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Windenergie an LandZubau und Genehmigungen im Aufwind

Windräder in einer verschneiten Winterlandschaft
Die Hoffnung für den benötigten Hochlauf der Windenergie an Land ist da (Bild: Christian Reimer, flickr, CC BY-SA 2.0 Deed)

Die Zahlen für 2023 zeigen, die Richtung beim Zubau der Windenergie an Land in Deutschland stimmt. Für die Ausbauziele aber muss die Windkraft noch einmal deutlich an Fahrt aufnehmen. Für die Politik steht weiter viel Arbeit an.

17.01.2023 – Zunächst die positiven Erkenntnisse: 745 neue Windenergie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3.567 Megawatt gingen im Jahr 2023 auf deutscher Landfläche in Betrieb. Das ist eine Steigerung des Zubaus von 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr, so die Analyse von Deutsche WindGuard, im Auftrag des Bundesverband WindEnergie und dem VDMA. Auch die Zahl der genehmigten Anlagen schnellte 2023 nach oben. 1.382 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von 7.504 MW wurden 2023 genehmigt – ein Plus von 73 Prozent gegenüber 2022. Zudem steigt die Realisierung bezuschlagter Anlagen aus den letzten Jahren deutlich an.

Besonders ein Land sticht beim Windenergieausbau hervor: 249 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.210 MW wurden 2023 in Schleswig-Holstein errichtet. Das entspricht einem Anteil von 34 % am Gesamtzubau in Deutschland. Noch einmal deutlicher wird der Vorsprung des nördlichsten Bundeslandes bezogen auf die Fläche. 77 Kilowatt pro Quadratkilometer wurden dort 2023 installiert. Zum Vergleich: die beim Zubau folgenden drei Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg kommen auf 10 bis 20 kW/km2. Mit Anteilen von 12 bis 18 % am Gesamtzubau des Jahres 2023, leisten aber auch diese drei Bundesländer einen erheblichen Beitrag.

Bei den Zuschlägen in Ausschreibungen wiederum war Nordrhein-Westfalen 2023 Spitzenreiter, gefolgt von Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Gesetzesänderungen und neue Flächenausweisungen der seit 2022 regierenden Koalition aus CDU und Grünen zeigen erste Wirkung. Im Sommer wurde die 1000 Meter Abstandsregel für Windräder endgültig gekippt.

Viel Luft nach oben

In Bayern hingegen gilt weiterhin eine Abstandsregel des Zehnfachen der Höhe eines Windrades. Und damit zu den negativen Erkenntnissen: Das flächenmäßig größte Bundesland installierte 2023 gerade einmal 7 neue Anlagen, dabei wurden sogar zwei abgebaut. Der Netto-Zubau betrug am Ende 23 MW. Bezogen auf die Leistungsdichte des Gesamtbestandes ist Bayern weiterhin Schlusslicht in Deutschland – mit weniger als 50 kW/km2 zum Ende des Jahres. Es folgen Baden-Württemberg und Sachsen mit Werten zwischen 50 und 100 kW/km2.  Beim Spitzenreiter Schleswig-Holstein hingegen stehen inzwischen 541 kW/km2.

Es sind vor allem die Länder mit einem geringen Zubau und vergleichsweise wenig bezuschlagten Projekten, die das politisch gesetzte Ziel im EEG 2023 von 115 Gigawatt Windkraft an Land im Jahr 2030 gefährden. So sollen die Klimaziele einer Treibhausgasreduktion von 65 Prozent gegenüber 1990 erreicht werden, mit einem Anteil Erneuerbarer Energien im Strommix von 80 Prozent. Aktuell liegt der kumulierte Bestand in Deutschland bei 61 GW. Bis Ende 2024 sieht der Ausbaupfad eine Leistung von 69 GW vor. Das bedeutet der Zubau im letzten Jahr von 3,5 GW muss in diesem Jahr mehr als verdoppelt werden. Aus den bis Mai letzten Jahres bezuschlagten Mengen heraus rechnen WWF und Deutsche Umwelthilfe jedoch nur mit einem Zubau von bis zu 6,27 GW.

Und auch die insgesamt erfolgten Ausschreibungsrunden 2023 lassen für die kommenden zwei bis drei Jahre nicht den benötigten Zubau erhoffen.  Zwar stellt die Zuschlagsmenge des Jahres gegenüber dem Vorjahr eine Verdoppelung dar, aber insgesamt waren die Runden unterzeichnet. Das heißt, es wurden weniger Zuschläge erteilt, als ausgeschrieben waren, weil der Wettbewerb um die Zuschläge so gering war. Einem Ausschreibungsvolumen von 9.829 MW, standen am Ende nur 6.399 MW gegenüber. Ursprünglich geplant waren sogar 12,8 GW. Die Bundesnetzagentur verringerte das Volumen aber bereits wegen des erwarteten geringen Interesses an Ausschreibungen.

Ein großer Aufgabenkorb für 2024

Noch ist die Realisierung von Windenergie-Projekten mit hohen bürokratischen Hürden verbunden, die erst langsam abgebaut werden. Insbesondere seit 2018 stieg die Zeit für die Realisierung eines Windenergieprojektes – von Planung bis Fertigstellung – laut Fachagentur Wind an Land im Durchschnitt auf 8 Jahre. Selbst wenn alle Genehmigungen für den Bau erteilt sind, erweisen sich als Nadelöhr weiterhin die Transporte der riesigen Bauteile, insbesondere der Rotorblätter, die aktuell nicht mehr in Deutschland hergestellt werden.

80 Prozent der Rotorblätter werden über den Hafen in Cuxhaven importiert. Ein Ausbau des Hafens ist nötig, um zusätzlich Kapazitäten für den erhofften Hochlauf der Windenergie zu schaffen. Zudem ist es bislang mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden Schwerlasttransporte zu genehmigen. Im Durchschnitt 3 bis 4 Monate dauert ein solcher Prozess. Zum Vergleich: In den Niederlanden erfolgt eine entsprechende Zustimmung in 15 Tagen. Durch eine Bündelung bisheriger Einzelgenehmigungen soll es auch in Deutschland deutlich schneller gehen. Das ist das Ergebnis eines Bund-Länder Paktes zur Planungsbeschleunigung.

So soll es mehr Geld für Personal in den zuständigen Behörden geben. Die Rede ist von rund 500 Millionen Euro. Bevor alle Unterlagen eingegangen sind, wird ein vorzeitiger Beginn von Bauvorhaben möglich sein. Mithilfe von Datenbanken wird es kürzere Fristen geben. Zudem komme eine Stichtagsregelung, nach deren Ablauf Projekte als genehmigt gelten, so die Pläne. Insgesamt soll die Digitalisierung in den Behörden deutlich vorangetrieben werden. Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverband WindEnergie, fordert: „Diese Beschlüsse müssen nun schnellstmöglich, am besten noch im ersten Quartal dieses Jahres, in Gesetze gegossen werden.“ Nur so könnten die bezuschlagten Projekte reibungslos realisiert werden.

Dennis Rendschmidt vom VDMA fordert zudem, den Industriestandort Europa weiter zu stärken und resilienter aufzustellen. Das im EU-Net Zero Industry Act angelegte politische Ziel einer souveränen europäischen Windindustrie sei richtig. „Die deutschen und europäischen Hersteller finden sich in einem ungleichen Wettbewerb mit weitgehend staatlich unterstützten Unternehmen aus China und über den Inflation Reduction Act großzügig bezuschussten Playern aus den USA wieder. Es braucht ein Level Playing Field, um in diesem Umfeld bestehen zu können. Grundvoraussetzung dafür ist ein europäischer Rahmen, der die Nachfrage stabilisiert, einen Wettbewerb auf Augenhöhe in Europa insbesondere gegenüber Marktakteuren mit ungleichen Voraussetzungen gewährleistet und die Skalierung der Produktion stärkt“, so Rendschmidt. mg


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