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Klimakrise – ErderwärmungHitzeextreme im Boden bislang unterschätzt

Waldboden, Gras, Bäume
Der Klimawandel wirkt sich auf Hitzeextreme im Boden wohl noch sehr viel stärker aus als in der Luft – und erwärmt wiederum die Luft. Bäume puffern die Hitze ab. (JuniperPhoton on Unsplash)

Die Erderwärmung infolge des Klimawandels wirkt sich auf Intensität und Häufigkeit von Hitzeextremen im Boden deutlich stärker aus als in der Luft, wie neue Messungen belegen. Das beschleunigt wiederum den gefährlichen Hitzekreislauf.

 

09.10.2023 – Über Bodentemperaturen war lange Zeit wenig bekannt, weil keine verlässlichen Daten vorlagen – denn im Unterschied zu den oberflächennahen Lufttemperaturen ist die Messung der Bodentemperaturen deutlich aufwändiger. Ein vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) angeführtes Forschungsteam hat nun neue Daten gesammelt und dabei herausgefunden, dass sich Boden- und Lufttemperaturen nicht nur deutlich unterscheiden können, sondern auch, dass sich der Klimawandel auf die Intensität und Häufigkeit von Hitzeextremen im Boden deutlich stärker auswirkt als in der Luft. Die Ergebnisse gelten insbesondere für Mitteleuropa, berichten die Studienautoren im Fachjournal Nature Climate Change. Hitzeextreme im Boden werden demnach bislang unterschätzt.

Mitteleuropa im Hitze-Fokus

Das Forschungsteam hat für seine Studie Daten aus meteorologischen Messstationen, von Fernerkundungssatelliten sowie aus Simulationen von Erdsystemmodellen gesammelt und ausgewertet. Sie berechneten den Index für die zehn Zentimeter dicke obere Bodenschicht und für die oberflächennahe Luft in bis zu zwei Metern Höhe für die Jahre 1996 bis 2021.

Der Trend in den Hitzeextremen im Boden ist demnach an zwei Dritteln der insgesamt 118 ausgewerteten meteorologischen Messstationen stärker als in der Luft. „Das bedeutet, dass Hitzeextreme im Boden viel schneller entstehen als in der Luft“, sagt die Erstautorin Almudena García-García. Regional gesehen betreffe das vor allem Deutschland, Italien und Südfrankreich. In Mitteleuropa beispielsweise nehme laut Stationsdaten die Intensität der Hitzeextreme im Boden um 0,7 Grad Celsius/Jahrzehnt schneller zu als in der Luft, berichten die Forschenden.

Wälder-Schwund ist ein Problem

Das Forschungsteam untersuchte neben der Intensität auch die Häufigkeit von Hitzeextremen im Boden. Und fand heraus, dass die Anzahl der Tage mit Hitzeextremen im Boden doppelt so schnell zunimmt wie in der Luft. „Gibt es zum Beispiel monatlich 10 Prozent heiße Tage im Boden und in der Luft, wird es ein Jahrzehnt später 15 Prozent heiße Tage in der Luft und 20 Prozent heiße Tage im Boden haben“, sagt Almudena García-García.

Ausschlaggebend dafür sei die Bodenfeuchtigkeit, die eine wichtige thermische Rolle im Austausch zwischen Luft- und Bodentemperaturen spiele – diese sei stark von der Landbedeckung abhängig: So könnten in Wäldern Bäume mit ihren Wurzeln tiefer liegendes Bodenwasser ziehen und im Sommer die Verluste durch Verdunstung reduzieren. Landwirtschaftliche Nutzpflanzen oder Grünländer könnten dagegen nur auf oberflächennahes Bodenwasser zugreifen.

Bislang unterschätzte Folgen der schnelleren Boden-Erwärmung

Der Unterschied der Temperaturen in bodennaher Luftschicht und im Boden haben zusätzliche Folgen. Ist die Temperatur im Boden höher als in der Luft, wird laut Studie zusätzliche Wärme an die untere Atmosphäre abgegeben. Dies wiederum lasse die Temperaturen in der Atmosphäre steigen, berichtet das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

„Die Bodentemperatur wirkt als ein Faktor in der Rückkopplung zwischen Bodenfeuchte und Temperatur und kann so in bestimmten Regionen Hitzeperioden verstärken“, erläutert in diesem Zusammenhang Prof. Jian Peng, Co-Autor und Leiter des UFZ-Departments Remote Sensing. Diese Rückkopplung habe Einfluss „auf viele hydrologische Prozesse, die etwa für die Landwirtschaft und damit für die Nahrungsmittelsicherheit bedeutsam sind, auf Ökosysteme, weil temperaturtolerante Arten begünstigt werden könnten, oder auf die Speicherung des terrestrischen Kohlenstoffs.“ Studien über die Auswirkungen von Hitze-Extremen, die vor allem die Lufttemperaturen berücksichtigten und dabei den Faktor der Hitze-Extreme im Boden unterschätzt hätten, sind nach Meinung des Forschers deshalb neu zu bewerten.

Gefahr einer Potenzierung der Hitzeperioden

Mit Auswertung von Daten aus Erdsystemmodellen haben die Wissenschaftler zudem untersucht, wie häufig extreme Bodentemperaturen in Zukunft Hitzewellen in der Atmosphäre verstärken könnten, bezogen auf das jeweilige globale Klimaszenario. Würde das 2 Grad- bzw. das 3 Grad-Szenario eintreten, könnte sich das besonders negativ auf Mitteleuropa auswirken im Vergleich zu einer 1,5 Grad-Erwärmung. So könnte es in Zukunft beispielsweise um acht Prozent mehr heiße Tage geben, an denen der Boden Wärme an die Atmosphäre abgibt – was wiederum die Hitzeperioden in der Luft verstärke, so die Forschenden.

Mit diesen Ergebnissen macht das Forscherteam noch einmal eindringlich deutlich, dass Böden eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Entwicklung von Hitzeextremen spielen werden und dieses Phänomen in den Berechnungen unbedingt berücksichtigt werden wollte.

Erwärmte Böden verstärken CO2-Emissionen

In einer früheren Studie im Fachmagazin „Nature“ hatten Forschende festgestellt, dass wärmere Böden zunehmend mehr Kohlendioxid Emissionen freisetzen. Das ist als Szenario bei Permafrostböden bekannt, gelte aber auch für Böden in tropischen Breiten. Auch dieser Effekt wurde bei den Annahmen über zukünftige Emissionen unterschätzt. na


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