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VerkehrBelohnung für klimaschädliches Verhalten

Autos auf einer Autobahn im Stau
Pendler stecken häufig im Stau. Das kostet Zeit und CO2 (Foto: Giftzwerg 88, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Statt durch die CO2-Bepreisung mehr zu zahlen, werden viele Nutzer:innen von Autos und Flugzeugen belohnt, häufig lange Strecken zurückzulegen. Schuld sind Subventionen, wie Diesel- und Dienstwagenprivileg.

23.04.2024 – Im Jahr 2021 in Deutschland eingeführt, lag der Preis pro Tonne CO2,der in den Sektoren Verkehr und Gebäude verursacht wird, anfangs bei 25 Euro. Zum 01. Januar dieses Jahres stieg der Preis auf aktuell 45 Euro pro Tonne CO2. Doch im Verkehr wird weiterhin klimaschädliches Verhalten belohnt, wie eine Gegenrechnung von Wissenschaftler:innen des Kopernikus-Projekts Ariadne, einem Verbund von Expert:innen verschiedener wissenschaftlicher Institute, ergab.

Nicolas Koch vom Mercator Institute for Global Commons and Climate Change MCC und Teil des Ariadne-Projekts erläutert: „Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem Verkehrsbereich in negative CO2-Preise umgerechnet. Die Umrechnung ermöglicht einen Vergleich mit dem tatsächlichen CO2-Preis für den Verkehr.“ Es sind die vier Subventionen mit Einfluss auf die nationalen CO2-Emissionen des deutschen Verkehrssektors: das Dieselprivileg (Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff), die Pendlerpauschale (Entfernungspauschale), das Dienstwagenprivileg (Pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils privat genutzter Dienstwagen) und die Kerosinsteuerbefreiung (Energiesteuerbefreiung für Kraftstoffe im inländischen Flugverkehr).

Umgerechnet auf den Liter Kraftstoff ergeben sich für die Nutzer:innen durch die Subventionen Kostenersparnisse von 0,18 bis 1,70 Euro pro Liter, je nach Subventionsart und Nutzverhalten. Die Mehrkosten durch den aktuellen CO2-Preis dagegen liegen nur bei 0,11 Cent pro Liter. Insgesamt entsprechen die Subventionen negativen CO2-Preisen von minus 70 Euro bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2.

Die größte Spannweite und den potenziell höchsten negativen CO2-Preis verursacht dabei das Dienstwagenprivileg. Auf zwischen Minus 270 bis Minus 690 Euro pro Tonne CO2 kommen die Forschenden und damit geldwerten Vorteil und zusätzlichen CO2-Ausstoß, die die Nutzung des Dienstwagens für die Nutzer:innen der Autos bedeutet, je nach dem wie häufig sie beruflich und privat den Wagen nutzen. Das Dienstwagenprivileg begünstigt vor allem Haushalte mit hohem Einkommen, so die Forscher:innen des Ariadne-Projekts. Denn nur wenige Erwerbstätige mit geringen oder mittleren Einkommen würden einen Dienstwagen besitzen. Auch Pendlerpauschale und Dieselprivileg kommen tendenziell mittleren bis höheren Einkommen zugute.

Im Einklang mit anderen Expert:innen und Umweltverbänden schlagen Forscher:innen des Ariadne-Projekts eine schrittweise Abschaffung, beziehungsweise Umgestaltung der klimaschädlichen Subventionen vor. Wie auch Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und Prognos AG in einer gemeinsamen Analyse vorschlagen, könnte die 1%-Regel, wonach monatlich pauschal ein Prozent des Brottolistenpreises des Pkw für die private Nutzung besteuert werden, für Verbrenner und Plug-In-Hybride auf zwei Prozent des Bruttolistenpreises angehoben werden. Des Weiteren sollen die Steuersätze für Diesel und Benzin bei Pkws angeglichen und die Kfz-Steuer angepasst werden. Und das ab 2024 sukzessive über fünf Jahre.

Der Think Tank Agora Verkehrswende schlägt ein sogenanntes Mobilitätsgeld statt Pendlerpauschale vor. Die Pendlerpauschale ist Teil der Werbungskosten, die man in der Steuererklärung absetzen kann. Besserverdienende haben tendenziell einen längeren Arbeitsweg und profitieren daher deutlich häufiger von der Regelung. Dazu kommt: Höhere Einkommen werden in absoluten Beiträgen stärker entlastet. das Konzept eines Mobilitätsgeldes soll einkommensunabhängig ausgezahlt werden. Agora Verkehrswende schlägt beispielhaft 10 Cent pro Entfernungskilometer vor. So könnten pendelnde Erwerbstätige mit niedrigem Verdienst finanziell gegenüber dem Status quo entlastet werden, während für Pendler:innen mit hohem Einkommen Anreize zur Reduktion der Pendelkilometer geschaffen würden. Hier sollte nach einer Übergangszeit auf der Basis ökologischer Kriterien differenziert und klimafreundliche Verkehrsmittel wie Bus, Bahn und Fahrrad bessergestellt werden.

Doch im zuständigen Bundesverkehrsministerium lässt man derlei Überlegungen abblitzen. Lediglich die Streichung der Kerosinsteuerbefreiung bei innerdeutschen Flügen stand nach dem Haushaltsdebakel zur Debatte. Die Entlastungswirkung der Kerosinsteuerbefreiung aber sei als gering einzuschätzen, so die Forschenden des Ariadne Projekts. Die Streichung indes, wurde wieder aufgegeben. Nun wird die sogenannte Luftverkehrsabgabe bei Passagierflügen erhöht. Anstatt aber im Sinne des Klimaschutzes in seinem Sektor an klimaschädliche Subventionen oder auch ein Tempolimit ranzugehen, verbreitete Verkehrsminister Volker Wissing lieber die Angst vor Fahrverboten am Wochenende, sollte sich die Bundesregierung nicht auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einigen, die sein Ressort aus der Verantwortung nimmt. Kurz darauf einigte sich das Bundeskabinett auf eine entsprechende Änderung des Gesetzes. mg


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