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Klimakrise – KipppunkteRegenwald-Zerstörung bringt Monsun in Gefahr

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Ein großer Teil des Regens in den westlichen Teilen des Amazonasgebiets und im südlichen Südamerika stammt aus der Verdunstung durch Amazonasbäume selbst. Weniger Bäume heißt folglich weniger Regen. (Foto: David Geere on Unsplash)

Die Klima-Folgen durch Regenwald-Vernichtung sind bekannt. Forscher sehen einen neuen fatalen Kreislauf. Globale Erwärmung und Entwaldung mit intensivierter Landnutzung können zur kritischen Destabilisierung des südamerikanischen Monsuns führen.

11.10.2023 – Der Amazonas-Regenwald wird auch als grüne Lunge der Erde bezeichnet, er bindet große Mengen an CO2. Schon länger warnen Klima- und Umweltforscher, dass der Regenwald sich einem Kipppunkt nähert. Wird der Wald weiter zerstört und stirbt zu großen Teilen ab, würde das gebundene Kohlendioxid in kurzer Zeit in die Atmosphäre abgegeben – was wiederum die Erderwärmung weiter beschleunigen würde. Klimaforscher befürchten zeitnah einen Kipppunkt, denn Teile des Amazonas-Gebietes in Brasilien drohen zur Savanne zu verkommen. Ein Prozess der Jahrzehnte dauert, aber schwierig umzukehren ist, zeigten Wissenschaftler bereits 2020 in einer Studie.

Die negativen Folgen für Umwelt und Klima durch die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes sind soweit bekannt. Brände und Rodungen setzen dem Regenwald immer weiter zu. Ist der Punkt der kritischen Destabilisierung einmal überschritten, ist in weiten Teilen des südamerikanischen Kontinents mit deutlich weniger Niederschlag zu rechnen, warnen Klimaforscher. Dies hätte wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität des Amazonas-Regenwaldes. Auch Gebiete, die noch nicht direkt von Landnutzungsänderungen betroffen sind, wären dann von existenziellen Schäden bedroht.

In einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Science publiziert wurde, haben Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Tromsø (UiT) nun untersucht, wie Veränderungen von Waldschäden und der Monsunzirkulation miteinander zusammenhängen. „Waldverluste durch direkte Abholzung, Dürren und Brände können das Klima in Südamerika demnach erheblich verändern und dazu führen, dass die komplexen Kopplungsmechanismen zwischen Amazonas-Regenwald und südamerikanischer Monsunzirkulation einen kritischen Punkt der Destabilisierung überschreiten.

Die hier vorgestellten Ergebnisse deuten auf eine bevorstehende Verschiebung im Amazonas-Ökosystem hin, wenn die Abholzung und die globale Erwärmung nicht gestoppt werden", sagt der Erstautor der Studie, Nils Bochow, von der Universität Tromsø, Norwegen und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Starke Anzeichen für abnehmende Stabilität des Monsunsystems

Der Feuchtigkeitsaustausch, der zwischen Regenwald und Atmosphäre über Niederschlag und die Verdunstung erfolgt, ist ein Schlüsselmechanismus für das südamerikanische Hydroklima und die Stabilisierung des Amazonasgebiets insgesamt, erläutern die Forschenden. Ein großer Teil des Regens in den westlichen Teilen des Amazonasgebiets und im südlichen Südamerika stammt aus der Verdunstung durch Amazonasbäume selbst. Für das Funktionieren des südamerikanischen Monsuns und damit auch für die Verfügbarkeit der Feuchtigkeit, die der Amazonas-Regenwald zum Überleben braucht, sei dieser Feuchtigkeitsaustausch entscheidend. Vor allem im östlichen Amazonasgebiet, wo in den letzten Jahren am stärksten abgeholzt wurde, erhöht laut Studie die Schädigung des Waldes jedoch das Risiko, dass dieser Feuchtigkeitsaustausch unterbrochen wird.

Anhand eines dynamischen Simulationsmodells der komplexen Wechselwirkungen zwischen Regenwald und Atmosphäre konnten die Forschenden des PIK und der UiT zunächst die Auswirkungen der Entwaldung auf den Feuchtigkeitstransport in Südamerika vorhersagen. In Beobachtungsdaten konnten sie auf der Grundlage der Ergebnisse der Simulationen entsprechende, signifikante Anzeichen dafür erkennen, dass die Stabilität des südamerikanischen Monsunsystems in den letzten Jahrzehnten tatsächlich abgenommen hat. Sie vermuten, dass diese Entwicklung eine Reaktion auf den anhaltenden Klima- und Landnutzungswandel und die daraus resultierende Degradierung des Amazonas ist.

Verheerender Kreislauf würde in Gang gesetzt

„Ein Zusammenbruch des gekoppelten Regenwald-Monsum-Systems würde in weiten Teilen Südamerikas zu einem erheblichen Rückgang der Niederschläge führen“, erläutert PIK-Forscher und Koautor Niklas Boers. Aufgrund der Komplexität dieses Systems sei eine Abschätzung der Auswirkungen eines Zusammenbruchs des Monsuns jedoch noch mit großen Unsicherheiten verbunden. Die Niederschläge würden vor allem im westlichen Amazonasgebiet und weiter stromabwärts der atmosphärischen Strömung in Richtung der Subtropen stark abnehmen. Dadurch wäre der tiefe westliche Amazonas-Regenwald von einem großflächigen Absterben bedroht. Dies würde wiederum zu einer erheblichen zusätzlichen globalen Erwärmung führen, aufgrund der zusätzlichen Freisetzung von Treibhausgasen durch die absterbenden Bäume.

Ein Rückgang des südamerikanischen Monsuns hätte auch potenziell dramatische Folgen für die Ernährungssicherheit; im La-Plata-Becken mit seiner extensiven Landwirtschaft beispielsweise hängen die Niederschläge entscheidend von der Feuchtigkeitszufuhr aus dem Amazonas ab, erklären die Studienautoren.

Liste der möglichen Kipppunkte erweitert

Die Studie liefert zwar wichtige Hinweise darauf, dass es einen kritischen Punkt der Destabilisierung für das gekoppelte Regenwald-Monsun-System gibt und dieser näher rückt, doch lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt keine Rückschlüsse auf die genaue Position dieses Kipppunkts oder auf seinen Zeitpunkt ziehen, betonen die Autoren. „Unsere Studie setzt den südamerikanischen Monsun auf die Landkarte der potenziellen Kipppunkte des Erdsystems. Sie bestätigt auch die bestehenden Befürchtungen hinsichtlich des Amazonas-Regenwaldes. Der Übergang würde zu wesentlich trockeneren Bedingungen führen, unter denen der Regenwald wahrscheinlich nicht mehr erhalten werden könnte“, erklärt Niklas Boers.

Der politische Druck fehlt

Allein die Vermutung lässt erschauern und zeigt noch einmal deutlich, dass schnellstens gehandelt werden muss. Im August 2023 tagte in Brasilien die Konferenz der Organisation der Kooperation im Amazonasgebiet (OTCA). Dort diskutierten die Amazonas-Anrainerstaaten, wie der Regenwald besser geschützt und eine nachhaltige Entwicklung gefördert werden kann. Indigene Gruppen sowie Klima- und Umweltaktivisten hatten auf konkrete Maßnahmen und verbindliche Zusagen gehofft. Doch eine Zusage über das Ende der Abholzung blieb aus. na


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