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SolarkatasterSolarstrom von der Hausfassade birgt großes Potenzial

Altes Kirchengebäude mit Photovoltaikfassade in Südfrankreich
Fassaden können wie Dächer für die solare Energiegewinnung genutzt werden, wie etwa bei der ehemaligen Kirche mit bauwerksintegrierter Photovoltaik im südfranzösischen Alès. Ein Solarkataster für Gebäudefassaden zeigt nun die großen Potenziale in Deutschland. (Foto: Nicole Allé)

Die Installation von PV-Anlagen auf Dächern läuft. Ein Solarkataster zeigt nun das große Potenzial von Fassaden zur Solarenergie-Gewinnung. Wenn der Gebäudesektor bis 2050 klimaneutral werden soll, müssen mehr Gebäude zur Energieversorgung beitragen.

26.01.2021 – Solarenergie ist ein entscheidender Baustein der dezentralen Energiewende. Ob in der Freifläche oder auf Dächern – Photovoltaik und Solarthermie tragen seit vielen Jahren zur ökologischen Energiewende und damit zum Erreichen der Klimaziele bei. Die Lust vieler Menschen, sich an der Energiewende zu beteiligen, ist trotz politischer Hürden ungebrochen. Die Installation von PV-Dachanlagen hat im vergangenen Jahr wieder zugelegt. Eine Hochrechnung von EUPD Research zeigt, dass es in diesem Segment mehr als ein Gigawatt Neuinstallationen geben soll.

Die Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach hat sich im deutschen Gebäudesektor längst etabliert. Die Solarkataster vieler Kommunen geben Auskunft über das Potenzial und wollen damit möglichst viele Bürger zur Installation auf einer Solaranlage auf dem eigenen Hausdach animieren.

Dabei bieten nicht nur Dächer Platz für Photovoltaik-Anlagen. Auch Fassaden könnten bei Energiewende und Bodenschutz eine bedeutendere Rolle spielen als bislang berücksichtigt. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung hat deshalb gemeinsam mit dem Fraunhofer ISE das theoretische Flächenpotenzial für Photovoltaik an Fassaden für ganz Deutschland erhoben. Das sei doppelt so groß wie das der Dächer, so das Ergebnis der Forscher.

12.000 Quadratkilometer Fassadenfläche für Solarenergie

„Für das Ziel der Bundesregierung, im Gebäudebestand bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, wird es nicht ausreichen, auf allen geeigneten Dächern in Deutschland Solaranlagen zu installieren“, sagt Martin Behnisch vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR). Auf Basis amtlicher Geodaten hat das Team um Behnisch untersucht, welche Flächenpotenziale für bauwerksintegrierte Photovoltaik (BIPV) die Gebäudefassaden in Deutschland bieten. Laut Erhebung ließe sich demnach das theoretische Flächenpotenzial auf rund 12.000 Quadratkilometer Fassadenfläche und knapp 6.000 Quadratkilometer Dachfläche beziffern, so Behnisch. Gebäudefassaden böten damit rund doppelt so viel potenzielle Fläche für Photovoltaik-Module wie Dächer. Behnisch räumt allerdings ein, dass es sich im Moment noch um theoretische Flächenpotenziale handle.,Denn die Ergebnisse stützen sich auf Daten, die die Verhältnisse in der Realität zum Teil stark vereinfachen.

Für ihre Untersuchung hat das Forscherteam ein 3D-Gebäudemodell des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie (BKG) analysiert. Es enthält Informationen zum gesamten Gebäudebestand der Bundesrepublik. Dabei wurden detaillierte Dachformen und daraus resultierende Giebelwände, Fenster, Türen, Auskragungen wie Balkone und andere Installationen in den stark vereinfachten Gebäudemodellen nicht berücksichtigt. Sie sind damit in den ermittelten Flächenpotenzialen noch nicht eingerechnet.

Auch Aspekte wie Denkmalschutz oder Fassaden-Ästhetik wurden nicht mit einbezogen. Detailanalysen gebe es allerdings in drei Fokusgebieten – den Städten München, Freiburg und Dresden, sowie einer bundesweiten Stichprobe von 100.000 Gebäuden. Dabei wurde auf detailliertere Gebäudemodelle mit ihren individuellen Dachformen zurückgegriffen, ebenso wurden die Umgebung der Gebäude – etwa Bäume und ihr Schattenwurf oder die Verschattung durch andere Gebäude – sowie das Gelände und umgebende Berge in die Berechnungen mit einbezogen.

So entstanden verschiedene Visualisierungen zu Flächenpotenzialen und möglichen Solarenergie-Erträgen in Deutschland. Damit ließe sich, so die Forscher, die räumliche Verteilung der Flächenpotenziale in Deutschland aufzeigen. Dabei stellt die Studie heraus: Wo viele Menschen auf relativ engem Raum leben, ist auch das Potenzial für bauwerksintegrierte Photovoltaik-Module besonders hoch – bspw. in den Ballungsräumen Rhein-Main, Rhein-Neckar und Rhein-Ruhr der Fall, ebenso in den städtischen Ballungszentren Berlin, Hamburg, Bremen, München oder dem Sachsendreieck Dresden-Leipzig-Chemnitz.

Die Modellierung der potenziellen Sonnenenergieerträge am Beispiel konkreter Gebäude mache deutlich, dass sich die Installation von Photovoltaikanlagen an Fassaden vor allem bei großen Gebäuden wie Produktionshallen, Bildungseinrichtungen oder öffentlichen Gebäuden lohne. Ebenso bieten große Wohnkomplexe wie Hochhäuser großes Potenzial, so Behnisch.

CO2 einsparen und Flächenverbrauch reduzieren

Das Projektteam im IÖR sieht die gewonnenen Daten als ersten Schritt zu einer besseren Planung der Energiegewinnung an Gebäuden. Im nächsten Schritt müssten die Daten an den konkreten Standorten noch durch genauere Analysen spezifiziert werden. „Aber sie geben doch einen Eindruck davon, welche großen Potenziale in bauwerksintegrierter Photovoltaik schlummern“, sagt Behnisch. Vor allem mit Blick auf die Ziele zur CO2-Einsparung seien dies wichtige Ansatzpunkte. Ebenso mit Blick auf die Herausforderungen der E-Mobilität, vor allem im urbanen Raum.

Zudem sehen die Forscher Vorteile für den Flächenverbrauch – denn jedes Photovoltaik-Modul, das an einer Hausfassade installiert werden kann, könnte den Bau flächenintensiver Solarparks reduzieren. Noch ist die Fassadenintegration von Solarmodulen relativ teuer, im Vergleich zu standardisierten Dachanlagen.

Die Integration von Solartechnologie in die Gebäudehülle fristet nach wie vor ein Schattendasein. In Frankreich wird die gebäudeintegrierte Photovoltaik immerhin gefördert, mit sehenswerten Ergebnissen – hierzulande muss Solarenergie am Gebäude vor allem günstig und ertragreich sein. Viele Architekten und Bauherren schrecken daher vor der Integration von Photovoltaik in der Fassadengestaltung noch zurück. na


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