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Fit-for-55-PaketAbstimmungskrimi im Europaparlament

Europaparlament Plenarsaal
Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. (Bild: J. Patrick Fischer, Wikimedia Commons, CC-by-sa 3.0/de)

Nachdem es so aussah, dass ein abgespeckter Emissionshandel durchs EU-Parlament gehen würde, konnte eine grüne Allianz zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Andere Entscheidungen wiesen deutlich Richtung mehr Klimaschutz.

10.06.2022 – Es war der Tag der Entscheidungen im Europäischen Parlament. Nachdem im Umweltausschuss über Vorschläge der EU-Kommission über den künftigen Umgang mit dem Europäischen Emissionshandel (ETS) beraten wurde, brachten konservative und liberale Abgeordnete Änderungsanträge ein, die zu deutlich weniger CO2-Einsparung geführt hätten. Diese wurden Mithilfe von Abgeordneten rechter Parteien angenommen. Doch in der finalen Abstimmung stimmten rechte Parteien gegen das gesamte Paket. Da Abgeordnete der grünen, sozialdemokratischen und linken Fraktionen ohnehin gegen das deutlich abgeschwächte Paket stimmten, wurden die Verhandlungen über den ETS zurück in den Umweltausschuss verwiesen.

Im Detail wurde im Umweltausschuss des Europaparlaments über einen Vorschlag der EU-Kommission beraten, wonach die CO2-Emissionen in den ETS-Sektoren Energie und Industrie bis 2030 um 61 Prozent gegenüber 2005 fallen sollen. Bislang ist ein Reduktionsziel von 43 Prozent vorgegeben. Im Umweltausschuss schärfte man noch einmal nach und einigte sich auf ein Reduktionsziel von 67 Prozent. Mit den Sektoren Energie und Industrie umfasst der ETS 40 Prozent der gesamten Emissionen der Europäischen Union und gilt damit als wichtigster Treiber für den Klimaschutz.

Ein Auf und Ab

Doch bei der finalen Abstimmung am Mittwoch im Europaparlament warteten die konservative Fraktion der EPP und die Liberalen Renew Europe mit Änderungsanträgen auf. Beide Fraktionen reichten gemeinsame Anträge ein, wonach deutlich weniger CO2-Zertifikate aus dem Markt genommen werden sollen als im Umweltausschuss beschlossen und selbst von der EU-Kommission vorgeschlagen. Zudem sollten freie Zertifikatszuteilungen an die Industrie deutlich länger (teilweise bis 2034) möglich sein. Viele und zudem freie CO2-Zertifikate auf dem Markt halten den Preis pro Tonne CO2 im ETS niedrig und verfehlen damit die lenkende Wirkung zur CO2-Einsparung. Da auch Abgeordnete der rechten Fraktionen ID und EKR für die Anträge stimmten, wurden diese angenommen. Zudem stimmten Liberale, Konservative und Rechte gegen die Einigung im Umweltausschuss und ersetzten diese mit den Änderungsanträgen.

Doch in der finalen Abstimmung stimmten Abgeordnete der rechten Fraktionen wiederum gegen die neue Einigung. Die Fraktion der Grünen – Greens/EFA – sowie viele Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion S&D und einige der linken GUE/NGL stimmten ebenfalls gegen den neuen Beschluss, sodass dieser zurück in den Umweltausschuss geht, wo dieser neu verhandelt werden muss. Peter Liese, führender Berichterstatter des Europäischen Parlament für den ETS und als CDU-Mitglied Teil der Fraktion EPP, sagte: „Die Sozialdemokraten und die Grünen sind ihrer Verantwortung für Klimaschutz nicht gerecht geworden.“ In Zeiten, in denen man unabhängiger von russischem Gas werden müsse, seien noch höhere Ambitionen herausfordernd.

Michael Bloss, Schattenberichterstatter der Grünen sagte hingegen: „Konservative, Liberale und Rechte wurden in ihre Schranken verwiesen. Peter Liese ist mit seiner fossilen Allianz gescheitert. Für das 1,5-Grad-Klimaziel bedeutet das eine große Portion Hoffnung.“ Bloss kritisierte zudem, dass CDU und EPP zuvor eine Allianz mit Rechtsextremen gebildet hätten, um die ambitionierte Einigung des Umweltausschusses aufzuweichen. Bloss und weitere Abgeordnete der Greens/EFA erklärten gegenüber der EPP und Renew Europe, man solle sich nicht auf die Stimmen rechter Abgeordneter verlassen und man sei bereit eine neue grüne Allianz im Europaparlament zu schmieden. Neu verhandelt werden im Umweltausschuss nun auch ein europäischer Klimasozialfonds, ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus sowie die Erweiterung des ETS auf Gebäude und Verkehr.

Votum für mehr Klimaschutz

Angenommen von einer breiten Mehrheit im EU-Parlament wurde hingegen die Aufnahme der europäischen Luftfahrt in den Europäischen Emissionshandel. Ebenso breite Zustimmung fand eine faire Lastenteilung innerhalb der EU zur Reduzierung von Emissionen. Auch ein stärkerer Fokus auf natürliche CO2-Senken wie Moore, Wiesen und Wälder fand große Unterstützung im Parlament. Deutlich knapper dagegen war das Ergebnis bei der Frage, ob die Europaabgeordneten ein Aus des Verbrenner-Motor ab 2035 befürworten, also ab diesem Zeitpunkt nur noch Neuwagen mit Elektro-Motor verkauft werden dürfen, da diese dann keine Emissionen mehr verursachen dürfen.

Hier stimmten Abgeordnete der EPP gemeinsam mit der Fraktion rechter Parteien gegen das Verbrenner-Aus 2035. Auch Abgeordnete der FDP als Teil der Renew Europe waren auf Seiten Konservativer und Rechter. 249 Abgeordnete votierten am Ende gegen das Verbrenner-Aus. Dem gegenüber stand jedoch ein Allianz von 339 Abgeordneten von Grünen, Sozialdemokraten, Liberalen und Linken, die für den Hochlauf der Elektromobilität stimmten, die nun mit dem beschlossenen Aus für Benziner und Diesel und Absage an E-Fuels Einzug halten muss. Laut Aussage einiger Abgeordneter der Greens/EFA konnte das EU-Parlament mit der Befürwortung des Verbrenner-Aus, sowie mit der Abwendung eines schwächeren Emissionshandels, einen Lobbysturm abwehren, der in den vergangenen Wochen im Parlament Einzug gehalten hatte. Demnach wurden Abgeordnete mit Mails und Anfragen von Unternehmen und Verbänden überhäuft, die sich für geringere Klimaziele stark gemacht hatten. mf


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