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Photovoltaik ohne Bürger

Die Zubauziele bei Photovoltaik werden verfehlt. (Foto: Naturstrom AG)

Es werden kaum noch neue Solarkraftwerke auf den Dächern installiert. Die Zubauziele der Bundesregierung werden erheblich verfehlt, seit 2007 waren die Zahlen nicht mehr so niedrig. Hat Berlin die Energiewende von der Agenda gestrichen? Ein Kommentar.

05.10.2015 – Im August betrug die Summe der gemeldeten neu installierten Leistung der geförderten Photovoltaikanlagen in Deutschland nur noch 266 Megawatt. Davon machten gut 199 Megawatt Freiflächenanlagen aus – ein Mitnahmeeffekt, denn seit dem 1. September werden größere Bodenanlagen nur noch über das Ausschreibungsmodell vergütet. Die Investoren wollten also ihre Freiflächen-Projekte noch vor der Umstellung an das Netz anschließen. Das heißt im Klartext: Es werden so gut wie keine Solarkraftwerke mehr auf den Hausdächern der Bürger installiert! Womöglich meint es Berlin doch nicht so ernst mit der Energiewende?

Wir finden unser eigenes Ziel unbedeutend, das könnte die Botschaft der Bundesregierung sein. Jedenfalls stellte denn jüngst auch Peter Franke, Vizepräsident der Bundesnetzagentur, fest: „Die Zubauzahlen der vergangenen zwölf Monate liegen mit etwa 1.437 Megawatt unterhalb des gesetzlich festgelegten Zubaukorridors von 2.400 bis 2.600 Megawatt. Als Folge stagnieren die Vergütungssätze zum ersten Mal überhaupt.“ Der Zubau ist so niedrig wie im Jahr 2007. Die Solarförderung wird nicht mehr gekürzt – weil ohnehin niemand neue Anlagen installiert. Dass der Schritt der Bundesnetzagentur den Niedergang der häuslichen Photovoltaik stoppt, ist nicht anzunehmen.

Wir – die Bürger – wollen unseren eigenen Strom machen, weil er garantiert umweltfreundlich ist, wenn er von der Sonne über dem Dach stammt. Und auch, weil wir unabhängig sein möchten, von einer Strompreisbildung, die wir kaum verstehen und nicht beeinflussen können. Doch dann kam im vergangenen Jahr mit der EEG-Novelle die Sonnensteuer, also die EEG-Umlage auf im eigenen Heim hergestellten und verbrauchten Solarstrom. Ein dicker Bremsklotz für die Energieautarkie. Und ein maßgeblicher Grund, warum der Photovoltaikzubau zum Erliegen gekommen ist. Experten warnten im Vorfeld genau davor. Ein Gutachten, das das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) im Auftrag der Bundesregierung erstellt hatte, kam zu dem Schluss, dass eine Sonnensteuer die Kosten für die Energiewende nicht senke und der falsche Hebel sei. Und dennoch, sie kam. Warum?

Hinzu kommt die Umstellung des bewährten Systems über Fördertarife auf Ausschreibungen. Erste Ausschreibungsrunden für Freiflächenanlagen laufen bereits. Ab 2017 soll es auch für alle anderen Ökokraftwerke nur noch Ausschreibungen geben. Das Modell ist für größere Unternehmen geeignet, nicht jedoch für Bürgerenergiegenossenschaften. Deutschlandweit sind mehr als 200.000 Bürgerinnen und Bürger Mitglied einer der rund 800 Energiegenossenschaften. Dass Männer und Frauen einer Gemeinde oder Ortschaft selber ein Projekt auf die Beine stellen, aus Überzeugung, ist unter den inzwischen massiv erschwerten Bedingungen sehr unwahrscheinlich geworden. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, in dem die großen Energiekonzerne organisiert sind, hingegen wird nicht müde, das neue Ausschreibungsmodell öffentlich zu loben.

Will Berlin die Energiewende aushöhlen? Vielleicht nicht generell. Doch es scheint, dass der Elan, den die Menschen bei der Energiewende in den letzten Jahren entwickelt haben, so manchem Regierungsvertreter unheimlich geworden ist. Energiewende erstmal ohne Bürger, das ist die Stoßrichtung. Die Zahlen des Photovoltaikzubaus sind der erste dicke blaue Fleck. Kommentar von Rebecca Raspe


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