innovative Finanzierungsmechanismen und Geschäftsmodelle könnten helfen, sowohl die Risiken als auch die Anlaufkosten zu minimieren.

Finanzielle Risiken minimieren

In dem 96-seitigen Leitfaden „EU-wide Solar PV Business Models“ geht der Verband auf die ganze Bandbreite von Anwendungen ein: von privaten Dachanlagen auf Einfamilienhäusern, Mieterstrom in Mehrfamilienhäusern über Gewerbebauten bis hin zu Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Hierzu wurden jeweils Beispiele für vorbildliche Geschäftsmodelle und Finanzierungen zusammengetragen.

„Uns geht es darum, diese in Europa bekannter zu machen und umzusetzen, um den Ausbau der Photovoltaik weiter voranzutreiben“, so Dunlop. Letztendlich gehe es darum, den Wert von Solarstrom zu steigern und die finanziellen Risiken zu mildern, egal ob es sich um eine Dach- oder Freiflächenanlage handle. „Die Politik ist gefordert die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen, damit sich neue Geschäftsmodelle am Markt durchsetzen können,“ unterstreicht Dunlop. Vor allem müsse es darum gehen, dass Eigenverbrauchs- und Direktvermarktungsmodelle nicht behindert werden. Gleichzeitig müsse bei Banken und Finanzinstituten das Verständnis für die Photovoltaik erhöht werden.

20.000 Euro Einsparung jährlich durch Eigenverbrauch

Als gelungenes Beispiel für den Eigenverbrauch führt der Leitfaden ein Projekt in einem gemischten Wohn- und Geschäftshaus in Tradate, nordwestlich von Mailand auf. Der mehrstöckige Neubau hat eine 80 Kilowatt starke Photovoltaik-Dachanlage. Um den Eigenverbrauch angesichts der hohen Energieeffizienz des Gebäudes zu maximieren, wird der Solarstrom auch für die elektrische Raumheizung, die Kühlung und die Warmwasserbereitung verwendet. Auch eine geothermische Anlage liefert Wärme an die 40 Wohnungen und mehrere Geschäfte der Domus Energethica. Die Photovoltaikanlage kostete 100.000 EUR beziehungsweise 1.250 EUR Euro pro Kilowatt.

Der Bauherr beauftragte eine Energie-Servicegesellschaft mit der kompletten Strom- und Wärmeversorgung des Gebäudes. Der gesamte jährliche Strombedarf wird auf rund 100 Megawattstunden veranschlagt, wovon die PV-Dachanlagen gut 95 Prozent decken soll. Durch den hohen Eigenverbrauchsanteil des Solarstroms spart die Energieservice-Gesellschaft zwischen 16.000 und 20.000 Euro jährlich, indem nur noch minimal Netzstrom mit einem Bezugspreis von 0,23 Euro pro Kilowattstunde zugekauft werden muss. Über das Energieservicemodell kann der Bauherr den Mietern eine jährliche Energiekostenpauschale von 750 Euro pro Wohnung garantieren, was die Rechnung vom Energieversorger ersetzt.

Günstiger Solarstrom durch Direktbelieferung

Ein wegweisendes Projekt für einen direkten Stromabnahmevertrag wurde bei l`Oreal im Großraum Turin umgesetzt. Enersol baute und betreibt auf der Fabrik des Kosmetikherstellers in Settimo Torinese eine drei Megawatt starke Photovoltaikanlage.  Die Investitionskosten lagen bei rund drei Millionen Euro, was Systemkosten von circa 1.000 Euro pro Kilowatt entspricht. Die Anlage erzeugt jährlich rund 3.600 Megawattstunden, das sind rund 1.200 Kilowattstunden pro Kilowatt. Enersol verkauft den Solarstrom zu günstigen Konditionen direkt an L`Oreal. Der in dem Stromabnahmevertrag vereinbarte Preis orientiert sich an dem Einkaufspreis des Unternehmens für Netzstrom und gewährt hierauf einen Rabatt von acht bis 12 Prozent. Das Projekt konnte ohne jegliche staatliche Förderung oder Steueranreiz realisiert werden. Durch den Solarstrom kann etwa 30 Prozent des gesamten Strombedarfs der Fabrik gedeckt werden.

Erfolgreiches Crowdfunding für Oakapple

Als ein gelungenes Beispiel für die gemeinschaftliche Photovoltaikfinanzierung nennt der Leitfaden das Oakapple Renewable Energy Project. Oakapple betreibt Solarstrom-Dachanlagen mit einer Gesamtleistung von 434 Kilowatt in neun Reihenhaussiedlungen in Großbritannien. Finanziert wurden sie per Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 435.000 Britische Pfund über die Crowdfunding Plattform Abundance Investment. Oakapple Renewable Energy refinanziert das Projekt über Einspeisetarife. Die Schuldverschreibungen werden über eine Laufzeit von 20 Jahre an die Investoren halbjährlich mit einer Verzinsung zwischen 7,4 und 8,6 Prozent zurückgezahlt. Im Gegenzug können die Hausbesitzer dafür den von ihren Anlagen erzeugten Strom kostenfrei nutzen.

Günstiger Mieterstrom von der Heidelberger Energiegenossenschaft

Als beispielhaft führt Solarpower Europe auch das Mieterstrommodell der Heidelberger Energiegenossenschaft und der Baugenossenschaft Familienheim Heidelberg auf. Im Stadtteil Nußloch beziehen 116 Mieter kostengünstig Solarstrom vom eigenen Dach. Er liegt mit derzeit 25,4 Cent plus einer monatlichen Gebühr von 6,95 Euro unter dem Preis des Grundversorgers. Für die reibungslose Belieferung kooperiert die Heidelberger Energiegenossenschaft mit der Naturstrom AG. Den Mietern wurde auch die Möglichkeit geboten, sich über die Energiegenossenschaft an den Photovoltaikanlagen auf den Satteldächern der Mehrfamilienhäuser zu beteiligen. Sie erzielen eine Spitzenleistung von 445,5 Kilowatt. Angeboten wurde ein Paket in Höhe von 1.000 Euro, das aus einem Darlehen in Höhe von 800 Euro und zwei Aktien mit je 100 Euro besteht. Das Darlehen wird über 20 Jahre mit drei Prozent verzinst, das heißt die Mieter bekommen bis dann 1.400 Euro zurück. Hans-Christoph Neidlein

Den Leitfaden gibt es kostenfrei hier.


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