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Die Meinung
06. Juni 2017

Keine Wahlkampfpause beim Klimaschutz

Welche Auswirkungen wird der Klimawandel Mitte dieses Jahrhunderts hierzulande und weltweit haben? Wie viele Überschwemmungen, Unwetter, extreme Klimaereignisse wie Dürren, Hurrikans und anderes wird es dann geben?

Hubert Weiger, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Hubert Weiger, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Hubert Weiger ist seit 2007 Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), sitzt im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung und ist Beirat von Transparency International Deutschland. (Foto: BUND)
Foto: BUND

06.06.2017 – Wir haben Mitte Mai, ich sitze am Schreibtisch und draußen sind es 28 Grad im Schatten. Passt gut zu dem Artikel, den ich hier grad schreibe. Wir haben uns inzwischen - scheinbar - an die Klima-Hiobsbotschaften, die vielen zu heißen oder die vielen zu kalten Tage betreffend, gewöhnt. Die Erdatmosphäre erwärmt sich inzwischen menschengemacht in einem Tempo, dass Wissenschaftler klar sagen, wir befänden uns bereits auf bisher unbekanntem Terrain, was die Auswirkungen der Erderwärmung betrifft. Und ausgerechnet jetzt treten wir in die „heiße“ Phase des Bundeswahlkampfs ein, tagtäglich reden Politiker über die Zukunft Deutschlands, aber eines der wichtigsten Zukunftsthemen, nämlich der Klimaschutz, spielt in diesem Wahlkampf bislang überhaupt keine Rolle. Der politische Wettbewerb, der auch darüber entscheiden wird, wie die Klimapolitik Deutschlands und damit auch der EU die nächste Legislaturperiode aussehen wird – lässt ein für die Bewahrung der Lebensgrundlagen zentrales Thema außen vor.

Zum dritten Mal in Folge war das zurückliegende Jahr 2016 global gesehen das heißeste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen vor über 100 Jahren. Klimaforscher gehen davon aus, dass es zuletzt vor etwa 115000 Jahren so warm war wie heute. Und im letzten Winter war die Ausdehnung des arktischen Eises so gering wie noch nie seit Menschengedenken. Die Eisschmelze sowohl am Nord- wie am Südpol lässt den Meeresspiegel weltweit steigen – davon sind die Küsten aller Länder betroffen. Extreme Wetterperioden wie langanhaltende Hitzewellen, Dürren, Kälteperioden, Starkregen, Tornados oder Stürme treten immer häufiger auf. Die Folgen der Klimaerwärmung gehören zu den zentralen Ursachen für die Migration von Menschen innerhalb ihrer Länder und in andere Weltregionen. Gleichzeitig sind in Deutschland, dem „Vorreiter im Klimaschutz“, die CO2-Emissionen seit 2009 kaum gesunken, der CO2-Ausstoß aus dem Verkehr steigt seit Jahren sogar an. Deutschland wird sein Klimaziel für 2020 - 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 - mit Sicherheit verfehlen.

Spätestens seit der Wahl in NRW hat nun der Bundestagswahlkampf begonnen. Nach dem Sieg der CDU in Düsseldorf kündigte Kanzlerin Angela Merkel umgehend an, dass es nun verstärkt um die „Zukunftskonzepte“ der Partei gehen werde und sie nannte als Kernthemen: Digitalisierung, Arbeitsplätze der Zukunft, Generationengerechtigkeit, Bildung und Forschung. Nach inzwischen drei verlorenen Landtagswahlen will auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit einem "Zukunftsplan für Deutschland" in die Offensive kommen. Für ihn heiße das: mehr Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung sowie in die Infrastruktur. Klimaschutz als Zukunftsthema? Fehlanzeige.

Wenn ich an Zukunft denke, denke ich an: Welche Auswirkungen wird der Klimawandel Mitte dieses Jahrhunderts hierzulande und weltweit haben? Wie viele Überschwemmungen, Unwetter, extreme Klimaereignisse wie Dürren, Hurrikans und anderes wird es dann geben? Wird das Leben auf diesem Planeten noch lebenswert sein oder könnte es sehr unwirtlich werden? Werden noch genügend Ressourcen vorhanden sein, um alle Menschen gleichermaßen gut versorgen zu können? Antworten auf solche und viele weitere Fragen werden gravierend durch politische Entscheidungen im Hier und Jetzt beeinflusst. Zukunft lässt sich nur sichern, wenn für unsere Existenz zentrale Herausforderungen wie überhöhter Ressourcenverbrauch, zu viel Treibhausgasausstoß und die allgegenwärtige Umweltverschmutzung endlich ernst und mit großem Einsatz in Angriff genommen werden, und zwar jetzt.

Es ist erschreckend, dass gerade die großen Volksparteien im Wahlkampf nicht zu erkennen geben, ob sie diese Herausforderungen annehmen – allen ausgetüftelten „Zukunftsplänen“ zum Trotz. Von Martin Schulz war bislang noch kein Wort darüber zu hören, was er mit den Kohlekraftwerken in Deutschland vor hat, was er gegen die steigenden CO2-Emissionen des Verkehrssektors unternehmen oder wie er den internationalen Klimaschutz voranbringen will. Angela Merkels Zukunftskonzepte lassen den Klimaschutz ebenfalls außen vor.

Fakt ist: Der Klimawandel legt wahlkampfbedingt niemals eine Pause ein. Während über einen versehentlichen „Geheimnisverrat“ des US-amerikanischen Präsidenten Trump oder einen auf dem Abstellgleis wartenden „Martin-Schulz-Zug“ lang und breit und auf allen Kanälen geschrieben und debattiert wird, gelangen aus Deutschland jeden Tag rund 2,5 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre und heizen das Klima auf. Will sagen: Die Zeit drängt.

Was also gibt es für uns im Wahlkampf zu tun? Der Klima-, Umwelt- und Naturschutz muss hinein in den Wettbewerb um Wählerstimmen! An die erste Stelle muss in alle Wahlprogramme das Ziel, die deutschen Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf nahe Null zu bringen und das klare Bekenntnis, alle dafür notwendigen Maßnahmen einzuleiten.

Ich möchte – für Wahlkampfmanager mundgerecht verpackt in knackige Slogans – drei zentrale Maßnahmen herausstellen, die für den Klimaschutz unverzichtbar sind: 1. „Deutschland wird Weltmeister im Klimaschutz - raus aus der Kohlekraft vor 2030!“. 2. „Deutschland vor, noch ein Tor - mit 100 Prozent erneuerbarem Strom bis 2040!“. 3. „Rote Karte für Abgas-Schummler -Gesundheitsschutz statt Diesel-Subventionen!“.

Angesichts der katastrophalen Luftqualität in unseren Städten und Dank betrügerischer Herstellersoftware für Pkw wird es nämlich höchste Zeit, die Steuerbegünstigungen für Diesel-Kraftstoff und die steuerliche Privilegierung von Dienstwagen abzuschaffen. Na dann, liebe Wahlkampfstrategen in allen Parteien. Auf die Zukunft!

Hubert Weiger ist seit 2007 Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), sitzt im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung und ist Beirat von Transparency International Deutschland.




Kommentare

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Eitel Heck 06.06.2017, 10:56:59

+164 Gut Antworten

Mit allgemeinen

politischen Parolen oder allgemeiner Kritik an der Bundeskanzlerin wird das Klimaproblem nicht besser gelöst.

Die Realisierung der Klimaziele ist deshalb ins Stocken geraten, weil zu einseitig auf den Ausbau von Wind-und Sonnenstrom gesetzt wird und zur Speicherung des überschüssigen Wind-und Solarstroms noch keine bezahlbaren Groß-und Langzeitspeicher zur Verfügung stehen.Es ist in der Klimapolitik mehr Kreativität notwendig:

1. inhaltliche Bewertung des Dual Fluid Kernreaktors, für den ein deutsches Patent vorliegt und der bei Bereitstellung von Fördermitteln in 10 Jahren bis zur Produktionsreife realisiert werden kann.

Vorteile:Nutzung des gegenwärtigen Atommülls zur Stromerzeugung, der ansonsten komplett in geologischen Endlagern entsorgt werden müsste, Kopplung der Stromproduktion mit der Herstellung von Prozesschemie, darunter Kraftstoffen, die ansonsten aus Erdöl hergestellt werden;kein geologisches Endlager, atomarer Abfall wird im kraftwerk gelagert.

Die Technologie ist so sicher, dass diesr Kernreaktor keinerlei aktive Sicherheitssysteme benötigt.

EROI dieses Kernreaktors ohne CO2-Emission 2.000,

zum Vergleich:Kohlekraftwerke 30,

Photovoltaik in Deutschland unter 10,

Dieser Kernreaktor hätte bei der Realisierung Einfluss auf die Industrieproduktivität und das Wohlstandsniveau sowie selbstverständlich auf die Realisierung der Klimaziele in Deutschland.

2. Wasserstoffkraftwerke mit umweltfreundlichen Brennzellen,die in Japan geplant sind;

3:Prüfung, ob Gezeitenkraftwerk an der deutschen Nordseeküste realisierbar ist(Projekt des Ingenieurs Carl Becker),

4. Prüfung des Hydrazins als CO2-emissionsfreier Energieträger;

Die Giftigkeit des Hydrazins ist sicherlich technologisch beherrschbar.

Hydrazin wird bereits als Raketentreibstoff eingesetzt.

Deutsches Patent zur Nutzung von Hydrazin als Kraftstoff für Unterwasserfahrzeuge.

5. Bau von Solarkraftwerken in der Sahara-Wüste duch die Europäische Union.


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