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Earth Overshoot Day 2021Ressourcenverbrauch steigt nach Corona-Pause wieder an

Blick auf die Stadt Mumbai mit Slum
Immer mehr Menschen verbrauchen immer mehr Ressourcen und produzieren immer mehr Müll – die Rechnung geht längst nicht mehr auf. Dabei leben die einen vom Müll der anderen. (Foto: Pixabay / Free License)

Bereits Ende Juli hat die Menschheit in diesem Jahr alle natürlichen Ressourcen verbraucht, die der Planet innerhalb eines Jahres erzeugen und regenerieren kann. Der Earth Overshoot Day liegt 2021 so früh wie im Jahr vor der Pandemie.

29.07.2021 – Heute haben wir das Limit überschritten, die ökologische Belastungsgrenze für den Planeten ist erreicht: Der sogenannte Erdüberlastungstag fällt in diesem Jahr auf den 29. Juli und liegt damit mehr als drei Wochen früher als im vergangenen Jahr, teilten die Umweltorganisationen BUND und Germanwatch Anfang der Woche in Berlin mit.

Vom 1. Januar bis heute hat die Menschheit so viel von der Natur verbraucht, wie unser Planet in diesem Jahr regenerieren kann. Nach einer durch die Corona-Pandemie bedingten Abschwächung überfordern die Menschen die Belastungsgrenzen der Erde inzwischen wieder genauso stark wie bereits im Jahr 2019. Grund seien der starke Anstieg der CO2-Emissionen um prognostizierte 6,6 Prozent gegenüber 2020, sowie der Verlust von 0,5 Prozent Biokapazität der Wälder, vor allem durch die rasante Abholzung des Amazonas-Regenwaldes.

Berechnet wird der Earth Overshoot Day Erdüberlastungstag vom Global Footprint Network. Bei den Berechnungen werden zwei rechnerische Größen gegenübergestellt: zum einen die biologische Kapazität der Erde zum Aufbau von Ressourcen sowie zur Aufnahme von Müll und Emissionen, zum anderen der Bedarf an Wäldern, Flächen, Wasser, Ackerland und Fischgründen.

Ungleiche Verteilung

In den 1970er Jahren lag der Erdüberlastungstag noch im Dezember. Seitdem hat die Weltbevölkerung und deren Konsum insgesamt gesehen massiv zugelegt. Um ihren Ressourcenbedarf nachhaltig zu decken, bräuchte die Weltbevölkerung den Angaben zufolge derzeit rechnerisch rund 1,7 Planeten.

Deutschland hat seinen eigenen Erdüberlastungstag schon am 5. Mai dieses Jahres erreicht. Hochgerechnet verbrauche die Bevölkerung demnach die dreifache Menge an Ressourcen, die ihr zur Verfügung steht. In Deutschland tragen die CO2-Emissionen aus Verkehr und der Kohlekraft, sowie der Verbrauch von Ackerland und Waldflächen am meisten zum überdimensionierten ökologischen Fußabdruck bei.

Ziele statt Taten

Klimakrise, Umweltkatastrophen, kollabierende Ökosysteme, Verlust der Artenvielfalt, Pandemien: Es gibt bislang keinen konsequenten Plan, die permanente Übernutzung der Ressourcen unserer Erde einzuschränken oder auch nur die Folgen in den Griff zu bekommen.  An Zielen mangelt es nicht. Ob Klimaziele oder Nachhaltigkeitsziele: Die politischen Entscheider hangeln sich von Konferenz zu Konferenz und hängen in der Zeitschleife. Der Zielunterbietungswettbewerb wird zur Farce – die Menschenleben kostet, die Umwelt zerstört und das Klima aufheizt.

Im Jahr 2015 hatte die Weltgemeinschaft die Agenda 2030 verabschiedet mit dem Ziel, „weltweit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und dabei die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu bewahren.“ Alle Staaten werden darin aufgefordert, ihr Handeln danach auszurichten. Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die Sustainable Development Goals (SDGs), richten sich an Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft.

Doch angesichts der zunehmenden Erderwärmung mit schwersten Folgen für Umwelt und Menschen, mit Flutkatastrophen und brennenden Wäldern, Hungersnöten auf der einen und Überkonsum auf der anderen Seite der Welt, mit der ungebremsten Finanzierung klimaschädlicher Industrien und Energien, mit gewaltsamer Landnahme und existenzieller Zerstörung – um nur einiges zu nennen – sind wir von Nachhaltigkeitszielen weit entfernt.

Resilienz erhöhen

Nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands mahnen Klima- und Umweltschützer, dass der Aufbau der zerstörten Städte und Infrastruktur den neuen Anforderungen und Nachhaltigkeitskriterien angepasst werden müssen, im Hinblick auf eine klimaresiliente Zukunft und mehr Klimaschutz. Auch die Investitionen zur ökonomischen Erholung nach der Pandemie sollten konsequent an Nachhaltigkeit gekoppelt werden.

Städte in der Klimakrise

„Die zunehmende Ressourcenübernutzung rund um den Globus bahnt eine vorhersehbare Zukunft mit mehr Klimawandel und Ressourcenverknappung an“, sagt Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, anlässlich des Earth Overshoot Day. „Unsere Städte auf diese Zukunft vorzubereiten und damit in uns selbst zu investieren, ist der naheliegendste Weg, unsere eigenen Chancen auf eine sichere Zukunft zu verbessern.“ Bis 2020 war Schneidewind Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.

Erforderliche Maßnahmen

Eine weltweite Halbierung der Treibhausgasemissionen könnte den Earth Overshoot Day um 93 Tage verzögern, rechnet Global Footprint Network vor.

Auch der WWF macht eine Ressourcenrechnung auf:  Rund ein Drittel der jährlich produzierten Lebensmittel geht entweder verloren oder landet am Ende in der Tonne, berichtet die Umweltorganisation, das wären 1,3 Billionen Tonnen jedes Jahr. Wenn wir die weltweite Lebensmittelverschwendung um die Hälfte senken würden, könnten wir den Overshoot Day um 13 Tage verschieben. Würde man den globalen Fleischkonsum um 50 Prozent senken, könnte man 17 Tage gewinnen. Und würden wir beispielsweise 350 Millionen Hektar Wald wiederaufforsten, könnten wir den Overshoot Day um acht Tage verschieben.

Auch beim Thema Mobilität wäre noch viel Raum. 17 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen lassen sich auf die Mobilität eines jenen Einzelnen zurückführen, berichtet der WWF. „Würden wir diesen Ausstoß um 50 Prozent reduzieren und ein Drittel der Wege, die wir sonst mit dem Auto zurücklegen, zukünftig mit öffentlichen Transportmitteln und den Rest mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen, könnten wir den Overshoot Day um 13 Tage verschieben“, so die Berechnungen des WWF.

Der Ruf nach einer gerechten Transformation wird lauter

Die Wirtschaft könne nicht länger nur am Profit ausgerichtet sein, der Klimaziele und Menschenrechte untergräbt, mahnen Klimaschützer. Wenn nicht Energiesysteme konsequent dekarbonisiert, Überkonsum gedrosselt und die Verteilung von Gütern und Nahrung gerechter verteilt werden, wenn nicht die Landwirtschaft im großen Maßstab ökologisch umgestellt wird, wird der Erdüberlastungstag weiter nach vorn rücken – bis zum endgültigen Overshoot. Die Ökosysteme, die uns mit Wasser, Nahrung oder Energie versorgen, könnten kollabieren. Ziel kann nur sein, den Weg zurückzufinden, in den natürlichen Grenzen unseres Planeten zu leben und zu wirtschaften. na


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